Umstrittene Hotel-Aufträge: Sind drei Sterne für Bundesangestellte nicht gut genug?

Die Aufträge sind gut fürs Image und noch besser fürs Geschäft: Eine Ausschreibung des Bundes gibt in der Hotelbranche zu reden. Sie verspricht erstens auf Jahre hinaus gut gefüllte Reservationsbücher. Zweitens eine prestigeträchtige Referenz. Und drittens eine sichere Einnahmequelle; gespeist aus Steuergeld, versteht sich. 

Per öffentlicher Ausschreibung sucht die Bundesverwaltung derzeit Seminarhotels, in denen Staatsangestellte für Kurse und Fachlehrgänge untergebracht werden können. Bei den Behörden selbst spricht man von «Hotelpartnern». Weil entsprechende Dienstleitungen neuerdings in den sogenannten Staatsvertragsbereich fallen, müssen sie in einem Submissionsverfahren vergeben werden. Zuständig sind das Eidgenössische Personalamt und das Bundesamt für Bauten und Logistik.

Zuschläge an bis zu 19 Häuser geplant

Auswärts lernt sich’s besser, lautet die Devise. Die Hotelkontingente sind üppig bestückt: Die Bundesverwaltung will Zuschläge an bis zu 19 Häuser vergeben. Es geht um Tausende Übernachtungen und Seminartage; inklusive Optionen dürfen die Hotels ab 2023 auf eine Vertragslaufzeit von fünf Jahren rechnen.

Je nach Nachfrage könnte der Bund während dieser Zeit insgesamt bis zu 26’819 Seminarpauschalen mit Übernachtung und 32’260 Seminarpauschalen ohne Übernachtung buchen. Die Aufträge sollen gut föderalistisch an Anbieter in verschiedenen Landesgegenden gehen. Hotels im Genferseeraum und im Drei-Seen-Land sind ebenso gefragt wie solche im Tessin und in Deutschschweizer Kantonen.

Eine Übernachtungspauschale beinhaltet nebst einem Zimmer zur Einzelbelegung unter anderem auch Vollpension, Verpflegung in den Kaffeepausen, Mineralwasser sowie Mietkosten für die voll ausgerüsteten Seminarräume. Die Anforderungen sind jeweils detailliert geregelt, bis hin zur Zahl der Pinnwände und zur Ausstattung der Moderationskoffer in den Räumen.

Noch bis Ende November können interessierte Seminarhotels ihre Offerten einreichen. Doch nicht alle Häuser dürfen sich dabei die gleichen Chancen ausrechnen: Hotels mit vier oder fünf Sternen stehen von vornherein besser da als Drei-Sterne-Häuser.

Zum Handkuss kommt nämlich, wer einen Katalog mit Zuschlagskriterien am besten erfüllt. Eines davon ist die «Hotelklassifikation». Für dieses Kriterium werden 1000 Punkte vergeben, in die Gesamtbewertung fliesst es mit einer Gewichtung von immerhin zehn Prozent ein; genau so etwas kann angesichts geringer Angebotsdifferenzen den Unterschied machen.

Bedingte Aussagekraft

Als Massstab dienen dabei starr die Hotelsterne. Heisst konkret: Häuser mit vier oder fünf Sternen erhalten gemäss Katalog die vollen 1000 Punkte, Hotels mit drei Sternen nur halb so viele. Hat ein Hotel weniger als drei Sterne oder verzichtet auf eine solche Klassifikation, bekommt es gar keine Punkte. Alternative Möglichkeiten, die eigene Klassifikation unter Beweis zu stellen, sind nicht vorgesehen.

Dass der Bund so eisern auf Sterne setzt, sorgt in der Branche für Unmut. Benachteiligt fühlen sich namentlich Drei-Sterne-Häuser. Mit Namen will sich wegen des laufenden Vergabeverfahrens zwar niemand nennen lassen. Hinter vorgehaltener Hand jedoch äussern sich Hoteliers kritisch über das Vorgehen. Einer sagt: «In der Schweiz gibt es viele gute Seminarhotels in der Drei-Sterne-Kategorie, die jetzt einen klaren Startnachteil haben.»

In diesem Segment seien Trouvaillen zu entdecken, auch solche mit «Superior»-Zusatz. Gerade zwischen drei und vier Sternen seien die Unterschiede mitunter gering, so der Hotelier weiter, die Anforderungen an die Zimmerausstattung und die Bettenqualität ähnlich.

Bei vier Sternen muss unter anderem die Reception länger geöffnet sein, ein Lift ist Pflicht, auf dem Zimmer muss es einen Sessel geben und die Anforderungen an den Getränkeservice sind festgeschrieben. «Über ein Seminarhotel sagen die Sterne aber spezifisch wenig aus», bemängelt der Hotelier.

Häuser mit Klassifikation sind in der Minderheit

Dazu kommt, dass viele Hotels bewusst auf eine Sterneklassifizierung verzichten, um bei der Ausgestaltung ihres Angebots flexibel zu bleiben. Gemäss Angaben des Branchenverbands Hotelleriesuisse sind Häuser mit offizieller Klassifikation gar in der Minderheit. Demnach verfügen noch rund 40 Prozent über eine solche. Und innerhalb der Sternekategorien wiederum verzeichnet die Drei-Sterne-Kategorie die meisten Betriebe.

Sind Hotels mit drei Sternen für Bundesangestellte nicht gut genug? Und vor allen Dingen: Warum fliesst beim Ausschreibungsverfahren die Sternen-Klassifikation direkt in die Zuschlagskriterien ein? Die zuständigen Behörden wollen sich dazu nicht äussern. «Zu laufenden Beschaffungsverfahren können wir keine Auskunft erteilen», erklärt ein Sprecher des Eidgenössischen Personalamts. Für interessierte Hotels bestehe aber die Möglichkeit, «die angesprochenen Unklarheiten bei einer Fragestunden zu klären».

Bemerkenswert ist freilich auch, dass sich zwischen Staatsdienst und Privatwirtschaft abermals eine Kluft auftut. Denn Unternehmen sind oft froh, wenn ein Hotel keine Sterne hat. In manchen Grosskonzernen lässt es der «Code of Conduct» schlicht nicht zu, geschäftliche Übernachtungen in Häusern mit vier oder fünf Sternen zu buchen.