
Trockenheit im Aargau spitzt sich zu: Bauern bangen um Mais
Alois Huber weiss, was die Landwirte im Aargau bewegt. Er ist der Präsident des Bauernverbands Aargau (BVA). Momentan sei die Trockenheit das wichtigste Gesprächsthema unter Landwirten. «Neu ist in diesem Jahr, dass auch die Höfe im Süden des Kantons unter der Trockenheit leiden», so Huber. Im Freiamt etwa falle normalerweise genug Regen.
Die Weizen-Ernte im Kanton habe unter der Trockenheit gelitten. «Wegen des trockenen Mai gab es einen Ernteausfall von rund 20 Prozent.» Und jetzt müssen die Bauern um den Mais zittern. «Ausgerechnet jetzt ist die Zeit, in der Mais am meisten Wasser bräuchte.» Mais und Weizen werden im Aargau nicht bewässert, das wäre laut Huber zu aufwendig.
Bewässerung gegen Totalausfall
Noch nicht gefährdet ist die Obst- und Gemüseernte. Obstbäume sind tief in der Erde verwurzelt. Weil es im letzten Winter viel geregnet und geschneit hat, können die Obstbäume die Feuchtigkeit konservieren.
Auf den Gemüsefeldern kann der wenige Regen noch ausgeglichen werden; die Felder sind bewässert, bei fehlendem Regen helfen Wassersprenger oder andere Anlagen aus. Das Wasser stammt aus Bächen und Flüssen in der Nähe der Felder.
Probleme gibt es dann, wenn auch die Bäche und Flüsse unter Trockenheit leiden und wenig Wasser führen. Genau das ist momentan im Aargau der Fall. Die Wasserstände sind tief, der Kanton hat bereits die Entnahmebewilligungen für die Sissle im Fricktal sistiert. Wollen die Bauern ihre Gemüseernte retten, dann müssen sie mit Trinkwasser bewässern. «Je nach Gemeinde sei das teuer», so Huber, «nicht alle Gemeinden sind gleich grosszügig und lassen Landwirte vergünstigt Wasser beziehen.»
Kommt dazu, dass die Bewässerung nicht immer effizient gelingt. In einigen Fällen teilen sich mehrere Bauern einen Wassersprenger. Um alle Felder bewässern zu können, muss die Anlage auch tagsüber laufen. Weil bei hohen Temperaturen viel Wasser verdunstet, geht ein Teil davon verloren.
Am effizientesten ist die Bewässerung mit Bodensonden, die besonders beim Anbau von Kartoffeln eingesetzt wird. Die Sonden messen die Bodenfeuchte und die Bodentemperatur, teilweise auch Faktoren wie Niederschlagsmenge, Nährstoffversorgung des Bodens oder die Lufttemperatur. Die erhobenen Daten können am PC oder am Handy abgelesen und die Bewässerung entsprechend gesteuert werden. Diese Methode wird im Aargau bereits vereinzelt genutz
Landwirtschaft ist gefordert
Ein Blick auf die Klimatabellen der vergangenen Jahrzehnte und verschiedene Klimamodelle zeigt: In der Schweiz wird es wärmer, Trockenperioden im Sommer könnten zur Norm werden. Der Frühling 2018 war laut MeteoSchweiz der viertwärmste seit Messbeginn im Jahr 1864. Durchschnittlich lag die Temperatur bei 6 Grad. Die Frühlingsnorm der Jahre 1981 bis 2010 lag bei 4,4 Grad.
Für die Landwirtschaft problematisch ist, dass bereits der diesjährige Frühling sehr trocken war. Die Messstation Buchs verzeichnete im April 21,6 mm Niederschlag. Im Jahr 2003, als die Landwirtschaft unter dem heissen Sommer litt, waren es im April 52,1 mm gewesen.
Mit diesen Zahlen setzen sich nicht nur Landwirte, sondern auch der Kanton auseinander. «Es kann davon ausgegangen werden, dass durch die Trockenheit das Pflanzenwachstum verringert wird und die Erträge abnehmen», so Claudia Penta vom Finanzdepartement zur Zukunft der Landwirtschaft im Aargau. Dem Problem können Landwirte mit der Züchtung neuer Pflanzenarten, welche Trockenheit besser ertragen, entgegenwirken. Weil laut Klimamodellen der Frühling nasser ausfallen könnte als bisher, müssen die Pflanzen auch resistenter sein gegen Pilze.
Um mit dem erhöhten Wasserbedarf im Kanton umzugehen, habe der Aargau laut Penta mit der Teilrevision des Landwirtschaftsgesetzes, welches der Grosse Rat am 26. Juni zum Beschluss erhob, die nötigen Voraussetzungen geschaffen. Darin ist festgelegt, dass sich die Gemeinden freiwillig an gemeinschaftlichen Bewässerungsanlagen beteiligen können.
Zudem investiere der Kanton in die Aus- und Weiterbildung von Landwirten, so Penta. «Die Thematik Klimawandel wird in der Ausbildung am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg anhand zeitgemässer Lehrpläne behandelt.» Landwirtschaftsbetriebe hätten die Möglichkeit, sich bei Fragen an das Zentrum zu wenden.
Ein Beispiel dafür, wie sich die Praxis der Aargauer Landwirte bereits verändert hat, kennt Bauernverbandspräsident Alois Huber. Nach der Weizenernte werde auf dem Feld üblicherweise Gras gesät, der Zeitpunkt und die Methode dafür habe sich aber verändert. «Das Saatgut wird heute von einer Maschine in den Boden eingearbeitet, damit es vor dem Austrocknen geschützt ist. Vorher wurde es einfach gestreut.»