Ständeratswahlen 2019: Viele Trümpfe für den Aargauer Osten

Gewählt wird erst in einem Jahr, doch das Rennen um die beiden Aargauer Sitze im Ständerat läuft bereits. Die Chancen stehen aktuell gut, dass einer, vielleicht sogar zwei Politikerinnen oder Politiker aus dem Ostaargau gewählt werden könnten. Denn alle bisher offiziellen Kandidaten sowie auch ein Grossteil jener, die mit dem Amt in Verbindung gebracht werden, stammen aus den Bezirken Baden und Zurzach. Sicher ins Rennen steigen Hansjörg Knecht (Leibstadt, SVP) und Marianne Binder (Baden, CVP). Als heisser Anwärter gilt Thierry Burkart (Baden, FDP).

Auch die SP wird noch einen Kandidaten oder eine Kandidatin ins Rennen schicken: Es zeichnet sich eine Ausmarchung zwischen Yvonne Feri (Wettingen) und Cédric Wermuth ab. Wermuth wohnt in Zofingen, war aber zuvor jahrelang in Baden zu Hause und unter anderem Mitglied im Stadtparlament. Matthias Jauslin (Wohlen, FDP), der ebenfalls Interesse bekundet, würde zwar nicht als Ostaargauer gewählt – doch er wuchs in Gebenstorf im Bezirk Baden auf.

Dass der Ostaargau derzeit als politisches Schwergewicht innerhalb des Kantons bezeichnet werden darf, zeigt sich auch im Nationalrat: Baden stellt in der grossen Kammer fünf Mitglieder, mehr als jeder andere Bezirk. Zum Vergleich: Einen Vertreter des Bezirks Aarau sucht man im Nationalrat vergeblich. Ausserdem stammen aktuell zwei von fünf Regierungsräten aus der Region Baden – das gab es zumindest seit dem 2. Weltkrieg noch nie.

Lange Durststrecken
Zurück zum Ständerat: Schon mehrmals war der Bezirk Baden doppelt vertreten. Mitte der 1860er-Jahre mit dem Zurzibieter Emil Welti und Karl von Schmid (Baden) beziehungsweise Friedrich Joseph Bürli (Baden). Auch das Duo Pascale Bruderer / Christine Egerszegi sorgte im Jahr 2011 wieder für eine Ostaargauer Doppelvertretung. Dazwischen galt während 150 Jahren: Der bevölkerungsmässig grösste Teil des Kantons war – wenn überhaupt – höchstens mit einem Ständerat vertreten. Es gab gar drei jahrzehntelange Durststrecken, in denen keine Vertreter der Bezirke Baden und Zurzach in der kleinen Kammer sassen: Die erste Durststrecke dauerte 38 Jahre (von 1905 bis 1943), die zweite 18 Jahre (von 1961 bis 1979).

 

Der Aargauer Politbeobachter Hans-Peter Widmer aus Hausen im Bezirk Brugg erklärt: «Im Moment hat der Nordosten des Aargaus bei den Ständeratskandidatinnen und Kandidaten tatsächlich ein Übergewicht. Das ist einerseits Zufall, andererseits widerspiegelt das Übergewicht das Potenzial der bevölkerungsmässig grössten Aargauer Region.» Widmer sagt weiter: «Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte gleichen sich die Übergewichte jeweils wieder aus.»

Einst ausgeprägter Regionalismus
In den 1960er-Jahren sei der Regionalismus im Aargau noch sehr ausgeprägt gewesen; als Folge davon sei auch auf eine ausgeglichene Vertretung der Regionen im Ständerat und Nationalrat Gewicht gelegt worden. Als die FDP der Region Baden einige Zeit nicht im Nationalrat vertreten war, sei eine Diskussion um eine eigene Nationalratsliste aufgeflammt. Heute spiele die Herkunft der Ständeratskandidaten bei den Wahlen kaum mehr eine Rolle, sagt Widmer: «Wichtiger sind inzwischen Persönlichkeit und Format. Für den Ständerat sind bei den Wählern Politikerinnen und Politiker gefragt, die den gesamten Aargau vertreten und weniger aus einer streng ideologischen Haltung heraus, also mit einer gewissen Gelassenheit, politisieren.»