
SVP-Apfel-Plakat: Valentin Landmann ist empört und der Obstverband schweigt
Das Plakat zeigt einen schönen, dunkelroten Schweizer Apfel. Er hat allerdings einen gravierenden Makel: Ekelerregende Würmer quellen aus dem Apfel und höhlen ihn aus. Blaue, grüne, rote, orange und blau-gelbe Würmer. Sie symbolisieren FDP, Grüne, SP, CVP und die Europäische Union. Die Botschaft der SVP: «Sollen Linke und Nette die Schweiz zerstören? Lieber SVP wählen.»
Wie nicht anders zu erwarten, erntet das neuste SVP-Plakat einen Sturm der Entrüstung. Selbst in der SVP kommt es nicht gut an. «Ich bin nicht besonders glücklich über das Plakat», sagt etwa der Zürcher Nationalrats-Kandidat und Milieu-Anwalt Valentin Landmann.
«Switzerland first, die Rettung der Welt danach»
«Wir haben ein eigenes, sehr gutes Programm», betont Landmann. «Wir müssen durch unser Programm überzeugen und durch unsere Haltung. Aber nicht dadurch, dass wir politische Gegner verunglimpfen. Das haben wir einfach nicht nötig.» Das Motto des Milieu-Anwalts, mit dem er in den Wahlkampf zieht: «Switzerland first, die Rettung der Welt kommt danach.»
Schon gestern twitterte der Zürcher SVP-Nationalrat Claudio Zanetti, auf dem Bild seien «weder Linke noch Nette» zu sehen. «Das ist Gewürm, das man ausrottet. Was versprecht ihr euch von dieser unsäglichen Bildsprache? Wer soll einen da noch ernst nehmen?»
Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagte der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter: «Die Botschaft kommt zwar klar zum Ausdruck. Aber es gäbe eine bessere Bildsprache, um sie zu transportieren.» Er hätte das Sujet nicht gewählt.
Der Apfel, die Lieblingsfrucht der Schweizer
Und was sagt der Schweizer Obstverband zum Schweizer Apfel, der von Würmern ausgehöhlt wird? «Wir haben diese politische Kampagne zur Kenntnis genommen», sagt Direktor Jimmy Mariéthoz. «Da es sich aber um eine Kampagne handelt, verzichten wir auf eine Stellungnahme.»
Nicht so zurückhaltend gibt sich der Zuger FDP-Nationalrat Bruno Pezzatti, Vorstandsmitglied des Obstverbands. Was er sage, sei aber seine persönliche Ansicht, betont er. «Mich überrascht die Provokation der SVP nicht. Das entspricht seit eh ihrem Konzept, um Medienaufmerksamkeit zu generieren», hält er fest. «Dass sie diesmal den Apfel als Symbol für die Schweiz verwendet, freut mich. Der Apfel ist die Lieblingsfrucht der Schweizer.»
Die Art und Weise allerdings, wie die SVP den Apfel darstelle, «ist daneben», sagt Pezzatti. «Als liberaler Politiker ist es mir wichtig, dass man möglichst gute und liberale Lösungen findet, um die Schweiz gemeinsam weiterzubringen. Es geht nicht an, die Bevölkerung auseinander zu dividieren.»
Apfelkanton Thurgau ist verärgert
Über den neusten Streich aus der Parteizentrale ist Ruedi Zbinden nicht erfreut. Der Präsident der SVP Thurgau sagt: «Wir sind nicht auf Provokation aus.» Das Plakat, das einen mit Würmern durchlöcherten Apfel zeigt, sei «nicht das, was die SVP Thurgau gesucht habe». Wie die Kantonalpartei damit umgehen soll, werde an der nächsten Geschäftsleitungssitzung besprochen.
Zbinden bringt noch einen neuen Aspekt in die Diskussion ein. «Der Apfel hat im Thurgau eine positive Ausstrahlung», sagt er. Der Thurgau ist ein Obstbaukanton, davon zeugt auch sein Spitznamen – Mostindien. Aber auch die Zahlen: neben dem Wallis und der Waadt gehört der Thurgau zu den grössten Anbaugebieten im ganzen Land. «Darauf sind wir stolz», sagt der Parteipräsident. Und der Kanton trage lieber frische Äpfel in die Schweiz hinaus. Gerade an der Fête des Vignerons in Vevey habe man Äpfel verteilt. Auch wenn der Thurgau zeigen wollte, dass er nicht nur Äpfel sondern auch Trauben anbauen kann. So lautete das Motto: «Thurgovie: bien plus que des pommes»
Keine Freude am Plakat hat auch Jakob Stark. Der Thurgauer SVP-Regierungsrat will im Herbst in den Ständerat gewählt werden. Auf Anfrage sagt er: «Leider fragt die SVP Schweiz weder die Kantonalparteien noch die SVP-Regierungsrätinnen und –räte vor der Lancierung um ihre Meinung. Sonst wäre es nicht erschienen, das ist ganz einfach nicht unser Stil.»
CVP-Präsident Gerhard Pfister: «Tolle Patrioten»
Empört über das SVP-Sujet zeigt sich vor allem die CVP. «Die Schweiz, eines der erfolgreichsten Länder der Welt, ist für die SVP bloss ein wurmstichiger Apfel», twitterte Präsident Gerhard Pfister. Und das Rütli, die Gründungsstätte der Eidgenossenschaft, sei für SVP-Bundespräsident Ueli Maurer «bloss eine Wiese mit Kuhdreck», hielt Pfister fest – und folgert: «Tolle Patrioten.»
Auch CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter, Präsidentin der aussenpolitischen Kommission (APK) betont: «Statt die Schweiz zu spalten, sollen wir zusammenstehen und mit guten Argumenten für unser Land kämpfen. »
Für SP-Fraktionschef Roger Nordmann zeigt die neue SVP-Kampagne, «wie verzweifelt die SVP ist», wie er auf Twitter schreibt: «keine Projekt für das Land, ultraschwaches Personal, alte verkratzte Platte». Nordmann empfiehlt: «Einfach tief atmen und ignorieren.»
Einer der Parteipräsidenten hingegen reagiert mit Selbstironie. «Mich wurmt am meisten, dass die gelb-schwarzen Würmer fehlen», schreibt BDP-Präsident Martin Landolt auf Twitter.