Sonderausstellung im Heimatmuseum: Schmucke Kreationen aus Menschenhaar

Olga Huber beherrscht die Kunst des filigranen Haar-Flechtens.
Olga Huber beherrscht die Kunst des filigranen Haar-Flechtens.
Ueli Tanner, Mitglied der Museumskommission (l.) mit Daniel und Olga Huber
Ueli Tanner, Mitglied der Museumskommission (l.) mit Daniel und Olga Huber

HEIMATMUSEUM ROTHRIST

«Kunstvolles aus Haar»

Vernissage der Sonderausstellung  «Kunstvolles aus Haar» im Heimatmuseum Rothrist am Sonntag, 2. Dezember um 14 Uhr. Die Ausstellung ist an folgenden Sonntagen geöffnet: 2./9./16. Dezember von 14 bis 17 Uhr; 23. Dezember von 15 bis 17 Uhr mit Verteilung des Friedenslichts. Am 6. und 20. Januar 2019 ist das Heimatmuseum von 14 bis 17 Uhr offen.

Haare, wohin das Auge blickt, sind im Heimatmuseum in Rothrist in einer Sonderausstellung zu sehen. Es ist das erste Mal, dass Olga Huber und ihr Sohn Daniel Huber ihre Sammlung mit über 1000 Exponaten, darunter auch mehrere Eigenkreationen, einem breiten Publikum zugänglich machen. «Wir sind sehr erfreut, dass wir eine so seltene und wertvolle Sammlung, die erst noch im Besitz von Rothristern ist, zeigen dürfen», sagt Ueli Tanner, Mitglied der Museumskommission und betont: «Wer die über 1000 Kreationen in den Vitrinen und an den Wänden akribisch begutachtet, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.»

Ab Sonntag, 2. Dezember sind die kunstvollen Schmuckstücke aus Menschenhaar sowie Bücher, Fachzeitschriften und auch die benötigten Arbeitsgeräte und Kleinwerkzeuge ausgestellt. Inspiriert wurde Olga Huber Mitte der 80er-Jahre in Solothurn beim Besuch einer Ausstellung mit Blumen, die aus Haaren gemacht waren. Sie schaute Lili Rhyn beim filigranen Haar-Flechten über die Schultern und erfuhr dabei, dass diese auch Kurse gab. «Ich meldete ich mich an und seither lässt mich die kunstvolle Verarbeitung der Haare nicht mehr los», sagt die 75-Jährige, die in Rothrist lebt. Irgendwann wurde auch ihr Sohn Daniel Huber vom Virus befallen. Zusammen mit seiner Mutter besucht er regelmässig Brocante und Flohmärkte. «Wir sind stets auf der Suche, unseren Fundus noch zu erweitern», erzählt der 52-Jährige, der in Othmarsingen lebt. Ihre beachtliche Sammlung umfasst Ringe, Broschen, Armreifen, Colliers, Ohrgehänge, Buchverzierungen, verschiedene aussagestarke Wandbilder und Uhrketten – davon besitzen sie etwa 300 Stück.

Herstellung eines Haargeflechtes
«Für die eigentliche Herstellung der Haararbeiten verwende ich die Jatte, ein aus Holz konstruierter Flechttisch mit einem grossen Flechtkopf», erklärt Olga Huber. Sie sitzt vor diesem Flechtkopf und ordnet die in gleich starken Strähnen auf Klöppel gewickelten Haare um eine Bohrung in der Mitte radial an. Das Geflecht wird durch ein geeignetes Gewicht dem Arbeitsfortschritt entsprechend durch das Loch nach unten gezogen. Gearbeitet wird das Geflecht um einen Körper aus poliertem Holz, Messing oder Eisen.

Bevor es ans Werk geht, müssen die Haare nach ihrer Länge sortiert und gebündelt werden. «Wichtig ist, dass alle Haare in der gleichen Richtung liegen», erklärt Daniel Huber. Danach werden die einzelnen Bündel durch die «Kardätsche» gezogen, das sind zwei mit Stiften bewehrte Lederstücke, die gegeneinander liegen. So werden die Haare gekämmt und liegen schön parallel. Die Spitzen des Bündels schneidet man ab; denn alle Haare sollten möglichst gleich lang sein. «Die einzelnen Haare der Bündel, mit denen geflochten wird, müssen abgezählt werden. Denn nur wenn alle Bündel genau gleich dick sind, wird das Geflecht schön.» Aus ausgekämmten Haaren – oder aus abgeschnittenen Zöpfen liessen Frauen Schmuckstücke herstellen. Besonders verbreitet waren Uhrenketten aus Haar, an welcher der Verlobte oder Ehemann seine Uhr trug. Bei Frauen waren Ohrringe, Armbänder, Broschen, Halsketten oder Fingerringe beliebt. Die Haarkunstobjekte wurden nicht nur als Liebesbeweis verschenkt, sondern auch als Freundschaftsgeschenke, zur Verlobung, Hochzeit oder als Trauerschmuck. Eine weitere Form der Haarkunst sind Bilder. Dabei wird das Haar zu Blüten geformt oder geschnitten.

«Lang müssen die Haare sein, am besten ab 25 Zentimeter, und ungefärbt. Das ist wichtig. Wenn sie behandelt sind, dann brechen sie leicht», weiss Daniel Huber. «Ob blond, braun, meliert oder schwarz spielt keine Rolle. Verarbeitet wird heute auch rotes Haar», fügt Olga Huber an. Früher wurde rotes Haar gemieden und galt als verhext. Auch Haar von Pferden, Kühen oder Ziegen lässt sich mit entsprechender Länge gut verarbeiten. «Kurze, gespaltene oder gefärbte Haare eignen sich nur beschränkt», so Daniel Huber. Gefärbte Haare können sich beim Erhitzen verfärben. Haar mit Spliss bricht zu leicht und Locken machen das Flechten schwieriger.

Früher schenkte die Braut ihrem Bräutigam eine Uhrkette aus ihrem Haar als Andenken und Liebesbeweis – ganz nach dem russischen Sprichwort «Ein Haar fesselt stärker als die stärkste Eisenschnur». «Schmuck aus Haar ist lebendiger, würdevoller Schmuck», sagt Olga Huber und betont: «Denn jedes Stück trägt trotz federleichtem Gewicht eine oft beeindruckende Lebensgeschichte in sich.»