Tempo 50 ist kein Menschenrecht

Der schwere Unfall an der Aarburger Bahnhofstrasse vom letzten Samstag regt zum Nachdenken an. Ein Mercedes rast mit mutmasslich über 100 km/h über ein Trottoir, in eine Hausmauer, einen Balkon und wird dabei zurück auf die Strasse geschleudert. Der Fahrer stirbt noch auf der Unfallstelle. Das ist schon tragisch genug. Doch überlegt man sich, was noch hätte geschehen können, wird einem noch mulmiger. Wäre zu dieser Zeit eine Gruppe Jugendlicher über das Trottoir gegangen, hätte es so ausgehen können, wie vor wenigen Tagen im Südtirol, als ein Automobilist in eine Gruppe junger Menschen raste und sieben Personen starben.

Laut Regionalpolizei ist die Bahnhofstrasse von der Geschwindigkeit her unproblematisch. Doch Anwohner erzählen, dass es häufig zu Tempoexzessen kommt. Dass Fahrer gut motorisierter Autos ihre Boliden innerorts massiv beschleunigen. Diese veranstalten eine Art Showfahren mitten im Wohngebiet. Mit sporadischen Polizeikontrollen ist solchem Verhalten schwer beizukommen. Vielleicht würde es aber helfen, wenn wir Dorfkerne und Innenstädte wieder zu dem machen, was sie eigentlich sind: Begegnungszonen, statt Durchgangsstrassen.

Die Bahnhofstrasse ist zwar eine Kantonsstrasse und auf solchen ist Tempo 30 nicht vorgesehen. Dennoch sollte der Kanton die Idee von Gemeinderat Fredy Nater, Tempo 30 ins Auge zu fassen, nicht sofort verwerfen. Bei dichtem Verkehr fährt sowieso kaum jemand mit 50 über die Aarburger Bahnhofstrasse. Und die Zeitersparnis, die Tempo 50 statt Tempo 30 bei diesen paar hundert Metern bringt, ist vernachlässigbar. Eine verkehrsberuhigte Zone hingegen würde die Bahnhofstrasse für Anwohner lebenswerter machen und es ist anzunehmen, dass die Showraser etwas mehr abgeschreckt wären, innerorts ihre Boliden zu testen.

Tempo 50 innerorts ist übrigens auch kein Menschenrecht, wie man annehmen könnte, wenn man gewisse Automobilisten hört. Das Auto ist zweifellos ein wichtiges Verkehrsmittel, aber historisch gesehen gehört es nicht zu Dorfkernen und Innenstädten, Fussgänger hingegen schon.