
«So dicht malen, dass es jeder versteht»
Im Erdgeschoss der ehemaligen Spinnerei in Rothrist ist es ruhig. Einzig der hinabfahrende Lift durchbricht die Stille. Im dritten Stock angelangt, werden Gesprächsfetzen von hämmernden Geräuschen übertönt. Eine Treppe führt in den Dachstock, in der sich die Galerie KUKU (Kunst und Kultur in der alten Spinnerei Rothrist) befindet. Hier laufen die Vorbereitungen für die Ausstellung auf Hochtouren. Ab Samstag stellt der grosse Kunstmaler Kurt Hediger aus Reinach eine Auswahl seiner Werke aus.
Erste Bilder vom Aarelauf
Mitten im emsigen Geschehen sitzt der Künstler auf einem Stuhl. Er gibt Anweisungen, wie seine Werke an den Stellwänden zu platzieren sind. «Für mich ist es wichtig, dabei zu sein», sagt Kurt Hediger. Malen ist, seit er ein Kind ist, seine Leidenschaft. «Ich muss einfach malen», sagt Hediger und gesteht: «Das macht mich glücklich und zufrieden.» So steht der 85-Jährige jeden Tag in seinem Atelier in Reinach. Seit 1965 lebt und arbeitet er im oberen Wynental. Geboren und aufgewachsen ist Hediger in Rothrist. «Mein Vater schickte mich einmal pro Woche mit einem Brot in die alte Spinnerei», erinnert er sich. Oft sei er mit seinem Velo den Hang hinaufgefahren, um in den Rotkanal schauen zu können. Damals war er zehn Jahre alt und hätte gerne gewusst, woher das Wasser eigentlich kommt und wohin es fliesst. «Dieses Geheimnis erkundete ich per Velo und zu Fuss, der Strömung entgegen.» Die Welt wurde für ihn immer offener und grösser. Als ihm sein Bruder zu Weihnachten fünf Tuben Ölfarbe schenkte, konnte er damit beginnen, das Gesehene und Erlebte darzustellen.
Eines seiner ersten Bilder war eine Aarelandschaft mit schwimmenden Blesshühnern in der Nähe des Kraftwerks Ruppoldingen. Es war ein Ölbild auf Papier. Werner Schär war damals Lehrer der 5. Klasse in Rothrist; er nahm das Bild mit und hängte es bei sich zuhause auf. Später hat der Aarburger Bezirksschullehrer Fritz Leimgruber ihn zum Weitermachen ermuntert. Im Lehrerseminar in Wettingen hat Hediger mit Malen weitergemacht und Kunstausstellungen besucht. Nach der Primarlehrerausbildung folgte die Kunstgewerbeschule in Zürich und sein Können und Wissen erweiterte er danach in Paris und Wien.
Ölfarben bevorzugt
Nach den Quellen seiner Inspiration gefragt, erklärt er: «Es ist das Gesehene.» Dieses möchte er so «dicht malen, dass es jeder versteht». Kurt Hediger schaut auf die Fotokamera und erklärt, dass dieser Apparat «ja nur ein Auge» habe. Das sei beim Malen anders, sagt der Künstler, der mehrere Jahre als Zeichnungslehrer unterrichtete: «Ich habe immer darauf geachtet, etwas dafür zu tun, dass die Menschen besser sehen lernen.» Am liebsten malt er vor Ort – morgens, wenn er seine kreativsten Phasen erlebt. Wichtig ist ihm das Licht. So hält er Landschaften gerne auch abends bei brechendem Licht fest, «auch wenn diese kurze Zeit schnell vorbei ist und die Farben dann rasch von warm auf kühl wechseln.» Er malt auf Leinwand, Papier, Karton oder Holzplatten und bevorzugt dabei Ölfarben. Mit Acryl schuf er von 1980 bis 1983 die grosse Wandmalerei «Südamerikanischer Markt» im Schulhaus Reinach. Zu sehen sind 27 lebensgrosse Figuren. Hediger hat sich auch als Porträt-Maler einen Namen gemacht. Fünf Aargauer Regierungsräte hat er porträtiert. Seine Werke hat er auf der ganzen Welt gezeigt. In der aktuellen Ausstellung zeigt er einen Querschnitt seines Schaffens und auch Bilder aus Rothrist. In seiner Heimatgemeinde hatte er sein erstes Atelier. Immer wieder hielt er hier die Aare fest. Dokumentiert ist auch, wie sich Rothrist landschaftlich verändert hat. «Das ist die Rishalde, wie sie 1963 aussah», sagt Hediger und fährt fort: «Heute steht keines der Häuser mehr, dafür führt die A1 hier durch.»
Begeistert von Hedigers Werken sind Elisabeth und Willi Hofer. Seit 17 Jahren geben sie in ihrer Galerie KUKU verschiedenen Künstlern eine Plattform. «Kurt Hedigers Bilder erfreuen mein Herz und nähren meine Seele», sagt Elisabeth Hofer. Begeistert seien sie und ihr Mann von den Motiven, dem Farbspektrum und dem Lichtspiel. Eine Ausstellung mit ihm zu verwirklichen, geniesst das Ehepaar: «Beim Aufstellen erfahren wir viele Einzelheiten über die Entstehung der Bilder.» Die beiden freuen sich auf die Ausstellung und darauf, dass vor der Vernissage der Verein «Freunde des Werks von Kurt Hediger» gegründet wird. Ziel ist, das künstlerische Werk lebendig zu erhalten. «Auch mit Ausstellungen wie dieser», sagt Willi Hofer. Das KUKU ist für den Künstler Kurt Hediger ein besonderer Ort, wie er mit leuchtenden Augen betont: «Zurück zu den Wurzeln.»
Ausstellung
Ab Samstag, 27. Oktober bis Sonntag, 2. Dezember sind Werke von Kurt Hediger im KUKU in Rothrist zu sehen. Die Vernissage findet am Samstag um 17 Uhr statt. Vorgängig wird der Verein «Freunde des Werks von Kurt Hediger» gegründet. Der Künstler ist anwesend, ebenfalls am Apéro am Sonntag, 11. November, von 11.30 bis 14 Uhr und an der Finissage am Sonntag, 2. Dezember von 14 bis 18 Uhr.
Öffnungszeiten KUKU: freitags von 17 bis 20 Uhr, samstags und sonntags jeweils von 14 bis 18 Uhr.