Schafe hatten kein Wasser und frassen ihre eigene Wolle

Die noch lebenden Teire wurden abtransportiert (Bild: Remo Wyss)
Die noch lebenden Teire wurden abtransportiert (Bild: Remo Wyss)

Der Fall des 57-jährigen Oftringers, bei dem eine Polizeipatrouille mehrere Dutzend tote Tiere fand, erschüttert die Region. Die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm hat gegen den Tierhalter ein Verfahren wegen mehrfacher Tierquälerei eröffnet. Zudem beantragte sie beim Zwangsmassnahmengericht (ZMG) ein Tierhalteverbot. Der Mann bleibt in Haft, bis das ZMG entschieden hat.

Der Beschuldigte war am Montag zu einer Einvernahme bei der Kantonspolizei vorgeladen, dort aber nicht erschienen. Grund für die Vorladung war eine Anzeige gegen den Tierhalter im Zusammenhang mit Widerhandlungen gegen das Tierschutzgesetz. Eingereicht hat die Anzeige laut Fiona Strebel, Mediensprecherin der Staatsanwaltschaft, der kantonale Veterinärdienst im Zusammenhang mit einer Kontrolle im letzten Dezember.

Die Kontrolle fand nur Tage nach Ausstrahlung eines Tele M1-Beitrags statt, der ein totes Schaf auf der Weide des Tierhalters mitten in einem Oftringer Quartier zeigte. Das Tier hatte sich im Zaun verheddert und verendete qualvoll. Anwohner berichteten in dem Beitrag, dass das Tier wohl mehrere Tage tot auf der Wiese gelegen habe. Gegenüber dem Zofinger Tagblatt bestätigen Anwohner, dass dies kein Einzelfall war. «Das kam immer wieder vor», sagt ein Anwohner. «Meistens wurden die Tiere von Passanten befreit.»

«Er hielt viel zu viele Schafe auf der Weide, so fanden sie nicht genügend Futter. Gab er ihnen Futter, warf er es oft einfach auf den Miststock, und die Tiere mussten dort fressen», so der Anwohner weiter. Im Sommer habe den Tieren oft das Wasser gefehlt. «Etwas vom Schlimmsten war aber, dass er seine Schafe rund zwei Jahre lang nicht geschoren hat, bis er von offizieller Seite dazu gezwungen wurde.» Die Wolle habe er einfach auf der Weide liegen lassen, bis die Schafe ihre eigene Wolle frassen.

Die Nachbarschaft suchte vor rund drei Jahren das Gespräch mit dem Tierhalter. Schlimm war vor allem der Gestank; auch von Kadavern, die tagelang herumlagen. Der Schweizer versprach, sich zu bessern. Taten liess er seinen Worten aber nie folgen. Mehrmals wurde der Tierhalter dem kantonalen Veterinärdienst oder dem Oftringer Gemeinderat gemeldet. Dem Gemeinderat waren die Hände gebunden, wie Gemeindeammann Hanspeter Schläfli sagt. «Wir konnten lediglich die Beschwerden der Bevölkerung weiterleiten und mit dem Baugesetz versuchen, ihm die Hühner wegzunehmen.» Als der Gemeinderat zur von Gesetzes wegen angekündigten Kontrolle eintraf, konnten keine Verfehlungen festgestellt werden.

Der kantonale Veterinärdienst kontrollierte 2019 den Betrieb mehrmals, zuletzt im Dezember. Unter anderem meldete eine besorgte Bürgerin nach dem Beitrag auf Tele M1 den Tierhalter dem Veterinärdienst.

Dort versicherte ein leitender Mitarbeiter der Frau in E-Mails, die der Redaktion vorliegen, dass mehrere Kontrollen stattgefunden hätten, Massnahmen zur Verbesserung der Situation angeordnet und diese vom Tierhalter umgesetzt worden seien. Als die Bürgerin nachhakte, schrieb der Mitarbeiter in einer weiteren Mail: «Zwei Kontrollen vor Ort haben keine schwerwiegenden Verstösse gegen die eidgenössische Tierschutzgesetzgebung ergeben. Zudem wurde die Haltung von Geflügel zwischenzeitlich bereits beendet, weshalb Geruchsbelästigungen zukünftig reduziert sein müssten. Den Schafen stehen ausreichend Futter (Heu) und Wasser sowie Unterstände zur Verfügung.» Eine Anzeige erstattete der Veterinärdienst dennoch – wegen anderer Mängel. Als der Tierhalter nicht zu einer Einvernahme erschien, wollte ihn eine Polizeipatrouille am Dienstag abholen – und stiess auf mehrere Dutzend tote Tiere, darunter viele Hühner.

Als Grund für die Vernachlässigung gab der Beschuldigte an, dass er über mehrere Jahre seine hochbetagte Mutter intensiv habe pflegen müssen. Kürzlich sei diese verstorben und er sei überfordert gewesen.