
Virtueller Rundgang: Oltner fotografiert Brunnen – und verfolgt eine 20 Jahre alte Idee
Die Sonne scheint. Der Brunnen am Stadtturm plätschert ruhig vor sich hin. Nebenan wird Kaffee getrunken. Passanten überqueren den Platz – ohne den Brunnen eines Blickes zu würdigen. Obwohl sich in Olten über fünfzig Brunnen befinden, gehen diese oft unter. Nasser Stein oder Kulturerbe? Der Oltner Rolf Ris ist sich sicher: Brunnen sind sehr speziell aber werden oftmals übersehen.
Um der Oltner Bevölkerung die ortseigenen Brunnen näher zu bringen, hat er ein Projekt in die Wege geleitet. Seit Anfang September sind nun die Brunnen in der Stadt auf seiner Website auffindbar. Die 360-Grad-Fotos zaubern Interessierte direkt an die verschiedenen Brunnenstandorte, ohne dass sie sich dafür vom Sofa bewegen müssen. Das ist natürlich nicht ganz die Idee. Er sagt: «Ich möchte interessierte Oltnerinnen und Oltner dazu animieren, einen Spaziergang durch die Stadt zu machen.»
Auf einer Karte sind die verschiedenen Brunnen markiert. So soll die Suche erleichtert werden.

Es ist ein besonderes Projekt. Denn von der ursprünglichen Idee bis hin zur Ausführung sind viele Jahre vergangen. «Die Idee dazu hatte ich schon Anfang 2000», sagt er. Grund dafür war eine Broschüre der Städtischen Betriebe Olten. Darin werden vier unterschiedliche Spaziergänge aufgeführt, die an diversen Brunnen vorbeiführen. «Ich habe damals schon 360-Grad-Fotos aufgenommen und hatte die Idee, die Brunnen so abzubilden», sagt Ris.
Doch vor 20 Jahren war die Panoramafotografie noch deutlich komplizierter. Zudem brauchte man ein spezielles Tool, um die Bilder ansehen zu können. Die Idee rutschte in den Hintergrund. «Jetzt haben alle ein Handy. Alle haben Zugriff zum Internet», sagt Ris und ergänzt: «Jetzt lohnt es sich.» Zudem hätte er dank seiner Pensionierung und der Einschränkungen der Pandemie viel mehr Zeit zur Verfügung gehabt. Die 20 Jahre alte Idee wurde zur Realität.
Den Brunnen beim Stadtturm hinter sich gelassen, spaziert Ris weiter in Richtung Schützenmattbrunnen. «Das Ganze hat ein paar Monate gedauert, denn ich musste immer zu Randzeiten fotografieren», sagt er. Grund dafür ist vor allem der Datenschutz. Auf den Fotos sollten möglichst keine Personen zu sehen sein – eine Herausforderung bei einer 360-Grad-Aufnahme.
Auch er wollte natürlich nicht auf den Aufnahmen zu sehen sein. «Ich musste mich immer verstecken. Hier beim Schützenmattbrunnen bin ich hinter den Brunnen gekrochen», sagt Ris. Das musste für Passanten ein lustiger Anblick gewesen sein. «Ja, mir haben Passanten auch schon lustige Blicke zugeworfen», erinnert er sich und ergänzt: «Es gibt schon Spinner auf der Welt. Jetzt gibt es einen mehr.» Er lacht und bleibt vor dem Brunnen stehen.
Bifang-Brunnen ist für den Fotografen speziell
Ob er bei der Suche der Brunnen Hilfe hatte? «Nein, ich habe alles allein gemacht», sagt der Oltner. Die 20 Jahre alte Broschüre war die Basis und eine Hilfe. Sie kann bei der aen immer noch bezogen werden, wurde jedoch nicht aktualisiert. Er sagt: «Den ersten Brunnen, den ich gesucht habe, gibt es heute nicht mehr.»
Davon liess sich Ris jedoch nicht abbringen. Bei über 50 Brunnen gab es noch einiges zu tun. Zwei Brunnen konnte er bisher noch nicht Fotografieren. Diese stehen jedoch auf der To-do-Liste.
Mit Blumen geschmückt oder durch eine imposante Skulptur erweitert – jeder Brunnen ist einzigartig. Ob Rolf Ris einen Liebling hat? «Nein, aber der erste Brunnen auf der Webseite ist für mich speziell», erwidert er. Es ist der Bifang-Brunnen. Ein besonderer Anblick, denn unzählige Fischköpfe speien Wasser in die Mitte des Brunnens. Speziell ist er aber nicht etwa deswegen. «Der Brunnen steht vor meinem ersten Schulhaus», sagt Ris. Ein symbolisches Bild also. Wo sein schulischer Weg begann, beginnt auch seine Website.
Möchte kleine Wunder mit der Kamera festhalten
Rolf Ris habe bisher positive Rückmeldungen erhalten. Dass sich das Projekt an Einheimische richtet, ist ihm bewusst. «Wenn nur schon einige Personen Freude daran haben, ist es schön», sagt er und verrät: «Das gleiche mit Skulpturen zu machen, wäre auch interessant.» Das sei im Moment jedoch bloss eine Idee. Versprechen möchte der Oltner nichts.
Fleissig weiter fotografieren wird er bestimmt. Ob Makroaufnahmen oder Brunnen, eines ist ihm besonders wichtig: «Ich fotografiere nicht völlig exotische Dinge, sondern ganz normale Sachen», sagt Ris und ergänzt: «Es ist unglaublich was, sichtbar ist, wenn man genau hinschaut.»
Wer mit verschlossenen Augen durch die Welt läuft, verpasst das Schöne im Alltag. Ris möchte die kleinen Wunder mit seiner Kamera festhalten.