
Tödlicher Unfall bei Giezendanner: Wie die Firma reagierte, was die Unia fordert

Es sei ein Urteil, das Konsequenzen für die gesamte Transportindustrie haben werde, kündigte die Verteidigerin des Chauffeurs der Giezendanner Transport AG nach dem Prozess an. Ihr Mandant, ein 30-jähriger Familienvater, war am Dienstag vom Bezirksgericht Zofingen der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen worden.
Im Juli 2016 fuhr der Chauffeur mit seinem Lastwagen rückwärts und klemmte dabei seinen Arbeitskollegen zwischen Anhänger und Laderampe ein. Der Fahrer war zuvor ausgestiegen und hatte kontrolliert, dass niemand dazwischen war, doch sein Kollege hatte sich in der Zwischenzeit unbemerkt hinter den Lastwagen positioniert. Er verstarb an den Folgen der Verletzungen.
Das Fehlverhalten des Opfers brachte keine mildernden Umstände. Der Gesetzesartikel besagt Folgendes: «Bei Fahrzeugen mit beschränkter Sicht nach hinten ist zum Rückwärtsfahren eine Hilfsperson beizuziehen, wenn nicht jede Gefahr ausgeschlossen ist.» Wenn eine Hilfsperson fehle, dann könne die Gefahr aber nur komplett ausgeschlossen werden, wenn an jedem Fahrzeug eine Rückfahrtkamera angebracht sei, sagt Fabian Schmid, Rechtsbeauftragter des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands Astag. «Das ist je nach Aufbau der Fahrzeuge gar nicht möglich, zum Beispiel bei Wechselbehältern, die ständig umgeladen und nach dem Transport von der Fahrerkabine getrennt werden.»
«Die Fahrer sollten möglichst immer jemanden haben, der beim Einweisen hilft», sagt Benjamin Giezendanner, Geschäftsführer der Giezendanner Transport AG. Das sei aber nicht immer möglich, da die Lastwagen-Fahrer alleine unterwegs sind. Der tragische Unfall, der die Firma vor über zwei Jahren erschütterte, hatte Konsequenzen: Der Lastwagen des Unfallfahrers hatte eine Vorrichtung, die akustische Warnsignale von sich gab, aber keine Kamera. «Mittlerweile haben wir die Stückgut-Lastwagen mit Rückfahrtkameras ausgerüstet, sofern dies technisch möglich ist», sagt Benjamin Giezendanner. Dies sei beispielsweise bei Containerfahrzeugen der Fall. Ausserdem habe man Schulungen durchgeführt, um die Fahrer und Mitarbeiter noch stärker zu sensibilisieren. «Auch bei einer Rückfahrtkamera gibt es tote Winkel», fügt Giezendanner hinzu.
Chauffeure unter Druck
Die Astag bedauert den tragischen Unglücksfall zutiefst, nimmt aber aufgrund fehlenden Wissens über die Urteilsbegründung keine Stellung zum Fall. Auf die Frage, ob das Urteil Konsequenzen mit sich bringe, antwortet Markus Meier, Astag-Präsident Sektion Aargau, Folgendes: «Sicherheit ist das oberste Gebot. Alle Unternehmer und Chauffeure stehen in der Verantwortung. Es wäre fatal, sich immer mehr nur auf technische Assistenzsysteme zu verlassen. Mindestens ebenso wichtig sind die Ausbildung und die regelmässige obligatorische Weiterbildung der Chauffeure».
Philipp Zimmermann, Mediensprecher der Unia, warnt, in der Transport- und Logistikbranche herrsche allgemein oft enormer Zeitdruck: «Ich kann mir vorstellen, dass ein Fahrer möglicherweise einen Rüffel kassiert, wenn er einen Einweiser verlangt.» Wenn der Fahrer im Falle eines Unfalls dann die ganze Verantwortung trage, sei das happig. Das Unternehmen trage letztlich die Verantwortung für die Sicherheit am Arbeitsplatz. «Die Unternehmen müssten personell so aufgestellt sein, dass der Chauffeur beim Rückwärtsfahren durch eine andere Person unterstützt wird. Oder der Arbeitgeber müsste technische Hilfsmittel, wie zum Beispiel Kameras, bereitstellen, verlangt die Unia.