Vladan Antonics zehnstündige Reise für drei Tage WM-Feeling

Die Fussball-Weltmeisterschaft bewegt die Massen. Knapp 3,5 Millionen Zuschauer verfolgten vor vier Jahren bei der Endrunde in Brasilien die 64 Spiele in den Stadien. Über 5 Millionen Menschen besuchten derweil im Laufe der WM die diversen Fanareale in Brasiliens Städten. Auch beim aktuellen Turnier in Russland ist das Interesse ungebrochen.

Um die WM-Atmosphäre vor Ort spüren zu können, nimmt der «echte» Fan gerne einen Umweg in Kauf – so wie Vladan Antonic: Der 39-jährige Wauwiler reiste mit vier Kollegen nach Kaliningrad, um das zweite Gruppenspiel der Schweiz gegen Serbien in der Arena Baltika anzuschauen. Statt des teuren Flugs über Moskau wählte die Gruppe den günstigeren Weg von Zürich via Kopenhagen ins polnische Danzig, ehe mit einem Minibus die letzten 200 Kilometer bewältigt wurden.

Zehn Stunden dauerte die Anreise, inklusive längerem Aufenthalt an der Grenze zur russischen Exklave wegen der rigorosen Sicherheitskontrollen. «Auf den Schutz der Gäste wird grossen Wert gelegt. Am Rand der Fanmeile standen beispielsweise Lastwagen als Blockade. Man spürte, dass nichts passieren soll», erzählt Vladan Antonic, der sich während seines dreitägigen Aufenthalts jederzeit sicher gefühlt hat.

«Alle freuen sich darauf»
Bereits am Abend nach der Ankunft wurden Vladan Antonic und seine Kollegen – fünf weitere sind in Kaliningrad dazugestossen – für ihre Strapazen entschädigt. Auf der WM-Fanmeile verfolgten sie Argentiniens Gruppenspiel gegen Kroatien und feierten anschliessend trotz 0:3-Pleite mit Anhängern der «Albiceleste». Genau dieser völkerverbindende Charakter macht für Antonic den Reiz des grössten Fussballfests aus. «Die Weltmeisterschaft ist anders als der Ligaalltag. Ob jung oder alt, alle freuen sich auf das Turnier», sagt der Rotationsdrucker, der bei den Senioren des FC Wauwil spielt und bereits während der WM 2006 zwei Wochen lang durch Deutschland gereist ist.

Auch am Tag des zweiten Schweizer Gruppenspiels kamen die WM-Touristen in den Genuss dieser friedlichen Atmosphäre. Am Nachmittag nahmen Vladan Antonic und seine Freunde am Schweizer Fanmarsch ins neu gebaute Stadion teil, das ihm sehr gefallen hatte. Umso ärgerlicher sei letztlich der Doppeladler-Jubel von Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri beim 2:1-Sieg der Schweiz gewesen. «Die Aktion war total unnötig, sie hat die gute Stimmung in beiden Fan-Lagern getrübt», sagt Antonic. Der schweizerisch-serbische Doppelbürger hält generell nichts davon, wenn der Fussball für politische Zwecke missbraucht wird. «Das hat auf dem Rasen nichts zu suchen», sagt er.

Spannendes Hin und Her
Sein Ärger war aber dank des spannenden Hin und Her, das sich die Schweiz und Serbien geboten haben, schnell verflogen. «Serbien war in der ersten Halbzeit stark und hätte nach der Pause einen Penalty erhalten müssen, aber die Schweizer wurde je länger, desto besser», lautet sein Fazit.

Am Sonntagabend war das persönliche WM-Abenteuer für Vladan Antonic bereits wieder vorbei. Via Danzig, Warschau und Zürich kehrte Antonic zu seiner Frau und den drei Kindern zurück. «Ich wäre gerne länger geblieben, aber es hat auch so gepasst», sagt er .

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