Trotz Nein-Parole zu NoBillag: «SRG muss Kritik ernst nehmen»

Bundesrätin und Medienministerin Doris Leuthard sprach gestern Abend im ehemaligen Gemeinschaftshaus der ABB am Badener Martinsberg über die NoBillag-Initiative. Die Bundesrätin führte zuerst noch einmal kurz und klar aus, worüber die Stimmbürger am 4. März überhaupt zu entscheiden haben.

Leuthard, die direkt von der Bundesratssitzung über die Europafrage nach Baden kam, sagte zu Beginn, «No Billag» habe auch etwas mit Europa zu tun. Es gebe zurzeit in vielen Ländern Europas eine Diskussion über die Rolle des öffentlichen Rundfunks. Die Frage sei, brauche es diesen überhaupt noch – oder genüge es, wenn wir uns alle nur noch über Twitter und auf den sozialen Medien informieren. In keinem Land Europas habe man den öffentlichen Rundfunk abgeschafft; und genau darum gehe es in dieser Initiative. Die Vorlage wolle als Kern das Gebührenverbot in die Verfassung schreiben und den Service-public-Auftrag ersatzlos daraus streichen.

Leuthard führte aus, dass der private Markt allein keine so anspruchsvollen Fernseh- und Radioproduktionen hervorbringen könne wie heute. Der Markt sei in der Schweiz durch die vier Sprachregionen zusätzlich fragmentiert. Das duale System aus SRG und privaten Anbietern habe sich bewährt. «Medien kann man nicht einfach wie eine neue Pfanne im nächsten Laden kaufen», sagte Leuthard. Es brauche eine Vielfalt an seriösen Quellen, damit es keinen Einheitsbrei gebe. Sie bitte darum, die Initiative abzulehnen.

Applaus und Buhrufe
AZ-Chefredaktor Patrik Müller hakte nach dem Referat kritisch nach, ob die SRG denn in den letzten Jahren nicht zu gross und zu mächtig geworden sei. Doris Leuthard konterte, es habe seit zehn Jahren keine zusätzlichen Angebote mehr gegeben. Auf Müllers Frage, ob die SRG auch bei einem Nein am 4. März zurückbuchstabieren müsse, sagte Leuthard: «Ja, das muss sie. Wir werden das weiter diskutieren und die SRG muss die Kritik ernst nehmen.»

Organisiert wurde der Abend gemeinsam von der SRG Aargau Solothurn und der Aargauer Zeitung. Auf dem Podium diskutierten im Anschluss an Leuthards Referat die «No Billag»- Befürworter Natalie Rickli, (SVP-Nationalrätin Zürich) und Andri Silberschmidt (Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz) mit den Initiativgegnern Laura Zimmermann (Operation Libero und Komitee «Nein zum Sendeschluss») und Stefan Müller-Altermatt (CVP-Nationalrat Solothurn).

Moderiert wurde das Gespräch von den Inland-Ressortleiterinnen der AZ, Anna Wanner und Doris Kleck. Im vollbesetzten Saal waren die Meinungen zu dieser viel diskutierten Abstimmungsvorlage schon zu einem grossen Teil gemacht. Während Zimmermann und Müller-Altermatt wiederholt Applaus ernteten, wurden Rickli und Silberschmidt mehrfach ausgebuht.