
Tourismus-Boom: Hotellerie mit dem besten Jahr seit 1990
Der Schweizer Tourismus hat die Kehrtwende geschafft – und erreicht gleich sein bestes Jahr seit fast dreissig Jahren. Das zeigt sich anhand neuer Zahlen des Bundesamtes für Statistik zu den Übernachtungen in Hotels: Auf 37,4 Millionen kam die Schweiz letztes Jahr. 5,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Etwas mehr Übernachtungen gab es nur im Jahr 1990 mit 37,5 Millionen.
Zwar kann diese Annäherung an einen fast 30 Jahre alten Rekord kritisch gesehen werden. Denn er bedeutet ein Null-Wachstum über drei Jahrzehnte. Und das in einer Branche, die weltweit im selben Zeitraum unaufhaltsam gewachsen ist. Laut Weltorganisation für Tourismus um etwa 50 Prozent.
Doch nach acht schwierigen Jahren ist die Erleichterung in der Branche gross. Der Direktor der Marketingorganisation Schweiz Tourismus, Martin Nydegger, sagte gestern: «Der Turnaround ist geschafft.» Andreas Züllig, Präsident von Hotelleriesuisse und selber Hotelier, sagte: «Die Talsohle ist durchschritten.» 2017 ging auch kein Stadt-Land-Graben durch die Hotellerie wie sonst in den Jahren ab 2008, als sich der Franken aufwertete.
Ein Bergkanton wie das Wallis etwa hatte von 2008 bis 2016 rund 20 Prozent seiner Übernachtungen verloren. Graubünden gar 25 Prozent. Diese enormen Rückgänge belasten diese Regionen schwer. Der Tourismus stellt in Graubünden fast jeden dritten Arbeitsplatz. In den Städten hingegen geht es dem Tourismus als Ganzes wunderbar. Der Städtetourismus boomte, angetrieben von asiatischen Reisenden. Die Region Basel hatte von 2008 bis 2016 ein Wachstum von 19 Prozent der Übernachtungen. Zürich gar 20 Prozent. Dem einzelnen Stadthotel hingegen war es oft nicht zum Jubeln zumute. Der Wettbewerb ist immens, da massiv in neue Hotels investiert wurde.
Im Jahr 2017 dann verschwand der Stadt-Land-Graben. In den Städten ging der Boom munter weiter. In Zürich hatte die Hotellerie 6 Prozent mehr Übernachtungen, in Basel gar 6,9 Prozent. Alles wie gehabt. Doch in diesem Jahr erreichte das touristische Wachstum auch wieder die Bergkantone. Graubünden legte immerhin um 5 Prozent zu, das Wallis schaffte sogar 6,9 Prozent.
Euphorisch wird in der Branche dennoch niemand. «Es gilt noch viel aufzuholen», sagte Schweiz-Tourismus-Chef Nydegger gestern. Gerade bei den europäischen Gästen sei es noch ein weiter Weg, bis man sich wieder an die Zahlen von vor der Finanzkrise annähern könne. Falsche Bescheidenheit ist das nicht. Die Schweiz hat auch nach dem erfolgreichen Jahr 2017 rund 30 Prozent weniger Übernachtungen von europäischen Gästen als im Jahr 2008.
Diese Abwanderung des europäischen Gastes – vor allem des deutschen – war der eigentliche Grund, warum die Bergkantone in ihre touristische Krise rutschten. Es wird noch lange dauern, bis sie dort herausgefunden haben. Auch nach dem Erfolgsjahr 2017 – so gut es der Branche auch tut – hat zum Beispiel Graubünden total noch immer rund 20 Prozent weniger Übernachtungen als im Jahr 2008.
Derzeit läuft die Wintersaison auf vollen Touren. Schweiz Tourismus nutzt die Schneemassen, die sich in den Bergen türmen, um kräftig die Werbetrommel zu rühren. Nydegger: «Wer diese Bedingungen nicht ausnutzt, der ist nun wirklich selber schuld.» Bislang sieht es tatsächlich nach einem erfolgreichen Winter aus.
Auf die Probe gestellte Liebe
Das zeigen die Übernachtungszahlen für den Dezember. Graubünden zum Beispiel kommt im Dezember auf immerhin rund 8 Prozent mehr Logiernächte als im Vorjahresmonat. Selbst die deutschen Gäste, die dem Bergkanton zuvor in Scharen fernblieben, kamen wieder etwas häufiger. Wobei das Plus von 3 Prozent eher dürftig ausfiel, von einer eigentlichen Rückkehr der deutschen Gäste kann nicht die Rede sein. Das Wachstum verdankten die Bündner viel mehr ihren schweizerischen Gästen.
Bei Schweiz Tourismus weiss man, was die Branche an ihren einheimischen Gästen hat. Die Marketingorganisation wolle, so Nydegger, «die Liebe der Schweizer zum eigenen Land weiter stärken». Gerade in diesen schwierigen Zeiten seien sie für den Bergtourismus von grosser Wichtigkeit. Dabei hilft es, dass «diese Liebe zum eigenen Land» durch den schwächeren Franken etwas entlastet wird. Die Schweizer hatten nämlich die Frankenstärke durchaus für günstige Ferien im Ausland genutzt. In Österreich ging die Zahl schweizerischer Gäste durch die Decke.