
Said und Queeny, die gefiederten Stars aus Vordemwald im Video
Ob Purzelbäume schlagen, Becher stapeln oder auf einem Seil tanzen – die beiden Graupapageien von Marlise Haldemann meistern an diesem Vormittag Aufgabe für Aufgabe mit Bravour. Sie gehorchen ihrer Halterin nicht nur aufs Wort, sondern reagieren auch auf Handzeichen. Was simpel aussieht, beinhaltet jahrelanges Training. Täglich wendet die Papageientrainerin mehrere Stunden für ihre Lieblinge auf. Mit gutem Grund. Said und Queeny, wie die beiden «Grauen» heissen, sind aber alles andere als «Zirkus»-Papageien. Vielmehr will Marlise Haldemann ihre beiden Haustiere, die im Garten in einer grossen, liebevoll eingerichteten Aussenvoliere leben, möglichst naturnah betreuen. «Papageien sind besonders intelligente Tiere. Es ist wichtig, dass sie auch in menschlicher Obhut gefördert werden», sagt die Vordemwalderin. In den Regenwäldern Zentralafrikas, wo Graupapageien ursprünglich leben, müssten sie sich ebenso der einen oder anderen Herausforderung stellen.
So gibt Haldemann ihnen das Futter – Gemüse, Früchte, Kräuter, Körnchen – nicht einfach in den Futternapf, sondern verteilt es in der Voliere. Das Training sei auch aus medizinischer Sicht wichtig. So hat die Papageientrainerin mit Diplom aus England den beiden Graupapageien durch positive Bestärkung etwa das Trinken ab Spritze beigebracht. Alles, was die beiden gut machen, bestätigt sie mit einem Klicken, zudem belohnt sie die Vögel mit Kernen, Nüssen oder sonstigen Leckerbissen. «Ziel aller Übungen ist, dass die Tiere alltägliche Situationen ohne Stress meistern können.» Beispielsweise sei es durch das Training möglich, dass sich die Papageien selber in eine Transportbox begeben. Man baue vor allem auch Vertrauen auf. «Graupapageien sind konservative und scheue Tiere. Bevor ich mit den Übungen begonnen habe, haben sie sich kaum getraut, auf einen neuen Ast zu sitzen. Es brauchte Tage, bis sie diesen Schritt wagten. Heute sitzen sie innerhalb kürzester Zeit darauf.»
Spiele zur geistigen Anregung
Dass ihre Papageien der Sprache nicht mächtig sind, stört Marlise Haldemann nicht. Im Gegenteil. «Meine beiden Papageien sind keine Clowns. Ich will sie Vogel sein lassen.» In der Natur könne auch nur ein Bruchteil der Graupapageien sprechen. Hingegen gehört das Spielen zum Beschäftigungsprogramm, das Haldemann für ihre «Afrikaner» zusammengestellt hat. So sind Said und Queeny in der Lage, Formen und Farben auf Kommando zuzuordnen oder Stäbchen in einem Holzblock zu platzieren. «Damit kann ich sie geistig anregen und sie sind beschäftigt. Das macht sie viel zufriedener, als wenn sie nur rumsitzen», erklärt die Papageienliebhaberin.
Haldemann weiss, wovon sie spricht; in den letzten Jahren hat sie sich intensiv mit den Bedürfnissen der Papageien auseinandergesetzt. Regelmässig besucht sie in Höchstetten im Kanton Bern Weiterbildungskurse bei Gabrielle A. Zaugg – einer Pionierin im Papageientraining. Sie habe ursprünglich Trainings für Hunde angeboten. Kurzerhand habe sie vor über zehn Jahren die Übungen angepasst, sodass das Training für Papageien geeignet ist. Marlise Haldemann hat inzwischen 16 Kurse besucht. Das Erlernte wendet sie jeweils im Alltag an.
Besonders bei Said habe sie mit dem Training grosse Fortschritte erzielt. Bevor sie ihn 2010 im Alter von sechs Jahren erworben habe, sei er ein Wandervogel gewesen. Er habe sechs Vorbesitzer gehabt. «Vögel sind sehr sensible Tiere. Zu Beginn war Said alles andere als zahm, er hat gebissen und war psychisch in einem schlechten Zustand», erklärt Haldemann. Heute sei das Papageienmännchen sehr zutraulich und zufrieden. Es brauche aber noch immer viel Arbeit. So lässt sich Said nicht mit den Händen streicheln, zu tief sitzen die Wunden seiner Vergangenheit.
Von der Sensibilität fasziniert
Dass sie sich so stark für das Wohl der Papageien einsetzt, ist für Marlise Haldemann selbstverständlich. Eher zufällig habe sie vor über zehn Jahren zu ihrer Passion gefunden, erzählt sie mit Queeny auf dem Arm. «Beim Bau unseres Hauses arbeitete ein Sanitär, der selber Papageien züchtete», erinnert sich Haldemann. Nach der Besichtigung der frisch geschlüpften Papageien habe es für sie und ihre Familie kein Halten mehr gegeben. Im Jahr 2004 erwarben sie die vierjährige Queeny, sechs Jahre später Said. «Es ist toll, dass sich die beiden von Beginn an gut verstanden haben», sagt Marlise Haldemann, die vor allem von der Sensibilität der Tiere fasziniert ist. Wenn die Vordemwalderin von ihren beiden «Grauen» erzählt, strahlen ihre Augen. Zum Abschluss des morgendlichen Trainings fordert sie Said und Queeny auf, synchron Purzelbäume zu schlagen und auf dem Seil zu tanzen. «Gut habt ihr das gemacht», lobt Haldemann die beiden und gibt ihnen je eine Baumnuss. «Das ist das Praliné, das sie sich heute mehr als verdient haben.»
Wer Tropenvögel besichtigen möchte, kann dies an der Vogelausstellung des Vogelvereins Pirol Oftringen tun. Diese findet vom 13. Oktober bis 15. Oktober, in der Mehrzweckhalle Oftringen statt. Said und Queeny sind allerdings nicht vor Ort.