
Standortleiterin zum nahenden Ende in Trimbach: «Die Marke Wernli lebt weiter»

Der Geruch nach frischgebackenen Guetzli strömt bis nach Olten. Je näher man den Gebäuden an der Baslerstrasse 137 in Trimbach kommt, umso intensiver wird er. Noch werden dort in den Backstuben der Wernli AG die Guetzlisorten «Chocoly» oder «Petit Beurre» gebacken.
Bald jedoch wird die 113 Jahre alte Firma die Niederämter Gemeinde verlassen: Ab spätestens Sommer 2021 werden die Wernli-Produkte im luzernischen Malters produziert. Die Hug AG, zu der auch die Wernli AG gehört, baut dort eine riesige Produktionsanlage für 60 Millionen Franken.
Marianne Wüthrich Gross (52) – sie ist Leiterin des Standorts in Trimbach und verantwortlich für die Realisierung des Grossprojekts – erklärt im Interview, wie es zum wegweisenden Entscheid gekommen ist.
Frau Wüthrich Gross, seit 1905 werden in Trimbach Wernli-Guetzli gebacken. Nun endet diese Tradition. Macht Sie das traurig?
Marianne Wüthrich: Für Trimbach hätte ich mir sicher etwas anderes gewünscht, das ist klar. Aber wichtig ist doch, dass die Produkte und die Marke Wernli weiterleben. Die Marke ist überhaupt nicht gefährdet. Sie bleibt, auch wenn sie nicht mehr in Trimbach produziert wird.
Auf der Website der Hug AG steht über Sie: «Mit grosser Freude vertrete ich den Standort Trimbach, und das «Hug-Herz» schlägt schon seit vielen Jahren in meiner Brust.»
Gilt das noch?
Meine Funktion hat sich mittlerweile etwas geändert: Ich bin hier in Trimbach eigentlich nur noch zu repräsentativen Zwecken verantwortlich, den operativen Teil habe ich abgegeben. Denn ich kümmere mich jetzt um das Grossprojekt und den Umzug nach Malters. Die Vertretungsrolle hat sich also ein wenig geändert. Ansonsten stimmt es noch immer voll und ganz.
Aber ab 2021 wird es hier keine Wernli-Fabrik mehr geben. Haben Sie sich genug für den Standort Trimbach eingesetzt?
Ich habe mir das nicht einfach gemacht, niemand von der Führung. Wir haben etliche Studien durchgeführt. Mal stand die Idee im Raum, in Trimbach ein reines Biskuit-Zentrum aufzubauen. Aber die Ausgangslage hier ist von der Infrastruktur her relativ schlecht. Die Fabrik liegt mitten im Dorf, es hat sehr wenig Landreserven. Ich trage den Entscheid des Unternehmens voll und ganz mit. Aus unternehmerischer Sicht gab es keine andere Variante.
2012 sagten Sie zu in einem Interview mit dieser Zeitung, der Standort Trimbach sei nicht gefährdet.
Und dann kam die Eurokrise, das war mit ausschlaggebend. Es kamen verschiedene Faktoren zusammen. Wir haben lange mit uns gerungen. Aber ja, 2012 waren wir noch davon überzeugt: Wir bleiben hier. Aber so ändert es sich manchmal im Leben.
Wird die gesamte Fabrik umziehen?
Der Standort Trimbach mit seinen Marken, Produkten und Mitarbeitenden ist in Malters willkommen. Wir wollen so viele Leute wie möglich mitnehmen. Wir zügeln also mit Mann und Maus etappenweise ab 2020.
Dann gibt es im Luzernischen ein zweites Trimbach?
Gerne. Auch gerne mit meinen Kollegen von hier. Es wäre schön, wenn es mir gelingt, einige an die Hand zu nehmen und mit ihnen zusammen nach Malters umzuziehen.
Sie arbeiten seit zehn Jahren bei Wernli in Trimbach. Was hat sich verändert?
Recht viel. Am Anfang suchten wir nach Optimierungen beim Übergang der Wernli AG in die Hug AG. Speziell war, dass zwei gleich grosse Firmen zusammengekommen sind. Hier in Trimbach produzieren wir noch heute gleich viel wie in Malters. Durch die Zusammenlegung konnten wir aber wirtschaftliche Vorteile erreichen. Gebremst wurden wir zwei Mal durch die Eurokrise. Da waren wir nicht mehr so leistungsfähig und mussten einige Stellen abbauen. Wir haben uns aber schliesslich von einem eigenständigen Unternehmen zu einem Produktionsstandort gewandelt.
Können alle rund 130 Mitarbeitenden aus Trimbach mitkommen?
Es wird Leute geben, die mitkommen und Spass daran haben, sich am neuen Ort einzubringen. Aber es gibt auch Leute, die vorher schon aussteigen. Oder noch bis zum Umzug weiterarbeiten und uns dann verlassen. Es ist okay, dass es diese verschiedenen Varianten gibt. Es wird einen gewissen Umbruch im Team geben. Wir als Arbeitgeber müssen aber unser Möglichstes tun, um Anreize zu schaffen und den Wandel so sozialverträglich wie möglich zu gestalten. Aber am Schluss muss jeder eine Entscheidung für sich treffen.
Wie verändert sich für Sie der Arbeitsalltag nachher in Malters?
Ich wohne in Bettlach SO und pendle jetzt nach Trimbach. Nachher ist die Strecke doppelt so weit. Im Moment ist das machbar für mich. Ich bin dabei, mich daran zu gewöhnen. Natürlich faszinieren mich momentan das Projekt und die Möglichkeit, mitgestalten zu dürfen. Eine Fabrik zu planen, das ist ein cooler Auftrag. Das darf man nicht oft im Arbeitsleben.
Werden Sie Trimbach vermissen?
Ja, ich vermisse es jetzt schon manchmal ein wenig. Die Fabrik, die Hallen hier in Trimbach, sie wurden ein Stück Heimat für mich. Ich habe viele Stunden hier verbracht und gute Beziehungen zu den Leuten hier. In den letzten zehn Jahren habe ich mich mit meiner vollen Arbeitskraft, meinem Wissen, Können und Elan für die Trimbacher Produkte eingesetzt. Es ist uns einiges gelungen, anderes ist auch misslungen. Wir fühlen natürlich ein bisschen Wehmut, dass es hier nicht weitergehen kann wie jetzt. Aber wir sind stolz auf das, was uns gelungen ist.