Traditionelles Bad der Töchter und Jünger Gutenbergs im Thut-Brunnen – MIT GALERIE UND VIDEO

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Nichts ahnend vom geplanten Kidnapping arbeiteten die Polygrafen-Lehrlinge Inya Metzler, Silvana Karli, Manuel Bortolin und der Drucktechnologe Samuel Schmutz am nasskalten Mittwoch bis kurz vor elf Uhr an ihren Arbeitsplätzen. Dann schlugen die Packer zu – es kommen nur Jünger Gutenbergs zu diesen grossen Ehren. Auf das Kommando «Packt an» des Gautschmeisters Thomas Boettger wurden die erfolgreichen Prüfungsabsolventen in die Mangel genommen. Als erster Gäutschling wurde Silvana Karli mit einem Kälberstrick gefesselt und in den Gitterkäfig verfrachtet: «Ich bin glücklich, dass wir alle die Abschlussprüfung bestanden haben; aber dann auch froh, wenn die Wassertaufe überstanden ist.» Am meisten «chrampfen» mussten die Packer beim Drucktechnologen Samuel Schmutz. Letztlich hatte aber auch er keine Chance zu entkommen. Früher musste ein «erfolgreicher Flüchtiger» die Zeche für die Gautschfeier bezahlen. Bald waren die vier jungen Menschen in einem Gitterkäfig auf Rädern zum Abtransport verfrachtet. Ein beachtlicher Tross marschierte zusammen mit den «Gefangenen» zur traditionellen Gautschete im Niklaus-Thut-Brunnen.

Das Gautschen geht bis ins 16. Jahrhundert zurück und bedeutet, dass ein Schriftsetzer (Polygraf) oder Buchdrucker (Drucktechnologe) nach bestandener Abschlussprüfung in Form einer Art Taufzeremonie in den exklusiven Kreis der Jünger Gutenbergs aufgenommen wird.

Der Überraschungseffekt ist wichtig beim Gautschen. So wussten die ZT-Lehrlinge lediglich, dass es «in den nächsten Tagen» passieren würde. Es gehört auch zum Brauch und vor allem zur allgemeinen Belustigung, dass dem «Opfer» vor dem Ernstfall dieser immer wieder vorgetäuscht wird.

Beim Niklaus-Thut-Brunnen hatte sich eine ansehnliche Zuschauerzahl eingefunden. Auf den Ruf des Gautschmeisters und Polygrafen Thomas Boettger «Packt an! Lasst fallen ihren Corpus posteriorum auf diesen nassen Schwamm, bis triefen beide Ballen. Der durstigen Seel gebt ein Sturzbad obendrauf, das ist der Töchter Gutenbergs die allerbeste Tauf», wurden die Gäutschlinge, einer nach dem anderen, gepackt und nach einer ersten Schwamm- und Kübeldusche samt Kleidern und Schuhen ins Nass geworfen. Zu einem Gautschakt gehören nebst den Gäutschlingen ein Gautschmeister (Thomas Boettger), Schwamm- und Wasserkübelhalter, welche die Aufgabe haben, die Täuflinge vor dem abrupten Wurf ins Nass anzunetzen, und einige kräftige Packer.

Unter grossem Applaus der Arbeitskolleginnen und -kollegen, Familienangehörigen und Zuschauern wurden die neuen Töchter und Jünger Gutenbergs aus der Taufe gehoben. Den «taufrischen Schwarzkünstlern» durfte beim einen und anderen Gläschen oder Bierchen ausgiebig gratuliert werden. Vier lehrreiche Ausbildungsjahre fanden mit dieser Zeremonie ihren würdigen und freudigen Abschluss. Nach der Wassertaufe sind Inya Metzler, Silvana Karli, Manuel Bortolin und Samuel Schmutz «Ex-Lehrlinge» und mit allen Rechten und Pflichten in den Stand der Gesellen aufgenommen.