
Sturmschäden und Angst: Warum bei der Bornkapelle gleich sechs Linden gefällt wurden

Oberhalb des Parkplatzes bei der Bornkapelle liegen gleich mehrere Baumstämme neben dem Weg. Fahrzeuge sind über die Wiese neben der Kapelle gefahren und haben schlammige Spuren auf dem Grün hinterlassen. Schnell fällt auf, dass die alten Linden fehlen. Sie wurden offenbar gefällt und abtransportiert. Neben dem Fussweg unterhalb der Kapelle, der früher einer Allee glich, sind nur noch sechs Baumstümpfe zu sehen.
Ein Wanderer wundert sich: «Warum haben sie gleich alle Bäume gekappt? Die Meisten waren doch noch gesund. Ohne die Linden fehlt der Kapelle etwas.» Er wird wohl nicht der Einzige sein, den das Fällen der Bäume verärgert, zumal über die Abholzaktion nicht vorab informiert wurde. Verantwortlich für die Fortwirtschaft und damit für das Fällen der sechs Linden ist die Bürgergemeinde Kappel. Vizepräsident Roger Nick erklärt: «Die Linden waren uralt, alle von der selben Generation. Bis auf einen waren alle sechs gefällten Bäume beschädigt. Der Sturm ‹Burglind› hat eine Linde mitsamt den Wurzeln umgerissen, wodurch auch der erst zwei Jahre alte Weg Schaden genommen hat. Eine andere Linde war auf einem Meter Länge über zehn Zentimeter weit aufgespalten, eine dritte war bereits seit längerem durch einen Blitzschlag beschädigt. Einen halbierten Baum können wir nicht stehen lassen, bis er von alleine umfällt. Das ist zu gefährlich.»
Vorsichtsmassnahme statt Risiko
Dass auch der gesunde Baum gefällt wurde, ist eine reine Vorsichtsmassnahme. «Es ist gut möglich, dass dieser dem nächsten Sturm zum Opfer gefallen wäre. Das Risiko, dass dadurch Menschen verletzt werden, wollten wir nicht eingehen», sagt Nick. «Natürlich haben wir die Linden nicht ohne Wehmut gefällt, doch die Bornkapelle sieht nach wie vor gut aus. Wir kümmern uns um unser Wahrzeichen.» Ob anstelle der Linden neue Bäume gepflanzt werden, ist noch nicht entschieden.
Die Linde ist ein Götterbaum
Seit 1866 thront die Bornkapelle über Kappel. Damals gab es dort noch keine Linden. Denn diese waren erst rund 100 Jahre alt. Das verraten die Jahresringe der Baumstümpfe. «In der Schweiz gelten Linden ab 150 Jahren als alt, wobei sie bis zu 1000 Jahren alt werden können», sagt der Oltner Kreisförster Werner Schwaller. Er kann durchaus nachvollziehen, dass man gespaltene Bäume, wie den in Kappel aus Sicherheitsgründen abholzt. Ob es sinnvoll ist, als Vorsichtsmassnahmen gesunde Bäume zu fällen, will Schwaller nicht beurteilen. Er sagt aber: «Besonders sturmanfällig sind Linden nicht. Das liegt an ihrem widerstandsfähigen Wurzelnetz und daran, dass sie als Laubbaum im Winter wenig Angriffsfläche bieten.»
Dass einzelne Linden so alt werden, liegt an jungen Innenwurzeln, die vom greisen Stamm aus senkrecht in den Boden treiben. Wenn die alte Linde abstirbt, formt sich so eine neue Krone. Aufgrund ihrer Langlebigkeit ist die Linde ein geschichtsträchtiger Baum. Schon bei den alten Germanen war sie der heilige Baum der Liebes- und Schutzgöttin Freya, in deren Schatten Recht gesprochen wurde.
Auch zu den fünf ältesten Bäumen der Schweiz gehören zwei Linden. In Scharans (GR) und Linn (AG) stehen Exemplare, die 1000 bzw. 800 Jahre alt sind. Ihnen konnten all die Burglinds und Bürgergemeinden dieser Welt bis heute nichts anhaben.
Aufräumaktion: Samstag 10. März 2018, ab 8.30 Uhr Treffpunkt Bornkapelle, freiwillige Helfer sind herzlich willkommen.