Viele Pflegebetten im Aargau bleiben leer – «die Unsicherheit der Bevölkerung hält an»

Die Tendenz, dass immer weniger ältere Menschen in ein Altersheim wollen, gibt es schon länger. Corona hat diese nun aber offenbar verstärkt: Die Auslastung der Heime sank landesweit zeitweise auf rund 86 Prozent und auch in der Region machten sich ähnliche Rückgänge bemerkbar, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung.

«Corona hat im Pflegezentrum Lindenfeld die Spuren hinterlassen», bestätigt Simone Mayer-Jacober, Leiterin Kommunikation vom Suhrer Heim, das unter anderem auf Demenz oder der Übergangspflege nach einem Spitalaufenthalt spezialisiert ist. Gerade deshalb ist das Lindenfeld eines der Pflegeheime der Region, das den Rückgang der Bewohnenden wohl besonders gespürt hat.

Dabei kann man zwei Etappen ausmachen: Eine erste zu Beginn der grossen Infektionswellen, als die Angst da war, sich im Pflegeheim anzustecken oder gar am Virus zu sterben. «Das hat zu merklich weniger Anfragen und Eintritten geführt», sagt Simone Mayer. Dies, obwohl das Lindenfeld eines der ersten Pflegezentren im Kanton war, die Bewohnende wie Angestellte gegen das Virus impfen liess. Zudem waren die Bewohnende jeweils stark eingeschränkt in ihrer Bewegungsfreiheit und durften auch kaum Besuche empfangen.

Eine zweite Etappe wurde dann spürbar, als immer weniger Übertritte aus den Spitälern angemeldet wurden, weil dort operative Eingriffe verschoben werden mussten.

«Die Unsicherheit der Bevölkerung hält noch an, wir verzeichnen jedoch wieder vermehrt Anfragen», sagt sie. «Trotzdem ist die Bettenauslastung immer noch zu tief.» Aktuelle Zahlen gibt das Lindenfeld noch nicht bekannt. Ende Oktober lag die Auslastung bei 87,6 Prozent, erwartet worden waren über 92 Prozent. Ganz neu ist die relativ tiefe Auslastung im Lindenfeld indes nicht: Schon Ende 2019 lag sie bei 88 Prozent.

Im Steinfeld sind 10 von 100 Betten leer

Im Alters- und Pflegeheim Steinfeld, ebenfalls in Suhr, liegt die Auslastung aktuell bei 90 Prozent. «Von 100 Betten sind derzeit etwa zehn leer», sagt Geschäftsleiter Lars Weissbarth. Vor der Pandemie sei die Auslastung bei rund 98 Prozent gelegen. Viele Menschen zögern offenbar bis zuletzt mit einem Übertritt ins Heim.

«Wir erhalten sehr viele Anfragen, ob es noch freie Plätze hat. Dann wird aber gewartet, bis es fast nicht mehr geht.»

Die Bewohner, die neu hinzustossen, seien gesundheitlich bereits stark eingeschränkt. «Das war vorher schon so, aber diese Tendenz hat sich nun weiter verstärkt.»

Im Suhrhard hat sich die Situation wieder erholt

Lars Weissbarth geht davon aus, dass sich die Situation wieder erholen wird, wenn sich die Coronalage weiter bessert. Bereits eingetreten ist dies zum Beispiel im normalerweise stets ausgelasteten Buchser Alterszentrum Suhrhard: Während der Coronawellen sank die Auslastung auf um die 91 Prozent, Stand jetzt habe sich dieser Wert aber auf die gewohnten 99 Prozent erholt, sagt Geschäftsführerin Ursula Baumann. Auch dort hätten die Übertritte aus den Spitälern gefehlt; weil Operationen hinausgezögert worden waren, oder schlicht auch aus Angst. «Wir hatten weniger Anwärter auf einen Kurzzeitplatz für Rehabilitationen.»

Das Alterszentrum Suhrhard in Buchs.

Das Alterszentrum Suhrhard in Buchs.

Sandra Ardizzone (6.10.2020)

Die Imagekampagne des Aargauer Gesundheitsverbands diesen Sommer, als überall im Kanton Plakate aufgestellt wurden, die die Vorteile eines Heimaufenthalts für ältere Menschen darlegten, scheint das Ziel erreicht zu haben, wie sie sagt. «Wir merken, dass wieder mehr Vertrauen da ist.» Und nicht zuletzt sei der vermehrte Impfgrad der Bevölkerung förderlich. «Es wäre natürlich begrüssenswert, wenn sich noch mehr Menschen impfen lassen würden.»

In Lenzburg war die Auslastung immer hoch

Auf der Walthersburg in Aarau, dem genossenschaftlich geführten Seniorenzentrum, sei die Situation weitgehend normal. Die älteren Menschen seien aber vorsichtiger und ängstlicher geworden und es sei schwieriger, die Wohnungen zu vermieten. «Wir haben Leerstände aber nicht wegen Corona», sagt Geschäftsführerin Karin Frey. «Wo wir Corona merken, ist in unserer Cafeteria: keine Essen für Externe, keine Veranstaltungen für Vereine.»

Das Alterszentrum Obere Mühle in Lenzburg meldet derweil, das alles im Grünen Bereich sei: Laut Zentrumsleiter Michael Hunziker sei die Auslastung nie ein Problem gewesen. Seit Beginn der Pandemie waren die Betten nie unter 96 Prozent belegt. Die strengen Schutzmassnahmen hätten gewirkt.