
Rothrister Familienbetrieb Wimo AG näht Masken

Neben Desinfektionsmitteln sind Masken zum Schutz der Atemwege vor dem Corona-Virus wohl zum Produkt der Stunde avanciert. Viele Privatpersonen möchten sich mit Masken eindecken. Andere, besonders das Gesundheitspersonal, benötigen sie an vorderster Front im täglichen Kampf gegen das Virus. Das führt dazu, dass der Bedarf viel grösser als das Angebot ist. Dazu trägt bei, dass bei den Einwegmasken eine grosse Abhängigkeit vom asiatischen Raum besteht, wo diese vornehmlich produziert werden.
Seit Anfang März produziert nun eine Rothrister Firma Mehrwegmund- und -nasenschütze. Tief im Industriegebiet von Rothrist steht das rote Produktionsgebäude der Wimo AG. «Vor sechs Jahren haben wir das Produktionsgebäude neu gebaut», erklärt Ingrid Moosmann stolz. Zusammen mit ihrem Ehemann Patrick führt sie das Familienunternehmen. Die Wimo AG produziert eigentlich in normalen Zeiten Berufsbekleidung fürs Pflegepersonal. «Früher produzierten wir auch Mehrwegschutzbekleidung. Der Trend bewegte sich dort aber immer mehr hin zu Einwegkleidung. Der Mehrweg-Markt brach praktisch komplett weg und so stellten wir die Produktion dieser Artikel ein», so Moosmann.
Die Schutzmasken werden in Randgebieten eingesetzt
Schon zu Beginn der Corona-Krise erkannten sie das Bedürfnis nach in der Schweiz produzierten Schutzartikeln. «Bei Einwegmasken und Schutzbekleidung ist die Schweiz extrem abhängig vom Ausland. Zudem entstehen durch die ganzen Einwegprodukte riesige Abfallmengen.» Kurzerhand griffen Moosmanns zum Telefon und kontaktierten ihre bestehenden Kunden sowie viele Nichtkunden, ob sie Bedarf an Schutzbekleidung hätten – und stiessen dabei auf offene Türen. Schnell stellte die Wimo AG 90 Prozent ihrer Produktionsleistung auf Mehrwegbekleidung um. Seither produzierten die Näherinnen unter anderem rund 7000 Mund-Nasen-Masken. Da die Masken nicht FFP2-zertifizierte Atemschutzmasken sind, setzen sie die Kunden der Wimo AG vor allem in Randgebieten ein. «Unsere Kunden geben die Masken etwa dem Reinigungspersonal oder dem Pflegepersonal für den persönlichen Gebrauch im privaten Alltag ab», erklärt Ingrid Moosmann. FFP2-Masken sind dort nicht nötig, wurden vorher aber mangels Alternativen dennoch eingesetzt.
Am schwierigsten an der Produktionsumstellung war laut der Unternehmerin das Beschaffen des Stoffs in grosser Menge. Zur Herstellung des Mundschutzes wird ein OP-Stoff aus Mikrofaser verwendet. Dieser erlaubt es, den Mundschutz zu waschen und danach wieder zu verwenden. «Aktuell wissen wir noch gar nicht, wie oft man einen Mundschutz waschen kann, da wir gar nicht zum Testen gekommen sind. Über 70 Waschgänge, mit mindestens 60 Grad Celsius, sollten aber problemlos möglich sein», erklärt Ingrid Moosmann. Mit hoher Temperatur zu waschen sei wichtig, um die Masken komplett zu reinigen. Dies gelte auch für selbst genähte Masken, etwa aus einem alten T-Shirt. Dort sei zudem wichtig, dass die Maske regelmässig gewechselt werde, um nicht mit einer feuchten Maske vor dem Gesicht herumzulaufen.
Masken könnten auch nach der Krise im Angebot bleiben
An Privatpersonen verkauft die Wimo ihre Masken nicht. Zumindest nicht direkt, denn dazu hätten sie keine Kapazität. In Rothrist können die Masken jedoch in der Drogerie Kurmann gekauft werden. «Das wurde nötig, weil wir sehr viele Anrufe erhielten und keine Möglichkeit zum Direktverkauf haben. Nun können wir die Leute zumindest an die Drogerie Kurmann verweisen», so Moosmann. Nach dem Ende der Corona-Krise wird die Wimo AG wieder vornehmlich Berufskleider produzieren. Einige der Kunden müssten aktuell vertröstet werden. Allerdings hätten alle Verständnis für die durch die spezielle Situation entstandenen Lieferverzögerungen.
Ob Mehrwegschutzbekleidung auch nach der Krise zum Angebot gehören würde, läge bei den Kunden. Sollten diese Artikel gewünscht sein, würden sie diese auch produzieren, so Moosmann. Sie hofft, dass ein Umdenken stattfindet und im Anschluss an die Corona-Krise wieder vermehrt auf Mehrweg- statt Einwegartikel gesetzt wird.