Über Himmelkron bis fast nach Nizza

Der Mix der Fahrgäste, welche in Berlin den Flixbus bestiegen, war ziemlich «multikulti». Schon vieles habe ich über Fernbusreisen gehört. Mehrheitlich negative Erfahrungen. Und so hatte ich auch keine grösseren Erwartungen als 13 Stunden öde Autobahnfahrt zu einem Preis von ungefähr 30 Euro. Landschaftlich war meine erste Reise mit dem Flixbus tatsächlich keine Augenweide. Nach dreieinhalb Stunden Fahrzeit gab es erst mal eine 40-minütige Pause, denn der Chauffeur muss seine Lenk- und Ruhezeit einhalten. Leider bot der heruntergekommene Rastplatz etwas abseits der Autobahn nicht mehr als einen Burger King und eine Tankstelle. Von einer Ortschaft im Norden Bayerns mit dem paradiesischen Namen Himmelkron hätte ich eigentlich mehr erwartet. Zurück im Bus redete ein Mann mit DJ-Ötzi-Mütze plötzlich in einer osteuropäischen Sprache laut auf einen anderen Fahrgast ein. Offenbar kannten sich die beiden vor der Reise noch nicht. Vermutlich ist da während der Pause etwas vorgefallen und es schien um Geld zu gehen. Einen Moment lang hatte ich Angst, dass der Konflikt in ein Handgemenge ausarten könnte. Schliesslich beruhigte sich der Ötzi und meinte in gebrochenem Deutsch: «Es ist o. k., aber gut ist es nicht.» Weiter ging es ab Stuttgart mit einem Bus eines italienischen Subunternehmers, welcher die Nacht hindurch über Mailand und Genua nach Nizza weiterfuhr sowie neuen — vornehmlich italienischen — Protagonisten. Auch der Fahrstil des Chauffeurs war ziemlich italienisch. Ich erinnerte mich an den Satz des Experten nach meiner Fahrprüfung: «Wer mit Ihnen fährt, braucht einen stabilen Magen.» Prompt musste eine Frau notfallmässig die Toilette aufsuchen, während in der hintersten Reihe drei junge Schweizerinnen auf der Heimfahrt von ihrem Shopping-Trip ein Kartenspiel spielten. 20 Minuten zu früh und tatsächlich von einem Radarkasten geblitzt erreichte der italienische Bus gegen Mitternacht Zürich. Ich war froh, musste ich nicht weiter bis Nizza fahren. Doch für meine 30 Euro bekam ich definitiv viele Eindrücke geboten. Nicht ausserhalb, aber innerhalb der Busse.