Unter Zugzwang: Impfwoche ja, aber das Personal fehlt

Der Winter steht vor der Tür und die Impfquote in der Schweiz ist noch immer zu tief. Das bringt den Bundesrat in Zugzwang. Heute muss er über die Impfoffensive entscheiden. Er hatte letzte Woche vier Massnahmen angekündigt.

Erstens soll im Rahmen einer nationalen Impfwoche mit Kantonen, Gemeinden und Organisationen wie Kirchen oder Sportvereinen der gesamtgesellschaftliche Nutzen der Impfung betont werden. Zweitens will der Bundesrat zusätzlich zu den 50 bereits bestehenden mobilen Impfzentren, meistens Bussen, 170 weitere einsetzen. Sie sollen an stark frequentierten Orten unkompliziertes Impfen ermöglichen.

Drittens sollen 1700 zusätzliche Beratungspersonen «gezielt und individuell» auf Ungeimpfte zugehen und mit ihnen telefonisch, via soziale Medien oder persönlich das Gespräch suchen. Das Beratungsangebot soll während mehrerer Wochen bestehen. Und viertens will der Bundesrat die gesamte Bevölkerung in die Impfoffensive miteinbeziehen. Dafür setzt er auf finanzielle Anreize. Wer sich neu impfen lässt, kann eine Person angeben, die für ihren Impfentscheid wichtig war. Diese Person soll als Dankeschön einen Gutschein im Wert von 50 Franken erhalten. Allerdings haben fast alle Kantone diese Geldgeschenke abgelehnt und in aller Schärfe kritisiert. Der Bundesrat wird also kaum an dieser Massnahme festhalten können.

Intensives Impfen setzt geschultes Personal voraus

Jetzt weisen die Kantone den Bund auf ein weiteres Problem hin: Ihnen fehlen die Fachkräfte, um die Impfoffensive über die Bühne zu bringen. «Dieser Mangel lässt sich auch mit einer finanziellen Unterstützung durch den Bund nicht einfach beheben», schreibt die Konferenz der Gesundheitsdirektoren (GDK). Der Bundesrat wollte sich die Impfoffensive 150 Millionen Franken kosten lassen. Aber: «Wenn nach zehn Monaten Impfen das Fachpersonal knapp wird – zum Beispiel wegen Ferien, Überzeit, Überlastung, Rückkehr in die angestammte Funktion – dann kann dies nicht mit Geld behoben werden», so die GDK. Für zusätzliche mobile Impfstellen müsste deshalb auch Personal zur Verfügung gestellt werden, damit das Angebot für die Kantone von Nutzen sei.

Gleichzeitig würden sich die Kantone gegenüber der Impfoffensive offen zeigen und seien auch bereit, die Anstrengungen der Impfkampagne noch einmal zu intensivieren. Bezüglich der direkten Kontaktaufnahme weisen die Kantone zudem auf den grossen Streuverlust hin, weil eine gezielte Ansprache von ungeimpften Personen aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich sei, wie es bei der GDK heisst.

An der Frage, wie sich die Impfquote weiter erhöhen lässt, scheiden sich also zumindest teilweise die Geister. Gleichzeitig sind noch immer mehr als 70 Prozent der Intensivplätze belegt. «Die Belastung durch Covid-Patienten ist nach wie vor hoch und die Situation auf den Intensivstationen bleibt angespannt», sagte Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag vor den Medien. Er warnte:

«Mit den sinkenden Temperaturen und dem Schulbeginn ist davon auszugehen, dass das Infektionsgeschehen insbesondere unter den Jungen wieder an Fahrt aufnehmen wird.»

Gleichzeitig müssen in den Kantonen die Kontrollen bei Testzentren verschärft werden, sagte die Berner Kantonsärztin Linda Nartey an der BAG-Pressekonferenz. In manchen Kantonen habe man Hinweise erhalten, dass die Anforderungen von den Test-Anbietern nicht erfüllt seien. «Wir wollen verhindern, dass die Pandemiebekämpfung wegen unzuverlässiger Tests unterlaufen wird.»