Schwarze Liste: «Sonst finden andere, sie seien blöd, wenn sie die Prämien bezahlen»

Schwarze Liste: Hochreuter will den Druck erhöhen

Die schwarze Liste anwenden will auch der SVP-Gesundheitspolitiker und Grossrat Clemens Hochreuter. Seit 1. Januar sind die Gemeinden ja für Verlustscheine zuständig. Es sei in ihrem grössten Interesse, sehr genau hinzuschauen, ob jemand Sozialhilfeempfänger ist und nicht zahlen kann oder sein Geld einfach für anderes ausgibt und nicht zahlen will. Auf Letztere müsse man den Druck unbedingt erhöhen: «Die Gemeinden merken sehr schnell, was man im Einzelfall machen kann und muss. Sie können jetzt die Spreu vom Weizen trennen.» Wie weit man Patienten auf der schwarzen Liste behandle, müsse man, ausgehend vom Notfallbegriff des Kantons, im Einzelfall pragmatisch handhaben, sagt Hochreuter. (MKU)

12’000 Namen stehen auf der schwarzen Liste säumiger Krankenkassen-Prämienzahler. Doch wo ist eigentlich deren Ursprung? Die Gesundheitspolitikerin und frühere Aargauer Ständerätin Christine Egerszegi war Mitglied der vorberatenden Kommission, als es um diese Frage ging. Sie erinnert sich gut: «Ich habe mich zunächst dagegen gewehrt. Der Thurgauer Gesundheitsdirektor legte uns aber namens der Gesundheitsdirektoren dar, dass sie das wollen. Als Vertreter der Kantone stimmten wir diesem Begehren zu.» Vorher wurden die unbezahlten Rechnungen von den Krankenkassen (Hunderte von Millionen Franken) einfach zulasten der anderen Versicherten bezahlt, bei Spitalanteilen mussten das die Kantone tragen, sagt Egerszegi: «Das ist ungerecht gegenüber all denen, die ihre Prämien ordentlich bezahlen. Wir haben aus guten Gründen ein Krankenversicherungsobligatorium eingeführt. Man muss für die Leistungen aufkommen.» Es sei richtig, sagt Egerszegi, Leute, die zahlen könnten, es aber nicht tun, zum Zahlen zu bringen, «wie das für andere Rechnungen auch gilt».

Mit Beistandschaft gedroht
In ihrer Zeit im Stadtrat in Mellingen hatte Egerszegi ab und zu Meldungen von Krankenkassen, dass Rechnungen nicht bezahlt wurden und ein Ausschluss aus der Versicherung drohe: «Im Gespräch ging ich dann den Ursachen nach. Einer vermögenden Frau haben wir sogar mit Beistandschaft gedroht, wenn sie die Prämien für ihre Kinder nicht bezahle. Sie hat schliesslich bezahlt.»

Welche Lösung man immer finde, es bleibe unbefriedigend, sagt Egerszegi. Denn es gebe Leute, die wirklich nicht zahlen können: «Denen muss man helfen. Ich fordere aber, dass die Betroffenen dafür einen achtbaren Grund angeben müssen. Alle anderen müssen zahlen, oder die Folgen tragen. Das kann dann halt heissen: nur noch Notfallbehandlung, ausser wenn es eine lebensbedrohliche Krankheit ist.» Egerszegi fordert eine restriktive Linie, «sonst finden andere bald, sie seien blöd, wenn sie die Prämien zahlen».

Christine Egerszegi hat die Erfahrung gemacht, dass manche Versicherte trotz Prämienverbilligung nicht zahlen, oder auch, dass sie sich Arztrechnungen von der Kasse zwar vergüten lassen, diese aber selbst liegen lassen: «Um Missbrauch zu verhindern, sollten alle Rechnungen direkt von der Kasse vergütet werden, die Patienten eine Kopie bekommen, damit sie kontrollieren können, und natürlich nebst der Prämie ihren Selbstbehalt und ihre Franchise zahlen.»

Die Gemeinden, die seit 1. Januar für die Verlustscheine von vergeblich betriebenen Versicherten aufkommen müssen, sollen sich um jeden Einzelnen kümmern, der nicht zahlt, fordert Egerszegi, «so wie sie das bei säumigen Steuerpflichtigen seit Jahr und Tag und zu Recht mit Erfolg machen. Nur dann gehen die Zahlen zurück. Das bedingt eine gewisse Bürokratie, aber anders geht es nicht.» Die Gemeinden müssten dafür frühzeitig informiert werden, wenn jemand nicht zahlt, fordert sie: «Wenn der Verlustschein da ist, ist es oft zu spät.» Natürlich dürfe man nicht gleichzeitig die Prämienverbilligungen reduzieren, sonst betreibe man bloss Scheinsparen, kritisiert die frühere Ständerätin: «Die Rechnung kommt dann einfach später, dafür fällt sie womöglich höher aus.»