
SVP-Hofstetter hetzt gegen Flüchtlinge: Glarner schweigt – Anwalt schätzt Chancen von SP-Suters Anzeige ein
«Das ist keine Bagatelle», sagt Nationalrätin und SP-Aargau-Präsidentin Gabriela Suter. Am Montag hat sie, wie tags zuvor angekündigt, gegen SVP-Rothrist-Präsident Naveen Hofstetter Strafanzeige eingereicht.
Hofstetter hatte am Sonntag auf Facebook seine Meinung zur «Ehe für Alle» bekanntgegeben. Seine ablehnende Haltung begründete er unter anderem damit, dass «afrikanische Flüchtlinge (mehrheitlich Männer)» dann kleine Mädchen adoptieren würden, um mit ihnen sexuelle Handlungen vorzunehmen – Hofstetter wählte dafür allerdings andere Worte. Zwar löschte er diesen Post nach heftiger Kritik wieder, kommentierte aber auch, dass dieser einfach seine Meinung und die Realität beschreibe.

Gabriela Suter.
«Dieser krude Vergleich von Homosexualität mit Pädophilie sowie der pauschalisierte Vorwurf gegenüber afrikanischen Flüchtlingen sind aus meiner Sicht schlicht homophob und rassistisch», sagt Gabriela Suter.
Entgleisungen in Zukunft verhindern
Die Strafanzeige lautet auf Verdacht auf Rassendiskriminierung und «allenfalls weitere Tatbestände». Die Facebook-Posts richteten sich gegen eine bestimmte Menschengruppe («afrikanische Flüchtlinge»), der pauschal kriminelles, unehrenhaftes und unsittliches Verhalten vorgeworfen werde. Diese Menschen würden in ihrer Würde herabgesetzt und verleumdet, begründet sie.
Zudem werde ein Vergleich gezogen zwischen dem Ehe- und Adoptionsrecht für homosexuelle Menschen und der Adoption von Kindern zwecks sexuellen Missbrauchs. «Damit darf man nicht ungestraft davonkommen. Es geht auch darum, solche Entgleisungen in Zukunft zu verhindern», sagt die Nationalrätin. Auch deshalb habe sie Anzeige erstattet.
Anwalt: Straftatbestand könnte erfüllt sein

Digital-Anwalt Martin Steiger.
Der Post von Hofstetter hatte im Internet heftige Reaktionen ausgelöst. Der Zürcher Rechtsanwalt Martin Steiger hat, nachdem er auf Twitter danach gefragt worden ist, eine Vorlage für eine Strafanzeige wegen «Diskriminierung und Aufruf zu Hass» aufgeschaltet. «Ob die Aussagen von Naveen Hofstetter nicht nur menschenverachtend, sondern auch strafbar sind, muss die zuständige Staatsanwaltschaft oder später ein Gericht entscheiden», sagt Steiger, der auf Recht im digitalen Raum spezialisiert ist. Er sei der Meinung, dass der Straftatbestand der Herabsetzung oder Verleumdung erfüllt sein könnte. Da seit Juli 2020 auch die Diskriminierung von nicht-heterosexuellen Personen per Gesetz verboten ist, gehe es auch nicht «nur» um Rassendiskriminierung.
Es spielt dabei keine Rolle, dass Hofstetter den ersten Post wieder gelöscht hat. «Durch das Löschen hat er seine Handlung nicht rückgängig gemacht», erklärt Steiger. Hofstetters Begründung, er habe von der Spaltung der SVP in dieser Frage ablenken wollen und schliesslich nur Tatsachen geäussert, mache es auch nicht besser. «Das verstärkt meiner Ansicht nach die ursprüngliche Aussagen sogar», so der Anwalt.
Suter erwartet Stellungnahme der SVP
«Ich erwarte, dass die SVP Aargau sich klar von den Äusserungen von Naveen Hofstetter distanziert», sagt Gabriela Suter. Dies, zumal Hofstetter nicht nur der Präsident der Rothrist-Sektion ist, sondern auch noch Mitglied der Geschäftsleitung der Kantonalpartei. Soweit kommt es vorläufig aber nicht: Parteipräsident Andreas Glarner will auf Anfrage keine Stellung nehmen.
Mehrfache Anfragen der AZ bei Naveen Hofstetter bleiben unbeantwortet. Gegenüber «20 Minuten» sprach er am Sonntagabend von Provokation. Rassistisch, homophob oder menschenverachtend seien seine Äusserungen aber nicht gewesen, zumal der Inhalt ja der Realität entspreche.
Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm ist zuständig
Eingereicht wurde die Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm. Deren Leitung hat mit Simon Burger ein SVP-Mitglied. Dass sich Burger selber um den Fall kümmern wird, ist daher unwahrscheinlich.