
Stadtrat: Sind nicht doch sieben Köpfe das Ideal?
«Ich weiss nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll» – diese Erkenntnis von Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799) steht wie ein Leitstern über einem Postulat, das der Zofinger Einwohnerrat im Oktober 2018 überwiesen hat. In ihm wird der Stadtrat aufgefordert, seine eigene Organisationsstruktur zu überprüfen und eine Reduktion der heute sieben Sitze in der Behörde auf deren fünf ins Auge zu fassen.
Die Fraktion der Dynamischen Mitte (DYM) als Verfasserin des Vorstosses schrieb in der Begründung: «Sieben Stadträtinnen und Stadträte, sechs davon im Nebenamt, geführt von einem vollamtlichen Stadtammann – das Modell der Stadt Zofingen hat sich nicht in allen Bereichen bewährt. Durch die Bildung von sieben Ressorts wurden verschiedene Aufgaben – so das Bauwesen in Tief- und Hochbau – aufgeteilt, was zu Schnittstellen- und Führungsproblemen führt.»
Wie eine Neuorganisation aussehen soll – dies lässt das Postulat bewusst offen. Der Stadtrat selbst soll sich die nötigen Gedanken machen. Die hat er inzwischen im Rahmen von Klausuren und Workshops gemacht. Seine Erkenntnisse und daraus resultierenden Überlegungen sind in einem sechseitigen Papier zusammengefasst und dieses ist bei den politischen Parteien der Stadt in eine Vernehmlassung gegeben worden. Ziel des Papiers ist – so der Stadtrat –, «die weiteren Arbeiten nach Möglichkeit auf die politisch mehrheitsfähigen Varianten eingrenzen zu können».
Was für die Vernehmlassung vorliegt, ist eine umfassende Auslegeordnung (siehe die vier Texte unten) zur ratsinternen Personalstruktur mit sieben oder fünf Mitgliedern – wie auch zu möglichen Modellen der Leitung der Geschäfte und der Verwaltung.
Nicht nur zwischen den Zeilen blitzt durch, dass der Stadtrat für seine eigene Organisation den Status quo – sieben Mitglieder mit einem vollamtlichen Stadtammann – beibehalten möchte. Was für ihn absolut nicht aus Stein gemeisselt scheint, ist die Bündelung der Aufgaben. Schafft der Kanton die Schulpflege wirklich ab, führt schon dies zwingend zu einer Neuorganisation im Stadtrat.
Die politischen Parteien der Stadt haben nun bis Ende Monat Zeit, ihre Meinungen kundzutun – damit der Stadtrat diese auswerten und in seine weiteren Detailanalysen einfliessen lassen kann.
DieRessorts leiten oder «nur»betreuen?
Führungssystem I: Der Stadtrat führt heute die Verwaltung im sogenannten «Ressortführungssystem». Das heisst, die jeweiligen Ressortvorstehenden führen nicht nur die den Ressorts zugeordneten Geschäfte, sondern als Vorgesetzte auch die ihnen direkt unterstellten Bereichs- oder Fachstellenleitenden. Eine Alternative wäre das «Ressortbetreuungssystem». Hier fokussieren sich die Stadtratsmitglieder auf (politische) Führung der Geschäfte. Die Führung des Personals obliegt bei diesem Modell alleine dem Stadtammann als oberstem Personalchef.
Geschäftsleitung –der Stadtrat in der VR-Rolle
Führungssystem II: Beim Geschäftsführungssystem konzentriert sich der Stadtrat auf die politische Führung der Sachgeschäfte und damit auf die strategische Ebene. Die operative Abwicklung der Sachgeschäfte und die Personalführung – das Tagesgeschäft – wird einer Geschäftsführung übertragen. Diese setzte sich aus leitenden Angestellten der Stadt zusammen. Vorteil ist eine Entlastung der Stadtratsmitglieder und die gleichzeitige Möglichkeit – und Verpflichtung –, sich auf die strategische Führung konzentrieren zu können.
Sieben Mitglieder und ein Vollamt
Organisation I: Das heutige Modell mit sieben Mitgliedern hat den Vorteil, dass die Aufgaben auf mehr Mitglieder und damit besser verteilt werden können. Dies ermöglicht Pensen von nur 30Prozent für die nebenamtlichen Mitglieder des Stadtrates. Obwohl Exekutiv-Wahlen meist Personen-Wahlen sind, würde ein Modell mit sieben Stadtrats-Mitgliedern die verschiedenen politischen Strömungen, Quartiere, Interessengruppen und Altersklassen wohl besser abbilden als eine Exekutive mit fünf Mitgliedern, heisst es im Vernehmlassungspapier.
Fünf Mitglieder und zwei Vollämter
Organisation II: Der Stadtrat sieht bei einem Modell mit fünf Mitgliedern den Vorteil von kürzeren, effizienteren Stadtratssitzungen. Durch die Möglichkeit, die Ressortpakete anders zu schnüren, würden weniger Schnittstellen möglich. Falls die Schulpflege abgeschafft wird, müssten die Ressortpakete sowieso angepasst werden. Ein zweites 100-Prozent-Pensum würde das ganze System «ausfallsicherer» machen. Der Stadtrat favorisiert deshalb bei diesem Modell die Variante mit zwei 100-Prozent-Pensen und drei Pensen à 30 Prozent.