Wechselbad der Gefühle bei den Turnern: von entspannt zu enttäuscht und erleichtert

Alles begann mit einem Schmunzeln. Als Anfang des Jahres 2020 immer mehr Meldungen in Europa über ein gewisses Coronavirus kursierten, kamen auch beim Organisationskomitee des Kreisturnfests Zofingen erstmals Zweifel ob der Durchführung im Juni auf. Wirklich daran gedacht, dass der Event nicht stattfinden könnte, hat allerdings niemand. «Wir lachten alle und waren der Meinung, dass diese Geschichte bis im Sommer längst beendet ist», sagt Jennifer Flückiger. Die 31-jährige Architektin aus Vordemwald, die im OK zusammen mit Stefan Trachsel das Wettkampfressort betreut hat, und ihre Mitstreiter wurden aber schnell eines Besseren belehrt. Ende März, zwei Wochen nach dem Lockdown-Beginn in der Schweiz, verkündete das OK die Verschiebung des «Turnfest Zofige» um ein Jahr. «Wir waren zu diesem Zeitpunkt froh, dass das geklappt hat», sagt Jennifer Flückiger, «wir wussten alle, wie viel Arbeit wir in das Turnfest reingesteckt hatten».

Als das OK unter der Leitung der Co-Präsidenten Philipp und Mathias Moor im Sommer die Vorbereitung wieder aufnahm, machte sich trotzdem bald einmal Ernüchterung breit. Die Verantwortlichen realisierten, dass sich die Situation in absehbarer Zeit kaum bessern würde und fassten nun sogar die definitive Absage des Turnfests ins Auge. Dieser Schritt wurde schliesslich Mitte Oktober Tatsache. «Wir haben diverse Möglichkeiten für eine alternative Durchführung geprüft. Die Ungewissheit bei der Planung war aber schlicht zu gross», sagt Jennifer Flückiger, die im ersten Moment mit dem Entscheid zu kämpfen hatte. «Letztlich war es nach dem langen Hin und Her und den vielen offenen Fragen aber eine Erleichterung», sagt sie.

Sie wäre mit ihrem Team bereit gewesen für die über 7000 Gäste

Die Vereinsmitglieder des organisierenden STV Vordemwald, der 2020 sein 125-Jahr-Jubiläum feiert, nahmen die Absage gefasst zur Kenntnis. «Es finden keine Konzerte und nur Fussballspiele ohne Zuschauer statt. Da konnten unsere Leute eins und eins zusammenzählen», sagt Jennifer Flückiger. Ausserdem hätte ein grosser Teil der STVV-Turnenden bisher keinen Aufwand für das Turnfest betreiben müssen, weshalb sich der Schaden für sie in Grenzen hielt. Bei ihr sieht das anders aus: Als Wettkampfverantwortliche im OK, Oberturnerin und Vorstandsmitglied des STV Vordemwald hätte das Heim-Turnfest Jennifer Flückiger in vielerlei Hinsicht gefordert. Sie hätte sich der Aufgabe, den über 5000 Aktiven und 2000 Jugendlichen der angemeldeten 339 Vereine ein unvergessliches Wochenende zu bieten, gerne gestellt. «Wir waren gut aufgestellt im OK. Ich teilte meine Arbeit mit Stefan und konnte mich auf viele tolle Leute verlassen», sagt Flückiger. Auch auf Vereinsseite durfte sie auf eine breite Unterstützung zählen: «Wir sind ein cooles Leiterteam, das neben allen Arbeiten gewillt war, mit der Riege am eigenen Turnfest zu starten», erzählt Jennifer Flückiger. Der ganze Verein habe sich auf den Grossanlass der Kreisturnverbände Zofingen, Brugg und Aarau-Kulm gefreut, was sie zur Überzeugung brachte, «dass unser Plan gut funktioniert hätte». 

 

Wie viele Stunden Jennifer Flückiger seit der Zustimmung für das Turnfest an der Generalversammlung des STV Vordemwald im Februar 2018 investiert hat, weiss sie nicht. An die 20 OK-Sitzungen seien es aber schon gewesen, meint Flückiger. Auf Basis der Zeitpläne haben ihre Leute bereits die Material-, Helfer- und Schichtpläne erstellt. «Vieles wurde auf Papier notiert. Das wandert jetzt in einen Ordner für ein allfälliges Fest in der Zukunft», sagt Flückiger. Aus diesem Grund betrachtet sie den Aufwand trotz abgesagtem Event nicht als vergeblich. «Ich kann mir gut vorstellen, dass wir in ein paar Jahren, falls wir es mit der Organisation eines Anlasses nochmals versuchen wollen, auf diese Unterlagen zurückgreifen werden», so Flückiger. Ob und wann der STV Vordemwald diesbezüglich das Heft wieder in die Hand nehmen will, stehe noch in den Sternen. «Aus Selbstschutz wollen wir die nächsten Projekte wie etwa unseren Turnibutz-Cup nicht jetzt schon in Angriff nehmen», sagt Flückiger. Klar ist bis jetzt nur, dass das Jubiläumsfest, das als interner Vereinsanlass über die Bühne gegangen wäre, auf 2021 verschoben wurde.

Trotz der Absage gab und gibt es viel zu tun

Noch sind die Vordemwalder ohnehin mit ihrem Turnfest beschäftigt. Bestellungen von Geräten werden storniert, Gespräche mit Sponsoren geführt, Leiterpreise verkauft und die Abschlussrechnung erstellt. «Es gibt noch einiges zu tun, dabei sind aber hauptsächlich die anderen Ressorts involviert», sagt Jennifer Flückiger. Gerne hätte sie auch einen gemeinsamen Abschluss mit den rund 50 Mitgliedern des Gesamt-OK durchgeführt, was die Coronapandemie aber bis auf Weiteres nicht zulässt. Um den Leuten trotzdem für ihren Einsatz zu danken, haben alle eine selbst zusammengestellte Geschenketasche erhalten.

Was sie vom 10. bis 13. Juni des kommenden Jahres machen werde, weiss sie noch nicht. Wie alle Turnerinnen und Turner hofft auch Jennifer Flückiger, dass sie sich im Sommer wieder ohne Einschränkungen mit ihresgleichen treffen darf. «Für den STV Vordemwald und mich stellt das Turnfest neben dem Turnerabend den Höhepunkt des Jahres dar», sagt Flückiger. Neben dem sportlichen Aspekt hebt sie den gesellschaftlichen Stellenwert hervor. «Das Resultat ist wichtig, das gemeinsame Zusammensein an einem Ort mit unseren verschiedenen Riegen, Zuschauern und ehemaligen Turnerinnen und Turnern aber noch viel mehr», sagt sie und betont: «Das geniessen wir sehr.»

Hier geht es zur Übersicht, welche Events und Meisterschaften ebenfalls verschoben oder abgesagt werden mussten.