Walter Glur – ein glücklicher Senior-Landwirt

Walter Glur im Dezember 1999 als SVP- Nationalrat des Kantons Aargau. Archiv ZT
Walter Glur im Dezember 1999 als SVP- Nationalrat des Kantons Aargau. Archiv ZT

SERIE

Im Rahmen der Serie «Was macht eigentlich …?» haben Redaktorinnen und Redaktoren dieser Zeitung mit Menschen gesprochen, die Schlagzeilen gemacht haben. Wir fragen nach, was sie heute machen – und schwelgen mit ihnen in Erinnerungen.

Walter Glur bittet für das Gespräch ins Stöckli. Seit sein Sohn Christian – Meisterlandwirt wie der Vater – den Hof übernommen hat, leben Walter und seine Frau Annelise in einer Wohnung im Obergeschoss des Glur-Hauses auf dem 33 Hektaren umfassenden Hof. Oben auf der zum Wintergarten ausgebauten Terrasse schweift der Blick über grüne Matten hinüber zum Boowald. «Kaum zu glauben», sagt Walter Glur, «dass wir hier im Zentrum der Schweiz sind.» Dank seiner zentralen Lage war der Hof in der Aktivzeit des Politikers und Vorstandsmitglieds landwirtschaftlicher Verbände oft Treffpunkt für Sitzungen und Veranstaltungen.

Das ist der Glur-Hof noch immer und Walter Glur – von 1981 bis 1999 Mitglied des Grossen Rates und von 1999 bis 2011 Nationalrat – hat sich nicht ganz von der Politik abgenabelt. Zum einen ist er ein politisch interessierter und aktiver Bürger, zum anderen Präsident der ehemaligen Mitglieder des Bundesparlaments. Da gilt es Anlässe zu organisieren und die Präsidien ähnlicher Vereinigungen im Ausland zu besuchen. So war er unter anderem zusammen mit seiner Frau Gast des EU-Parlaments in Strassburg. «740 Parlamentarierinnen und Parlamentarier – da wird die politische Meinungsfindung schwierig.»

Rund 550 ehemalige Mitglieder des Stände- und Nationalrats gibt es. Das ist eine grosse Zahl. «Ja», sagt Glur, «und nicht alle sind freiwillig aus ihrem Amt geschieden.» Im Schnitt hätten in den letzten Jahren jeweils 28 Parlamentsmitglieder die Wahlhürde nicht geschafft. Viele seien danach in ein Loch gefallen. «Nicht die Person, sondern das Amt steht im Zentrum – Einladungen bleiben aus und man läuft Gefahr, plötzlich alleine zu sein.» Walter Glur hat das oft bei anderen erlebt und in seinem Leben Gegensteuer gegeben – konsequent Freundschaften auch ausserhalb der Politik intensiv gepflegt. «Dennoch», sagt Glur, «es ist nicht einfach, den richtigen Zeitpunkt für den politischen Abgang zu finden.» Er ist im Alter von 68 Jahren 2011 nicht zur Wiederwahl angetreten und hat dies auch zum Anlass genommen, verschiedene Verbandsmandate rund um Landwirtschaft, Viehzucht und Fleischvermarktung niederzulegen. «Ich bin stolz darauf, Landwirt zu sein, und deshalb auch stolz, dass ich für den Bauernstand etwas erreichen konnte.»

Stolz ist er auch auf seinen Sohn Christian und dessen Familie. Gerne dient er ihm bei Bedarf als Berater und hilft ab und zu auf dem Hof mit. «Wenn man zu den Tieren in den Stall gehen und mit dem Traktor fahren kann – das ist das Schönste, was es gibt.» Apropos Tiere. Auf dem Glur-Hof werden 250 Mastrinder und 200 Schweine nach den Richtlinien des Qualitätsmanagements Schweizer Fleisch gehalten – die liegen über den Vorgaben des Tierschutzgesetzes. Dies wollen die Glurs in den nächsten Monaten weiter verbessern. Aus dem heutigen Wagenschopf wird ein Deluxe-Stall für Jungkälber. Christian stehen für die Bauphase nicht nur der Vater, sondern auch zwei Lehrlinge zur Seite. Stolz sagt Walter Glur dazu: «Wir haben das, von dem Gewerbetreibende träumen: Bezirksschulabsolventen, die Bauer werden wollen.» Die Landwirtschaft sei eine Berufung und die Anforderungen an junge Berufsleute sehr hoch. Nicht wirklich glücklich ist Glur über die aktuelle Berufsschulausbildung für angehende Landwirte und Landwirtinnen. Das aber ist ein anderes Thema – für einen anderen Zeitungsartikel …