Swisscoy: Der Friedensförderer aus Langnau

ester Bestandteil des Fachdienstprogramms: die Ausbildung der Reanimation. LAE
ester Bestandteil des Fachdienstprogramms: die Ausbildung der Reanimation. LAE
Michel Laube während seines zweiten friedensfördernden Einsatzes im Kosovo. zvg
Michel Laube während seines zweiten friedensfördernden Einsatzes im Kosovo. zvg

SWISSCOY

Friedensfördernde Truppen im Kosovo

Seit 1953 beteiligt sich die Schweizer Armee an friedensfördernden Missionen. Angefangen in der demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea, sind heute auf der ganzen Welt rund 270 Schweizer Soldatinnen und Soldaten in verschiedenen Funktionen im Einsatz. Das bislang grösste Engagement der Schweizer Armee ist die Swisscoy im Kosovo. Seit 1999 stehen jährlich jeweils zwei Kontingente von maximal 190 Personen (ab Oktober 2019: 165) zugunsten der von der NATO ins Leben gerufenen Kosovo Force (KFOR) im Einsatz. Dabei kommen der Swisscoy multinationale Aufgaben zu, wie beispielsweise in der Lagebeobachtung, im KFOR-Hauptquartier oder bei der internationalen Militärpolizei. Aber auch nationale Aufgaben, wie die Logistik und der Unterhalt der eigenen Infrastruktur, stehen auf der Tagesordnung. Ausgebildet werden die Dienstleistenden – je nach Funktion – während zwei bis drei Monaten auf dem Areal des Kompetenzzentrums SWISSINT in Stans-Oberdorf. Voraussetzungen für einen friedensfördernden Einsatz sind neben der Schweizer Staatsbürgerschaft eine abgeschlossene Berufsbildung. Eine abgeschlossene Rekrutenschule ist indes nur für männliche Dienstleistende Pflicht; für Frauen ist sie für bestimmte Funktionen keine Voraussetzung.

Weitere Informationen unter:

www.peace-support.ch

Der wolkenlose Himmel über dem Flugplatz Buochs erscheint in einem satten Blau. Nicht einmal ein Hauch eines Windes ist zu spüren. Eigentlich perfekte Bedingungen, um fliegen zu gehen. Doch abhebende Flugzeuge sucht man vergebens. Stattdessen stehen 17 uniformierte Militaristen des Kompetenzzentrums SWISSINT vor einem Hangar, genannt «Halle 3». Einer von ihnen ist Oberwachtmeister Michel Laube, der aktuell die Ausbildung für seinen dritten Swisscoy-Einsatz zugunsten der «KFOR» – Kosovo Force, der friedensfördernden Truppen im Kosovo – absolviert.

Nach seinen beiden Einsätzen im 27. und 28. Kontingent der Swisscoy (2012 und 2013) hat sich der in Langnau bei Reiden wohnhafte Laube nun zu einem dritten Einsatz entschlossen. Im April wird er mit dem 40. Kontingent in den Kosovo verschieben. Motivation dafür waren unter anderem seine Erlebnisse während den ersten beiden Einsätzen: «Ein Jahr im Kosovo prägt.» Man verändere sich, werde erwachsener und lerne, die Schweiz zu schätzen, so der 28-Jährige. Wenn man teilweise kein fliessendes Wasser zur Verfügung habe, von Stromausfällen überrumpelt werde oder zu befürchten hat, auf Landminen oder Strassensperren zu treffen, «ist nicht mehr das fehlende superschnelle Internet das grösste Problem».

Um auf solche für Schweizer Verhältnisse realitätsfremde Gegebenheiten vorbereitet zu sein, erfahren die Swisscoy-Angehörigen gemäss dem gelernten Strassentransportfachmann eine «sehr praxisorientierte» Ausbildung. Neben dem Verhalten bei ungewöhnlichen Situationen wird unter anderem die Bekämpfung von Bränden oder, wie es in der «Halle 3» geschieht, die notfallmedizinische Versorgung von Verletzten unterrichtet.

Im Kosovo wird er seinem erlernten Beruf treu bleiben. Anders als während seinen ersten beiden Einsätzen beschränken sich seine Aufgaben aber nicht auf die Logistik. So wird er nicht nur grosse Lastwagen, sondern auch gepanzerte Sanitätsfahrzeuge fahren. Dies ist auch der Grund, weshalb der Sanitätsdienst und der damit gelernte Umgang mit den von ihm transportierten Personen insbesondere für Michel Laube von grosser Wichtigkeit ist – auch wenn bei einem Patiententransport immer medizinisches Fachpersonal an Bord ist.

Realitätsgetreue Ausbildung

Ebenfalls aus praxisorientierten Gründen entsprechen die Unterkünfte im Ausbildungszentrum des Kompetenzzentrums SWISSINT in Stans-Oberdorf denjenigen der internationalen Militärbasen im Kosovo. Das heisst, Michel Laube schläft nicht in einem Massenschlag, wie er aus dem Kinofilm «Achtung, fertig, Charlie!» bekannt ist, sondern zusammen mit nur einem weiteren Kameraden in einem Schlafcontainer. Dieser ist von realitätsgetreuen Wachposten, Entladeboxen – die Dienstleistenden verlassen die Basis stets bewaffnet – und einem Platz für das Antrittsverlesen umgeben. Auf diese Weise können die Swisscoy-Angehörigen möglichst gut auf das künftige Leben in einem Militärcamp vorbereitet werden, so die Presse- und Informationsverantwortliche des Kompetenzzentrums SWISSINT, Tabea Rüdin.

Ebenfalls sollen sich die Dienstleistenden durch die realitätsnahe Ausbildung der Ernsthaftigkeit des bevorstehenden Einsatzes bewusst werden. «Stellt sich heraus, dass sich jemand am falschen Ort fühlt, kann man noch vor der Entsendung in den Einsatz reagieren», so die Presse- und Informationsverantwortliche.

Neben den Unterkünften sieht Michel Laube die Freiwilligkeit als zentralen Unterschied zur Rekrutenschule und den milizdienstlichen Wiederholungskursen: «Man merkt, dass wir

alle freiwillig hier sind. Wir wollen das.» Deshalb sei auch der Umgangston viel milder und nicht, wie es in der Rekrutenschule teils der Fall ist, auf Drill ausgelegt. So stehe auch die

Sinnvermittlung stets an oberster Stelle. «Die Vorgesetzten erklären uns immer, weshalb wir den jeweiligen Inhalt zu lernen haben», so der Oberwachtmeister.

154 Tage von der Familie getrennt

Trotz der Freiwilligkeit hat der friedensfördernde Dienst auch seine Schattenseiten. Während der Ausbildung kann Laube zwar bereits am Freitagnachmittag abtreten und hat so das gesamte Wochenende Zeit für seine noch junge Familie – sein Sohn ist erst anderthalbjährig. «Das schätze ich sehr.» Gleichwohl ist er unter der Woche weg. Mit der Verschiebung in den Kosovo werden es nicht Wochen, sondern Monate, nicht nur 55 Kilometer in die Kaserne, sondern fast 2000 Kilometer sein, die Laube von seiner Familie trennen. Zwar haben die Dienstleistenden zwei Mal zwei Wochen Ferien zugute, doch sind es trotzdem 154 Tage, die ihn von seiner Familie trennen. Entgegen kommt Laube aber die Unterstützung seiner Frau: «Sie befürwortet meinen Einsatz; würde selber gerne einen machen.» Ebenfalls beruhigt den jungen Vater, dass er die ersten Schritte und das erste «Papa» seines Sohnes miterleben durfte. Gleichwohl sei er noch in einem Alter, in dem er den Unterschied zwischen einer Woche und einem Monat weg sein noch nicht merkt: «Weg ist weg.»

Uniformierte Zukunft

Auch wenn SWISSINT sogenannte «Verlängerer» – das sind Personen, die mehrere (maximal drei) Dienste am Stück leisten – begrüsst, ist dieser Einsatz im 40. Kontingent der letzte des Familienvaters. Gleichwohl sieht er seine Zukunft uniformiert. Nach seinem friedensfördernden Dienst im Kosovo strebt Laube den Tausch des grün-braunen Tarnanzuges gegen eine blaue Polizeiuniform an. Deshalb hat er auch vor, seine Freizeit auf dem Camp dafür zu nutzen, seine körperliche Fitness zu steigern. Nur so könne er der Promotionsordnung der interkantonalen Polizeischule Hitzkirch gerecht werden und seine Chancen auf die Fortsetzung des uniformierten Lebens erhöhen.

Bevor er aber auf der Militärbasis joggen gehen kann, hat er sich zusammen mit seinen Kameraden in einen Airbus A319 zu setzen und seinen dritten und letzten Einsatz zur Stabilisierung eines ehemaligen Kriegsgebietes anzutreten.