Urs Hofmann, Irène Kälin und Urban Zimmerli: Risotto und politische Positionen am 1. Mai

Regierungsrat Urs Hofmann sprach gestern in Zofingen über Kämpfe und Träume am Tag der Arbeit. Hier einige zentrale Ausschnitte aus seiner Rede:

Dene wos guet geit
giengs besser
giengs dene besser
wos weniger guet geit
was aber nid geit
ohni dass’s dene weniger guet geit
wos guet geit
drum geit weni
für dass es dene besser geit
wos weniger guet geit
und drum geits o dene nid besser
wos guet geit

Die meisten von uns kennen dieses Chanson von Mani Matter, dem Berner Troubadour, der vor mehr als 45 Jahren im Alter von erst 36 ums Leben kam. Mani Matter war nicht als politischer Liedermacher bekannt. Aber viele seiner Lieder enthalten zutiefst politische Aussagen, gerade auch weil sie in literarischer Form grundlegende Wahrheiten einer menschlich-solidarischen Haltung formulierten. D Der zitierte Liedtext von Mani Matter passt besonders gut zum 1. Mai. Denn der 1. Mai ist ein Gedenk- und ein Kampftag dafür, dass es denen besser geht, denen es nicht schon gut geht; dass eine Gesellschaft solidarisch sein muss, wenn es möglichst vielen und nicht nur wenigen gut gehen soll; und dass eine gerechte Verteilung von Reichtum und Wohlstand letztlich allen Menschen zugutekommt, auch jenen, denen es schon gut geht. (…)

Die Tatsache, dass soziale Errungenschaften nie geschenkt wurden, sondern immer erstritten und erkämpft werden mussten, ist heute so wahr wie vor 100 Jahren. Zwar haben sich die Forderungen des 1. Mai über die Jahrzehnte hinweg verändert. Der Grundsatz, dass es notwendig ist, sich für seine Rechte einzusetzen und dass es sich lohnt, seine Forderungen laut und deutlich zu erheben, gilt nach wir vor. Der Ruf nach gleichen Löhnen für Frau und Mann für gleichwertige Arbeit ist bekanntlich ein weiteres Beispiel, das zeigt, dass auch zur Durchsetzung von Selbstverständlichkeiten während Jahrzehnten der Druck aufrechterhalten bleiben muss. Hier sind wir auch nach vielen Jahren noch nicht am Ziel. Aber auch flankierende Massnahmen zur Personenfreizügigkeit gäbe es keine, wenn nicht – auch am 1. Mai – immer wieder auf deren Notwendigkeit hingewiesen worden wäre und auch heute klar gesagt wird, dass es ohne griffige Schutz- und Kontrollmassnahmen keine Personenfreizügigkeit geben kann und geben darf. (…)

In den letzten Wochen und Monaten hörten wir immer wieder Klagen über steigende Sozialhilfekosten in den Gemeinden. Wollen wir hier Gegensteuer geben, braucht es bei der Arbeitsmarktintegration ein zusätzliches Engagement. Wer gegen Sozialhilfeempfangende schiesst, ohne ihnen eine reelle Chance zur Arbeitsmarktintegration zu bieten, spielt nicht mit offenen Karten. Vorsorgliche Aus- und Weiterbildung, gute Vermittlungsarbeit, Rekrutierung von Arbeitnehmenden auf dem inländischen Arbeitsmarkt – all dies sind zentrale Massnahmen der Integration. Sie sind nicht nur unter dem Aspekt der Solidarität geboten, sondern auch eine Forderung der ökonomischen Vernunft. Denn Ausschluss von der Arbeit bringt nicht nur Leid und Frustration für die Betroffenen, sondern auch enorme zusätzliche Kosten, in der Sozialhilfe, im Gesundheitswesen und letztlich auch im Bereich der Sicherheit. (…)

Genau der 1. Mai stand stets auch dafür, träumen zu dürfen, von einem besseren Leben und einer besseren Arbeitswelt, vor allem aber von mehr Gerechtigkeit und Freiheit. Bei uns in der Schweiz, aber auch auf der ganzen Welt. Der 1. Mai stand aber nicht nur dafür, Träume haben zu dürfen. Der 1. Mai war stets auch Sinnbild dafür, für die Verwirklichung seiner Träume zu kämpfen. Dies galt vor 100 Jahren, und dies gilt auch heute noch. Und dafür wollen wir uns auch im nächsten Jahr einsetzen.

Mit Risotto und Grilladen (zubereitet von der SP Oftringen) und (klassen-) kämpferischen Reden – umrahmt von fetzigem Jazz der «Underfield Stompers» – begingen die Genossinnen und Genossen im Bezirk Zofingen gestern den Tag der Arbeit. «Lohngleichheit. Punkt. Schluss!»: So lautete das Motto. Für Irène Kä- lin, Nationalrä- tin der Grünen und Präsidentin von «ArbeitAargau», «tönt das so, als wäre alles gesagt». Die Lohngleichheit stehe ja auch schon seit Ewigkeiten in der Verfassung. «Aber jedes Mal, wenn ich irgendwo über die Geschlechterungerechtigkeit fluche, kommt am Schluss ein Mann zu mir und bemängelt, dass ich immer alles so auf die Frauen fokussiere.»

«Glaubt mir, liebe Männer, mich frustriert das auch» – dass es beides gibt: «Schlecht bezahlte Arbeit und M geschlechterbedingte Lohnunterschiede. Heute nehme ich mir diese Kritik zu Herzen – und spreche über Vaterschaftsurlaub.» Ihr sei als Politikerin klargemacht worden, wie schwierig es die Initiative für vier Wochen Vaterschaftsurlaub haben wird. «Der Start ins Familienleben ist offenbar gleichbedeutend mit einem Wohnungswechsel: Für beides gibt es einen Tag frei.» Gleichstellung sei keine Einbahnstrasse. Männer könnten bei der Kinderbetreuung einiges tun. «Vom Kind baden bis zum mit dem Kinderwagen herumfahren». SP-Regierungsrat Urs Hofmann sprach in seiner Rede (siehe Box) über «Kämpfe und Träume am Tag der Arbeit». Einen

Einblick in Zeiten, in welchen pro Woche nur ein Tag arbeitsfrei war, gab der Aarburger Urban Zimmerli. Als SBB-Lokführer stand der 90-jährige nach dem Zweiten Weltkrieg im Führerstand von Dampflokomotiven, deren Kessel die Heizer im Schichtbetrieb 24 Stunden lang heiss halten mussten.