
Schattenboxen statt Schlagabtausch
Einmal im Jahr herrscht in Zofingen Ausnahmezustand – die Stadt feiert das Kinderfest. Der Traditionsanlass machte gestern für einige Stunden vergessen, dass Zofingen vor dem schwierigsten Politsommer seit Jahren, ja vielleicht seit Jahrzehnten steht. Das Dossier hat den sperrigen Namen Bau- und Nutzungsordnung, kurz BNO. Am 20. Oktober stimmen die Zofingerinnen und Zofinger darüber ab. Eine gute Stimmbeteiligung ist garantiert, denn gleichentags wählen wir das Parlament in Bern neu.
Zur Erinnerung: Die neue BNO ist DAS Instrument, mit dem die Stadt Wachstum und Entwicklung künftig in geregelte Bahnen lenken will. Der Stadtrat hat – wohl wissend, wie heikel das Dossier ist – stets transparent informiert und weite Kreise in die Beratungen miteinbezogen. Gegen die Vorlage wurde das Referendum ergriffen, eingereicht von rund 1400 Personen; nötig gewesen wären 790.
Schon vor Wochen fragten sich Beobachter, wer die führenden Köpfe hinter dem Anliegen sind. Irgendwann werden sie mit ihren Argumenten an die Öffentlichkeit treten – dachte man. Nun erreichte die Redaktion Anfang Woche ein Leserbrief, der zu denken gibt. Vergeblich bemühte sich die örtliche FDP, BNO-Gegner an ihre Versammlung einzuladen, um deren Argumente anzuhören. Die FDP kassierte nur Absagen; auch Einwohnerrätinnen und -räte, die sich in den Beratungen für das fakultative Referendum ausgesprochen hatten, schlugen eine Einladung aus.
Das Kinderfest ist eine wunderbare Tradition. Wichtiger, pardon, sind die Traditionen, die damit eng verwoben sind: die Traditionen der Demokratie, der Schlagabtausch mit Argumenten, der am Schluss an der Urne entschieden wird. Schade, wenn aus dem Schlagabtausch ein Schattenboxen wird – und die Demokratie so ad absurdum geführt wird.