
Vom Anzug in T-Shirt und Trekkinghose
Neuer VR-Präsident
Der 1965 geborene Robert Böck aus Rothrist soll die Nachfolge von Thomas Lehner als Verwaltungsratspräsident der Raiffeisenbank Region Zofingen antreten. Böck hat eine Berufslehre zum Schaltanlagenmonteur absolviert und eine Weiterbildung zum Energietechniker absolviert. Zudem hat er ein Weiterbildungsdiplom der Hochschule St. Gallen in KMU-Management. Seit 1994 ist er Mitglied der Geschäftsleitung bei der F. Borner AG in Reiden. Seit 2008 ist er CEO dieses Unternehmens.
Neue Verwaltungsrätin
Neu Einsitz nehmen im Verwaltungsrat der Raiffeisenbank Region Zofingen soll Simone Eberhard-Burki (1980) aus Muhen. Sie hat Rechtswissenschaft an der Universität Fribourg studiert und sammelte unterschiedliche Berufserfahrungen in der Bankenbranche, auf Grundbuchämtern und in Anwalts- und Notariatsbüros. Seit 2017 ist sie Juristin und Mediatorin bei Baumberger + Frey Rechtsanwälte in Aarau und seit 2018 Geschäftsführende Friedensrichterin Kreis I im Bezirk Aarau. Sie ist verheiratet und Mutter dreier Kinder.
Rolf Kyburz sitzt in einem frisch renovierten Sitzungszimmer der Raiffeisenbank Zofingen an der Vorderen Hauptgasse 51 und legt einen Badge auf den Tisch. «Das ist mein allerletzter Termin», sagt er. «Nach diesem Interview gebe ich meinen Badge ab.»
Kyburz trägt ein Sportshirt, der Anzug hängt schon eine Weile im Schrank. Anfang Jahr hat er seinen Job als Vorsitzender der Bankleitung an Dominik Reichlin übergeben. 21 Jahre lang hat Kyburz die Traditionsbank geführt. Am 3. April wollte er sich an seiner letzten Generalversammlung von den Genossenschafterinnen und Genossenschaftern verabschieden. Geplant war eine kleine Show: Kyburz hätte seinen Anzug auf der Bühne ausgezogen, darunter zum Vorschein gekommen wäre ein sportlicher Pensionär in T-Shirt und Trekkinghose. Den Anzug hätte er seinem Nachfolger überreicht, dann wäre er auf ein vollgepacktes Velo gestiegen und hätte die Bühne radelnd über eine Rampe verlassen. «Es wäre alles angerichtet gewesen», sagt Kyburz. «Schade, dass Corona alles verhindert hat.»
Verwaltungsratspräsident Thomas Lehner, der ebenfalls am Tisch sitzt, pflichtet ihm bei. «Ein gutes Drehbuch.» Auch er bedauert, dass er sich nicht mit einem Dankeschön verabschieden kann – auch für Lehner wäre es die letzte Generalversammlung gewesen. Jetzt muss er etwas länger am Ruder bleiben als geplant. Andererseits: «Rolf Kyburz und ich wissen, dass wir uns nicht zu wichtig nehmen dürfen. In einem Jahr sind wir sowieso Geschichte.»
Eine sehr erfolgreiche Geschichte, wie man anfügen darf. Als Kyburz die operative Leitung vor mehr als zwei Jahrzehnten übernahm, lag die Bilanzsumme bei rund 200 Millionen Franken; als Lehner vor 15 Jahren in den Verwaltungsrat gewählt wurde bei rund 550 Millionen. Letztes Jahr knackte die Bank die Milliardengrenze und erreichte das zweitbeste Ergebnis in ihrer Geschichte – Zahlen, die man an der Generalversammlung gerne nochmals gezeigt hätte.
Nun findet die GV schriftlich statt, wie die Bank vor einigen Tagen auf ihrer Website angekündigt hat. «Verschickt werden die Unterlagen am
4. Juni», erklärt Lehner. Dann haben die Genossenschafterinnen und Genossenschafter rund drei Wochen Zeit, ihre Stimmen abzugeben; spätestens am 24. Juni müssen sie auf der Post sein. Am 30. Juni wird ausgezählt, überwacht von einem Notar. Am 2. Juli werden die Resultate publiziert – dass die Genossenschafter den Anträgen des Verwaltungsrats nicht folgen werden, ist nicht zu erwarten. Ein wichtiges Traktandum sind die Mutationen im Verwaltungsrat: Der bisherige VR Robert Böck soll die Nachfolge von Thomas Lehner antreten; neu zur Wahl in das Aufsichtsgremium vorgeschlagen ist Simone Eberhard-Burki.
Hatten die beiden scheidenden Zofinger Bankchefs in den letzten Wochen angesichts der düsteren bis pechschwarzen Wirtschaftsprognosen schlaflose Nächte? Kyburz und Lehner verneinen unisono: «Die Raiffeisenbank Region Zofingen ist sehr gut aufgestellt», sagen sie. Die Eigenkapital-Vorschriften der Finanzmarktaufsicht würden um ein Mehrfaches übertroffen. Und nun zahle sich aus, dass man im Immobilienbereich trotz rekordtiefer Zinsen zurückhaltend und vorsichtig agiert habe. «Unsere Schuldnerschaft ist sehr solide», ist Kyburz überzeugt. «Vor allem bei den Renditeliegenschaften waren wir zurückhaltend.» Diese dürften die Krise als Erste zu spüren bekommen, weil die Einwanderung über längere Zeit zurückgehen dürfte.
Andererseits seien die Auswirkungen noch gar nicht richtig überschaubar, glaubt Thomas Lehner. «Man muss realistisch sein: Da kommt noch ein Rattenschwanz auf uns zu, nicht zuletzt droht ein Einbruch bei den Steuereinnahmen», sagt er. Die Banken- und Treuhandbranche sei zurzeit noch wenig betroffen. Aber: «Sie wird eingeholt werden.» Die Notkredite seien ein gutes Instrument gewesen, um den Druck von den betroffenen Betrieben wegzunehmen. Allerdings sei zu befürchten, dass einige gar nicht in der Lage sein werden, diese zurückzuzahlen. Früher oder später werde sich der Bundesrat deshalb überlegen müssen, unter welchen Kriterien die gesprochenen Kredite ganz oder teilweise erlassen werden.
Die nächsten Monate, die ausgesprochen schwierig werden dürften, werden die beiden zwar gespannt, aber aus etwas grösserer Distanz verfolgen. Aus Rolf Kyburz’ Plan, ans Nordkap zu radeln, wird vorerst nichts. «Meine Frau und ich ziehen die Wanderschuhe an und entdecken die Schweiz neu», sagt er. Thomas Lehner hat sich für die Zeit vom 8.8. bis 10.10. einen Camper gemietet; ob er damit über die Grenze fahren wird, weiss er noch nicht. «Wenn nicht, bleiben meine Frau und ich einfach in der Schweiz. So oder so freue ich mich auf dieses Sabbatical, das ich schon lange geplant habe.»