
«Tiere sind keine Wanderpokale»: Gnadenhof-Betreiberin graust es vor möglicher Rückgabewelle
Mit dem Homeoffice, den Kontaktbeschränkungen und den geschlossenen Freizeitangeboten fand bis vor einigen Wochen das Leben vieler Menschen vornehmlich in den eigenen vier Wänden statt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass während der Pandemie Tierheime einen regelrechten Ansturm auf Haustiere verzeichneten. Davon zu berichten weiss auch Stefanie Sutter, die zusammen mit ihrer Schwester Janina den Tierlignadenhof in Kaisten leitet:
«Wir haben während Corona vermehrt Anrufe erhalten von Personen, die uns gefragt haben, ob wir ihnen einen Hund oder eine Katze vermitteln können.»
Sorgen bereiten Stefanie Sutter nun die anstehenden Sommerferien und die weiteren Lockerungen, denn: «Ich befürchte, dass es zu einer Rückgabewelle kommen könnte», sagt sie.
Dies etwa, wenn die Besitzer merkten, dass die Unterbringung des Hundes in einer Tierpension, während Herrchen oder Frauchen am Strand liegt, nicht ganz günstig ist. Oder wenn so manch einer, der sich ein Tier aus Langweile angeschafft hat, mit der Wende zurück zum Alltag den Vierbeiner als zusätzliche Belastung empfindet.
Den Hund per Mausklick bestellt
Ein weiteres Phänomen, das zu einer Rückgabewelle führen könnte, ist, dass sich der eine oder andere einen Hund per Mausklick im Internet bestellt habe. Dies, weil es in den Tierheimen zeitweilig keine mehr gegeben habe. Aber Sutter warnt:
«Gerade bei Zuchthunden aus Vermehrungsstellen kommt es vor, dass diese schwer krank sind.»
Wenn dann die Kosten für den Tierarzt mehrere Tausend Franken betragen, sei die Gefahr gross, dass die Zuchthunde aus dem Ausland nach wenigen Monaten hierzulande im Tierheim abgegeben werden.
Obwohl es sich beim Tierlignadenhof um kein Tierheim handelt, weiss Stefanie Sutter, dass sich bei einer allfälligen Rückgabewelle auch bei ihr die Halter melden werden, um zu fragen, ob sie ihre Vierbeiner in Kaisten abgegeben können.

Mit der Obhut über zehn Hunde und 38 Katzen sowie diverser anderer Tiere sei man derzeit am Anschlag, sagt Sutter.
Emotionale Erpressung am Telefon
Der Grund hierfür sei zumeist Scham. So riefen die Besitzer nur ungern beim gleichen Tierheim an, um das Tier, das sie sich von dort besorgt hatten, nach gerade einmal einem Jahr wieder zurückzugeben. Sutter sagt:
«Die Halter haben ein Problem damit, sich das Versagen vor dem Tierheim einzugestehen.»
Doch annehmen kann der Tierlignadenhof keine Haustiere mehr. Mit der Obhut über zehn Hunde und 38 Katzen sowie diverser anderer Tiere sei man derzeit am Anschlag. Da nutze es nichts, wenn der eine oder andere zur emotionalen Erpressung am Telefon ausholt, wie Stefanie Sutter erzählt:
«Es hiess auch schon: Wenn ihr das Tier nicht nehmt, muss es eingeschläfert werden.»
Verhehlen will Stefanie Sutter nicht, dass sie solche Aussagen hart treffen. Aber sie stehe in der Pflicht – mit Rücksicht auf die finanziellen Mittel und die personellen Ressourcen – nur so viele Tiere auf dem Hof zu halten, dass es diesen maximal gut ginge. Sutter appelliert denn auch, dass die Entscheidung zur Anschaffung eines Haustieres nicht spontan getroffen werden dürfe.
«Es muss einem immer bewusst sein, dass man mit der Anschaffung eine langfristige Verpflichtung eingeht.»
Bei einer Katze etwa können dies gut zwischen 15 und 20 Jahre sein. So kann denn auch Stefanie Sutter auch nur mit dem Kopf schütteln, wenn sie etwa Personen anrufen und sie fragen, ob sie eine Katze für Sohn oder Tochter habe.
Auch Haustiere – insbesondere Hunde – bauten soziale Bindungen zu ihren Haltern auf. «Wenn Hunde ins Tierheim abgegeben werden, ist dies für die Tiere zuweilen mit traumatischen Erlebnissen verbunden», so Stefanie Sutter. Dies müsse vermieden werden, denn schliesslich «sind Tiere keine Wanderpokale».