
Vergewaltiger zeigt keine Reue – 9 Jahre und 10 Monate Haft
Die Anklagepunkte gegen den heute 30-jährigen Portugiesen aus der Region sind deftig: Grausame Vergewaltigung, mehrfache qualifizierte sexuelle Nötigung, schwere Körperverletzung, verbotene Gewaltdarstellung, verbotene Pornografie und Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Strafantrag des leitenden Staatsanwalts mit 14 Jahren und 3 Monaten deshalb erwartet hoch. Die Forderung des Verteidigers nach einem totalen Freispruch für den Angeklagten, ein Hohn gegenüber den Opfern. Diese sind an der gestrigen Urteilsverkündigung anwesend und begegneten ihrem Peiniger erstmals wieder seit den grausamen Taten. Dieser schaut beschämt weg.
Das Bezirksgericht Zofingen folgt in vielen Bereichen der Staatsanwaltschaft und verurteilt den Mann zu 9 Jahren und 10 Monaten unbedingt. Abzüglich der Untersuchungshaft von rund 8 Monaten und den rund 25 Monaten, die er bereits im vorzeitigen Strafvollzug verbüsst hat. Der Mann muss den beiden Opfern neben mehreren anderweitigen Kosten auch 25 000 und 20 000 Franken Genugtuung bezahlen, plus 5 Prozent Zins, seit der Straftat.
DNA führte zum Täter
Der eine Übergriff ereignet sich in Zofingen, am 19. Dezember 2014. Eine damals 37-jährige Frau wird abends in ihrer Wohnung von einem Unbekannten überrascht, als sie vom Wäsche holen im Keller zurückkommt. Der maskierte Mann zückt ein 30 Zentimeter langes Wellenmesser und bedroht sie. Es kommt zu einem Gerangel, der Mann verletzt die Frau. Auf dem Bett fesselt er sie mit Klebband, verklebt ihr die Augen, würgt und zwingt sie zu sexuellen Handlungen. Danach sucht er das Weite. Die Frau kann trotz Fesselung den Vermieter rufen, dieser die Polizei. Das Opfer vermutet ihren Nachbarn als Täter. Die Polizei findet bei ihm noch am selben Abend Gegenstände, die ihn überführen. Darunter blutverschmierte Kleider, das Klebband und das blutige Messer. Der Mann wird verhaftet, kommt in U-Haft und später in den vorzeitigen Strafvollzug.
Im Laufe der Ermittlungen stösst die Polizei auf ein weiteres Verbrechen, das sie bereits als ungelöst zu den Akten gelegt hat. Am 3. November 2009 hat der damals 22-jährige Mann in Oftringen eine Tankstellen-Verkäuferin (52) vergewaltigt. Er hat der Frau kurz vor 1 Uhr nachts neben dem Geschäft abgepasst und sie aus dem Auto gerissen und bedroht. Er drängt sie in ein Gartenhäuschen nebenan und zwingt sie zum Oralverkehr. Anschliessend vergewaltigt er sie. Beide Frauen sind heute noch traumatisiert, trauen sich nicht mehr alleine aus dem Haus, und auch tagsüber nicht in eine Tiefgarage. Die Angst verfolgt sie weiter. Jeden Tag.
Ein Treffer in der DNA-Datenbank bringt die Polizei auf die Spur des Mannes: Die genetischen Profile stimmen in beiden Fällen überein. Trotzdem bestreitet der Mann der Vergewaltiger von Oftringen zu sein. Wie seine DNA ins Gartenhäuschen, an die Kleider und den Körper des Opfers kommt, kann er nicht plausibel erklären. Im Fall von Zofingen ist er teilgeständig.
Die Gerichtspräsidentin bemängelte bei der Urteilsverkündigung, dass der Angeklagte während dem Prozess «weder Einsicht noch Reue zeigte». Das Urteil, das ihm auf portugiesisch übersetzt wird, nimmt der Verurteilte kopfnickend hin. Seine Eltern, die extra angereist sind, beginnen im Gerichtssaal zu weinen. In den Arm schliessen dürfen sie den Verurteilten nicht. Er wird abgeführt. Die Staatsanwaltschaft zeigt sich zufrieden mit dem Urteil. Der Verteidiger überlegt sich einen Weiterzug ans Obergericht. «Tut er dies, ziehen wir es auch weiter», sagt die Vertreterin der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm.