
Sommer 2020: Gefühlt zu kühl, doch weit gefehlt

«Dieses Jahr ist der Sommer nun wirklich nicht so sommerlich», diskutierten Mitte Juli im Café zwei ältere Damen miteinander. Es sei andauernd «relativ kühl». Das war noch, bevor uns in der letzten Juliwoche ein paar Hitzetage erreichten. Und trotzdem behalten die beiden Frauen nur bedingt Recht. So heiss wie in den letzten Jahren war dieser Sommer bisher zwar nicht. Jedoch fielen Juni und Juli 2020 im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt zu warm aus.
Juni stand auf der Kippe
Auch wenn es lange Zeit danach aussah, als ob der Juni 2020 nach zwölf zu warmen Monaten in Folge zu kühl ausfallen würde, schlug das Pendel gegen Ende des Monats im letzten Moment doch noch auf die zu warme Seite um. Dies dank einer Schönwetterperiode. Und so resultierte zum Monatsende in Bern ein knapper Temperaturüberschuss von 0,3 Grad. Bemerkenswert ist, dass somit seit August 2014 nie wieder ein Sommermonat (Juni, Juli, August) zu kühl ausgefallen war. Damals vor sechs Jahren waren Hitzetage im Juli und August Fehlanzeige und mitten im eigentlichen Hochsommer blühten schon die Herbstzeitlosen.
An Hitzewellen mit Tageshöchstwerten von über 30 Grad über mehrere Tage hinweg haben wir uns längst gewöhnt. Sie gehören zu einer neuen Normalität. Die Hitzewellen in den Jahren 2015 und 2018 waren in Europa nämlich ähnlich intensiv wie der als «Hitzesommer» bekannte Sommer 2003, medial erhielten sie jedoch weitaus weniger Beachtung. Wenn die ersten Hitzetage – so wie in diesem Jahr – erst gegen Ende Juli kommen, reiben wir uns bereits verwundert die Augen und sprechen von einem «relativ kühlen Sommer». Tatsache bleibt aber: Zwischen den Jahren 1981 und 2010 waren die Sommermonate im Durchschnitt immer noch kühler als in diesem Jahr.
Der Sommer kommt zurück
Die Prognosen sprechen dafür, dass der August in diesem Jahr der wärmste der drei Sommermonate werden wird. Nach dem trüben Wochenstart meldet sich der Sommer zurück und ab dem Wochenende dürften die Höchsttemperaturen bei traumhaftem Wetter wieder an mehreren Tagen hintereinander jenseits der 30-Grad-Marke zu liegen kommen. Auch der Sommer 2020 wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder als zu warm in die Annalen eingehen. Der von einigen Medien wie jedes Jahr zuverlässig angekündigte «Schock-Rekord-Horror-Hitzesommer» dürfte zumindest in unseren Breitengraden aber ausbleiben. Während die Sommermonate in den Jahren 2015, 2017, 2018 und 2019 jeweils zu den wärmsten der Messgeschichte gehörten, könnte sich der Sommer 2020 statistisch in die Nähe des Sommers 2016 gesellen. Will heissen: zu warm, aber nicht extrem.