
Viel erreicht, aber nicht alles
In einer Chatgruppe auf Facebook hat kürzlich eine Frau gefragt, wie man das heute mache beim Verfassen eines Lebenslaufs: die Kinder angeben – oder diese erst beim Vorstellungsgespräch erwähnen? Die Reaktionen waren unterschiedlich: «Meine Kinder gehören zu mir und darum auch in meinen Lebenslauf.» – «Erwähne die Kinder beiläufig beim Vorstellungsgespräch und dann gehst du wieder zurück zu den beruflichen Fragen.» – «Erwähne die Kinder und schreibe dazu, dass du die Betreuung organisiert hast.» Und dann gab es noch die Posts, die zwar auf die Ausgangsfrage keine Antwort gaben, sich aber fragten, warum dies überhaupt ein Problem sei. Männer würden ihre Kinder ja auch nicht im Lebenslauf angeben – und wenn sie sie angeben, bestimmt nicht dazuschreiben, dass die Betreuung organisiert sei.
Wenn wir zurückblicken, haben die Frauen viel erreicht. Sie haben fürs Frauenstimmrecht gekämpft, für Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen, für gleiche Chancen in Ausbildung und Beruf. Vieles davon ist umgesetzt und heute normal. Vieles aber noch nicht. Auf beruflicher Ebene beispielsweise ist noch einiges im Argen. Gleiche Löhne für gleiche Arbeit oder gleiche Geschlechterverteilung im Management gehören hier beispielsweise dazu. Rekrutiert wird für Führungsjobs oft innerhalb des eigenen Netzwerks. Männer haben tendenziell eher Männer im Netzwerk, Frauen eher Frauen. Solange Männer an den Führungspositionen sind, werden daher auch eher wieder Männer nachrücken. Und wenn doch der Fokus auf Frauen gelegt wird beim Rekrutieren, ist es oft schwierig, die richtigen Frauen zu finden. Denn sie sind nach der Schwangerschaft aus dem Beruf ausgeschieden oder konnten als Teilzeitarbeitende nicht die nötigen Qualifikationen erwerben.
Damit sind wir wieder bei der Ausgangsfrage: Kinder angeben im Lebenslauf oder nicht? Für mich wäre dies eine Selbstverständlichkeit, auch bei Männern. Das bedingt aber, dass eine Frau mit Kindern bei der Bewerbung die gleichen Chancen bekommt wie eine Frau ohne Kinder. Oder wie ein Mann. Und da gibt es in der Schweiz noch Nachholbedarf.