Tablet statt Lehrbücher: Im BZZ hält «Industrie 4.0» ihren Einzug

Individuelles Lernen 

als grosser Mehrwert

 Mathias Richner, Konrektor Berufs- und Weiterbildung Zofingen, gibt Auskunft.

Was ist aus didaktischer und methodischer Sicht der grosse Vorteil des «Bring your own Device»-Konzepts BYOD?
Mathias Richner:
Es bringt den Lernenden einen erheblichen Mehrwert. Ein elektronisches Lehrmittel ist kein Buch im PDF-Format, sondern eine interaktive Lernplattform. Über Links sind Filme – das ergänzende Experiment aus dem Chemie- oder Physikunterricht – genauso abrufbar wie eine Tondatei aus dem Fremdsprachunterricht. Der Mehrwert ist ein individuelles und dem persönlichen Tempo angepasstes Lernen. Ein wichtiger Gewinn ist auch das Anwendungs-Know-how und die Erweiterung der IT-Grundkenntnisse – beides sind in der Entwicklung hin zu «Industrie 4.0» zentrale Grundthemen.

Weshalb die Vorgabe, einen Convertible – einen Tablett-PC mitzubringen? Genügt der Laptop nicht?
Das Kombigerät erlaubt es, während des Unterrichts handschriftliche Notizen zu machen. Das geht – speziell im Mathematikunterricht – rascher als via Tastatur. Und: Handnotizen und Skizzen bleiben im Gedächtnis besser haften. Was hinzu kommt ist, dass unsere Lernenden mit dem Smartphone unterwegs sind. Unsere neue , cloud-basierte Webplattform erlaubt es auch, auf diesen Mobile-Geräten am Lernstoff zu arbeiten. Die zur Verfügung gestellte Lernsoftware darf auf mehreren Geräten genutzt werden.

Analog dazu nennt die Berufsfachschule Zofingen ihre Umsetzung «Bildung 4.0». Schulintern, sagt Mathias Richner, Konrektor und Projektleiter, betrete man nicht Neuland.

«Bereits seit vier Jahren gilt für Absolventinnen und Absolventen der Berufsmaturitätsschule im Bereich Maschinenbau «bring your own device» (BYOD). Während dieser Begriff aus der Sprache von Google und Co. an vielen anderen Schulen den Einsatz des eigenen Laptops im Unterricht bedeutet, kommen an der Berufsfachschule Zofingen Tablet-Computer zum Einsatz, die sich mit Tastatur und Stift bedienen lassen.

Schritt in die Zukunft
Nach den Sommerferien zum neuen Schulstart ist ein solches «Convertible» für alle Neueintretenden mit einer Berufsausbildung, die zu einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis führt, obligatorisch. «Mit diesem Entscheid sind wir vielen anderen Berufsschulen einen Schritt in die Zukunft voraus», ergänzt Rektor Roger Meier.

Um dieses Neuland betreten zu können, waren vorerst die IT-Infrastruktur und deren Experten gefordert. Viele ähnliche Projekte sind anderswo gescheitert – in Zofingen hat man im Pilotversuch den Engpass WLAN rechtzeitig erkannt und behoben. «Eine andere Herausforderung war die Umstellung auf eine andere Form der Didaktik und die Beschaffung der benötigten neuen, interaktiven Lehrmittel», sagt Richner. Da seien die Lehrmittelverlage genauso gefordert gewesen, wie die Dozentinnen und Dozenten der Berufsfachschule. Lehrmittel in traditioneller Buch- oder Heftform hätten kaum mehr eine Zukunft – da sind sich Meier und Richner einig. «Berufsschulen, welche sich dieser Entwicklung verschliessen, machen einen Fehler», sagt Meier.

Eine offene Frage ist, wie künftig die Lehrabschlussprüfungen ablaufen. Mit dem «Device» oder traditionell auf Papier. Gefordert sind hier die Kantone und Berufsverbände. Sie sind es, welche die gültigen Reglemente neu ausrichten müssen.