
Sondermülldeponie im Zangengriff von Pro Natura und Heimatschutz

Die Sondermülldeponie Kölliken (SMDK) war in ihrer über 40-jährigen Geschichte schon in viele juristische Auseinandersetzungen verwickelt. Aber noch nie musste sie sich gleichzeitig mit Eingaben von Pro Natura Aargau und Aargauer Heimatschutz auseinandersetzen. Die Umweltorganisation hat total andere Vorstellungen, wie die vom Gift befreite Grube nach der Wiederauffüllung rekultiviert werden soll. Und der Heimatschutz will verhindern, dass das Gebäude der ehemaligen Backsteinfabrik abgebrochen wird. Es ist seit 2004 im Besitz der SMDK, die damals viele Grundstücke rund um die noch sanierungsbedürftige Deponie erworben hat.
Schaffung von Fruchtfolgeflächen?
Raumplanerisch ist die SMDK heute eine weisse Fläche. Seit Anfang September ist aber klar, wie sich der Gemeinderat Kölliken und der Kanton die künftige Nutzung der ehemaligen Giftmülldeponie vorstellen. Gemäss ihrem Vorschlag sollen knapp 5 Hektaren der Landwirtschaftszone zugewiesen werden – zwei Drittel der Grubenfläche. Auf gut 3,3 Hektaren, auf dem relativ flachen «Plateau» entlang der Hofstrasse, sollen hochwertige Fruchtfolgeflächen geschaffen werden. Unmittelbar südlich sollen auf 1,5 Hektaren Magerwiesen entstehen. Es soll aber auch eine Naturschutzzone und mehr Wald geben.
Der entsprechende Vorschlag ist im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens aufgelegen. Es sind zwei Eingaben eingereicht worden. Die Pro Natura wehrt sich gegen die intensive landwirtschaftliche Nutzung (Fruchtfolgeflächen). Sie fordert, dass aus dem ganzen Areal der ehemaligen Deponie eine «Regenerationszone Ziegelei» wird. Faktisch entstünde eine Kombination von Naturschutzgelände und extensiver Landwirtschaft. Stossrichtung, so die Eingabe: «Das entgiftete Areal wird in eine giftfreie Landwirtschaft überführt.»
«Offene Ackerflächen nicht gestattet»
Die «Regenerationszone Ziegelei» soll vorerst bis 2050 eingerichtet werden. «Offene Ackerflächen sind während der Regeneration nicht gestattet», fordert Pro Natura. Im Bereich des Kulturlandes müssten die Richtlinien des biologischen Landbaus gelten. Ein grosses Anliegen ist den Naturschützern die Regeneration des ursprünglichen Amphibienschutzgebietes von, wie sie schreiben, «nationaler, kantonaler und kommunaler Bedeutung». Der Wasserhaushalt soll mit artesischem Druck und Feuchtgebieten gewährleistet werden.
Ob die Naturschützer mit ihren Forderungen durchkommen werden? Als Erstes werden jetzt die Eingaben analysiert, dann erfolgt eine weitere kantonale Vorprüfung. Bis die Kölliker an einer Gemeindeversammlung über die Teilrevision der BNO abstimmen können, wird noch viel Zeit vergehen.
Bis 1974 wurden in Kölliken Tonwaren gebrannt
Mit der Vergangenheit als Tonwerk zu tun hat die Eingabe des Heimatschutzes. Bis 1974, bis das Vorkommen erschöpft war, wurde auf dem späteren SMDK-Areal Ton abgebaut, aus dem Backsteine, Tonplatten, Decksteine und Drainageröhren hergestellt wurden. In einer Fabrik. Ein Teil der Anlage, die Lagerhallen südlich der Hauptstrasse, wurden schon vor Jahren abgebrochen und an ihrer Stelle Mehrfamilienhäuser gebaut. Jetzt hat die SMDK auch ein Abbruchgesuch für das «Ofenhaus Tonwerk» gestellt. Damit würde ein Zeuge der Kölliker Industriegeschichte verschwinden.
«Ein schützenswertes Denkmal»
Das versucht der Aargauer Heimatschutz mittels einer Einsprache zu verhindern. Von deren Inhalt sind nur die Schlussfolgerungen bekannt: «Das einstige Ofenhaus der Ziegelei Keller AG ist das grossartige und letzte Baudenkmal, das von der Jahrtausende währenden Tradition der Ziegel- und Backsteinproduktion in Kölliken zeugt. Der mächtige Bau in charakteristischer gelb-roten Backsteinbauweise der zeitgenössischen Industriearchitektur stellt nach Meinung des Aargauer Heimatschutzes ein schützenswertes Denkmal dar, das zu erhalten und zeitgemäss neu zu nutzen ist.»
Und weiter: «Überdies nimmt der Bau in Stellung und Erscheinungsbild eine für das Ortsbild von Kölliken markante Position ein, die für die Gemeinde identitätsstiftend ist und auch aus diesen Gründen nicht dem Erdboden gleichgemacht werden darf.»