Siegt das Reisefieber oder das Corona-Virus?

Da stehst du, geliebtes VW-Büssli, startklar in der Einfahrt unserer Garage.
74 178 Kilometer waren wir schon unterwegs mit dir. Als reisehungriges Paar parkierten wir dich in den letzten Jahren vor englischen Schlössern, in finnischen Wäldern, an korsischen Stränden, bei schwedischen Naturparks, in italienischen Dörfern, an irischen Klippen, auf Open-Air-Parkplätzen, mitten im Jura, bei schottischen Whisky-Destillerien, auf Camping-Plätzen neben riesigen Wohnmobilen und auf den Lofoten. Du bist Fähre gefahren, wurdest einmal abgeschleppt und einmal hinterlistig aufgebrochen. So manches Menü kochten wir auf deinem kleinen Herd und schauten durchs Fenster des Aufstelldachs, wie die Sonne untergeht.

Diesen Sommer solltest du für drei Monate zu unserem temporären, kleinen, mobilen Zuhause werden. Zu viert wollten wir nach Schweden, unseren Töchtern Rentiere, Städtchen, die Natur und ein Leben zeigen, das simpel und wunderbar ist. Die Dispensation unserer Kindergärtnerin ist bewilligt, unser unbezahlter Urlaub auch, für unser Haus hätten wir Untermieter gehabt, zu Weihnachten gab es für alle warme Schlafsäcke und mit jedem Tag wuchs die Vorfreude auf eine einmalige Familienzeit.

Dann kam Corona. Geschlossene Grenzen, Ausgangssperren, böse Viren überall – was wird aus unserer Reise? Als Optimisten hoffen wir, dass sich die Lage schneller entschärft, als zu befürchten ist. Trotzdem denken wir darüber nach, was sein wird, wenn wir nicht losfahren können im Mai – weil das Virus noch zirkuliert oder wir uns oder andere irgendwie gefährden könnten.

Heisst es plötzlich Schweiz-Reise statt Schweden-Reise? Kommen wir gar nicht aus der Wohngegend raus und legen lediglich Boxenstopps in einer Waldlichtung ein für eine Nacht im VW-Büssli? Parkieren wir vor einem Bauernhof und helfen dort eine Weile mit? Auf jeden Fall waren die letzten Tage im Ausnahmezustand ein Test, wie es sein wird, wenn wir vier nur unter uns sind. Es funktioniert. Das Leuchten in den Augen unserer Mädels auf jeder noch so kurzen Spritztour mit dem VW-Büssli war und ist unbezahlbar. Ebenso die Momente, in denen sie selber erfundene Lieder übers Reisen singen oder spielerisch ihre Siebensachen packen.

Da stehst du, geliebtes VW-Büssli – noch in unserer Einfahrt, aber im Sommer hoffentlich mit vier gesunden und glücklichen Menschen irgendwo in Skandinavien.