
Sondersession des Kantonsrates: Der Klimaschutz wird heute heiss debattiert
Weil sich die klimapolitischen Vorstösse häuften, hat der Luzerner Regierungsrat im März eine Sondersession zum Klima verlangt, an der die Anliegen gebündelt debattiert werden sollen. Der neue Kantonsrat ist im Amt und nun ist es so weit: Heute beginnt die Klima-Sondersession in Luzern.
Über 40 dringliche Vorstösse mit teilweise sich überschneidenden Forderungen wurden im Hinblick auf die Sondersession eingereicht und mussten von der Verwaltung bis heute beantwortet werden. An der Extrasitzung werden aber auch Vorstösse behandelt, die vorher eingebracht wurden. Damit wird die Traktandenliste sehr lange: 59 Vorstösse sind aufgeführt. Bis auf die SVP-Kantonsratsmitglieder haben die Räte aller anderen Parteien seit der Bekanntgabe der Sondersession neue klimapolitische Vorstösse eingereicht.
Wohl keine Notstands-Ausrufung
Der Regierungsrat hat schon im Vorfeld klar gemacht, dass er wenig hält von «symbolischen Gesten» wie der Ausrufung des Klimanotstandes (in anderen Kantonen und Städten beschlossen). Auch dringenden und weitreichenden Forderungen steht er eher kritisch gegenüber. Einige Klimavorstösse unterstützt die Kantonsregierung jedoch und erklärte sie als erheblich. So etwa eine bessere Information bei Hitze, eine Minimierung der Folgen bei extremer Trockenheit, die Förderung von Solaranlagen oder Holzheizungen sowie neue Massnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstosses in der Mobilität.
Die Regierung verspricht ausserdem bis 2021 einen neuen Bericht zur Klima- und Energiepolitik. Darin sollen alle Klimaschutz-Massnahmen, die in der Kompetenz des Kantons (und nicht beim Bund) liegen, gebündelt werden. Insbesondere geht es um Massnahmen in den Bereichen Immobilien, Industrie, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft, Raumplanung und Ressourcen. Was fordern die Kantonsratsmitglieder in ihren neuen Vorstössen?
CVP (neu 34 Sitze im Kantonsrat): Sechs Vorstösse reichte die CVP ein. Die CVP nimmt CO2-Reduktionen bei der Mobilität ins Visier und möchte energetische Gebäudesanierungen mit einem Steuerabzug belohnen. In fast allen Kantonen ausser Luzern sei das möglich, schreibt die CVP in einer Mitteilung. Handlungsbedarf sieht die Partei auch in der Förderung vom Bauen mit Holz bei den kantonalen Bauten. Das Beschaffungsrecht soll mit einem Klimaartikel ergänzt werden. «Damit gehören beispielsweise Strassenrandsteine aus China der Vergangenheit an.»
FDP (22 Sitze): Die FDP Luzern bringt sieben dringliche Vorstösse ein. Zum Beispiel wird die Förderung der E-Mobilität aufs Tapet gebracht, die FDP verlangt dafür mehr Ladestationen. Ein nachhaltiges Beschaffungswesen wird eingefordert, und der Kanton soll die Möglichkeit von CO2-Zielvereinbarungen für KMU durch Zusammenschlüsse überprüfen. Die Motorfahrzeugsteuern sollten umverteilt werden.
Grüne (15 Sitze): Am aktivsten sind, wenig überraschend, die Grünen. 15 Vorstösse haben Mitglieder der Grünen-Fraktion zu ihrem Kernthema eingereicht. Die Vorstösse drehen sich um die Reduktion von Kunststoffabfällen und gegen Foodwaste, für ein nachhaltiges Beschaffungswesen, für den (früher vom Parlament abgelehnten) Ausbau des kantonalen Velonetzes oder die Sensibilisierung fürs Klima an den Schulen. Doch die Grünen lancieren auch «extreme» Vorstösse: So fordern sie netto null CO2-Emissionen bis 2030 oder einen Verzicht auf Neu- und Ausbauten von Kantonsstrassen. Die Grünen zweifelten bereits im Vorfeld an der Ernsthaftigkeit der Kantonsregierung, wirklich handeln zu wollen.
Grünliberale (8 Sitze): Die Grünliberalen haben vier Vorstösse eingereicht. Sie fordern zum Beispiel zum wiederholten Male eine ökologische Motorfahrzeugsteuer oder weniger Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft. Das Know-how der Wirtschaft und der Hochschule (HSLU) sollten bei der Erarbeitung des Berichts zur Energie- und Klimapolitik einbezogen werden.
SP (19 Sitze): Die SP hat zehn zusätzliche dringliche Vorstösse zur Klima-Sondersession lanciert. Hier geht es um Fragen wie kostenlose öV-Abos für Schüler oder Kantonsräte, gegen Food Waste, oder für klimafreundliche Investitionen der Luzerner Pensionskasse oder Kantonalbank. Das Holzrücken (Transport von Holz) in den Wäldern soll umweltfreundlich mit Pferden geschehen. An öffentlichen Gebäuden will die SP Photovoltaik-Anlagen sehen. Auch die SP übte im Vorfeld Kritik. Es brauche gar keine Sondersession, sondern «politischen Willen». Ideen für Massnahmen lägen schon lang auf dem Tisch.
SVP (22 Sitze): Die grosse Abwesende ist die Schweizerische Volkspartei. Die Partei hat keinen einzigen Vorstoss zur Klima-Session eingereicht.
Die Linke profitiert von der grünen Welle. Grüne, Grünliberale und Sozialdemokraten, die bei den Wahlen am meisten zulegten, haben zwar total 14 Sitze mehr im neuen Kantonsparlament und stellen damit jetzt rund ein Drittel aller Mitglieder. Das Luzerner Parlament bleibt jedoch klar bürgerlich. Die CVP wird aber heute wohl das Zünglein an der Waage spielen.
CVP als Mehrheitsbeschafferin
Als stärkste Fraktion mit 34 Sitzen werde aber vor allem das Verhalten der CVP-Kantonsräte und -rätinnen in der Klima-Sondersession eine entscheidende Rolle spielen, schrieb das Onlineportal zentralplus.ch. Die CVP könnte den Vorstössen der FDP aber auch jener der links-grünen Ratshälfte zum Durchbruch verhelfen. Oder sie kann diese bachab schicken.
Die CVP hat in einer Mitteilung bereits klar gemacht, dass von ihr unterstützte Massnahmen gegen den Klimawandel «umsetzbar und wirtschaftsverträglich» sein müssten und die CVP eine «einseitige Verbotspolitik» ablehnt. Andererseits betont sie, dass Klimapolitik für die Partei nichts Neues sei. Sie sei die einzige bürgerliche Partei gewesen, welche die Energiestrategie 2050 vorbehaltlos unterstützt habe. «Die CVP hat auch als einzige bürgerliche Partei das kantonale Energiegesetz bereits in der ersten Variante befürwortet», schreibt die CVP Kanton Luzern.
Man darf nun gespannt sein, ob die Sondersession vor allem «warme Luft» produziert, dem (nationalen) Wahlkampf und der Profilierung dient oder aber konkrete, realistische und breit abgestützte Massnahmen beschliesst, welche den Kanton Luzern im Klimaschutz einen Schritt weiterbringen.