Verwaltungsgericht schrammt in Sachen BNO an einer Rüge vorbei

Mit 52 Prozent Ja-Stimmen hatten sich die Zofingerinnen und Zofinger im Oktober 2019 hinter die revidierte Bau- und Nutzungsordnung (BNO) gestellt. Der Volksentscheid war danach für mehrere Monate durch eine Abstimmungsbeschwerde blockiert. Nachdem diese auf kantonaler Ebene sowohl vom Departement des Innern wie auch vom Verwaltungsgericht vollumfänglich abgewiesen wurde, ist das Bundesgericht als letzte Instanz gar nicht erst darauf eingetreten (ZT vom 3. Juli).

Beschwerdeführer ging nicht auf das Urteil ein

Weshalb nicht? Das dem ZT im Wortlaut vorliegende Bundesgerichtsurteil gibt Auskunft. In ihm steht unter anderem: Das Bundesgericht dürfe in seinen Urteilen nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen. Im konkreten Fall: «Es obliegt dem Beschwerdeführer darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid gegen Grundrechte verstossen soll.» Und: «Der Beschwerdeführer setzt sich mit seiner Kritik am Abstimmungsverfahren überhaupt nicht mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander.» Er lege nicht konkret dar, inwiefern das Urteil des Verwaltungsgerichts rechts- oder verfassungswidrig sein soll, weshalb das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht eintreten konnte. 

Der «Hammer» folgt am Schluss der Urteilsbegründung – nicht für den Beschwerdeführer, sondern das Verwaltungsgericht: Entgegen der Rechtsmittelbelehrung des obersten Aargauer Gerichts gelte der im Urteil zitierte Fristenstillstand beim Bundesgericht in Stimmrechtssachen nicht. Tröstlich für die fehlbaren Richterinnen und Richter – und unseren Glauben an den Rechtsstaat: Angesichts der Fehler, welcher der Beschwerdeführer gemacht hat, «kann offen bleiben, ob die Beschwerde überhaupt rechtzeitig eingereicht worden ist». 

Durch das Bundesgericht gerügte Fehler des Aargauer Obergerichts – des Verwaltungsgerichts – ziehen sich wie ein Roter Faden durch die letzten Jahre. So vor fünf Jahren die Schlagzeile: «Das Aargauer Obergericht hat doppelt so viele Straffälle zur Neubeurteilung erhalten, wie die Berner oder Solothurner Obergerichte.» Kein gutes Zeichen, dem weitere schlechte folgten (was leider auch für das laufende Jahr gilt). Dies veranlasste Harry Lütolf aus Wohlen, CVP-Grossrat und Jurist, bereits vor zwei Jahren zu einem Vorstoss im Kantonsparlament. Er forderte vom Regierungsrat, detailliert aufzuzeigen, wie viele Urteile aus dem Aargau die Bundesrichterinnen und -richter seit 2015 aufgehoben haben. Zusätzlich wollte er die Namen jener Oberrichter, deren Urteile gerügt wurden. Richterinnen und Richter an den Pranger? Fakt ist, dass der Grosse Rat Wahlbehörde des Obergerichts ist, und dessen Mitglieder 2021 für weitere vier Jahre bestätigen oder abwählen muss, was auch schon der Fall war.