
Wegen Nässe und Kälte: Ein äusserst schlechtes Honigjahr
«Honig gibt es dieses Jahr praktisch nicht», sagt Hans Burkhard. Der 58-jährige Burkhard betreibt nebenberuflich eine topmodern ausgerüstete Wanderimkerei in der Rishalden in Rothrist, hauptberuflich ist er Betriebsleiter beim grössten Schweizer Kühlschrankentsorger. Obwohl er ein derart katastrophales Jahr in seiner langen Imkerkarriere noch nie erlebt hat, mag Burkhard überhaupt nicht ins Jammern verfallen. «Ich kann die Situation ja nicht ändern», sagt er. Immerhin sei er froh, dass er vom hervorragenden letzten Jahr noch Honig an Lager habe. «So kann ich unseren treuen Kunden auch dieses Jahr Honig liefern.»
Von der Blüte der ersten Kirschbäume bis zum Ende der Blüte der letzten Rapsfelder dauert es rund sieben Wochen. «Diese Zeit ist für die Entwicklung der Bienenvölker enorm wichtig», betont Burkhard. Aber: Dieses Jahr gab es wegen der herrschenden Nässe und Kälte nur etwa 7 gute Flugtage anstelle der 50, die bei durchgehend warmem Wetter möglich wären. Ein Bienenvolk benötigt pro Tag etwa 400 Gramm Nektar, damit es sich entwickeln kann. In der siebenwöchigen Periode müsste es also rund 20 Kilogramm sammeln, um sich zu entwickeln. Als Vergleich: An einem sehr guten Tag kann ein Bienenvolk rund 2,5 Kilogramm Nektar sammeln.
Dieses Jahr waren es über die siebenwöchige Blütezeit insgesamt nur etwa drei Kilogramm. Eine fatale Situation. «Ganz klar, ohne Imker hätten die Bienen diese Wettersituation nicht überlebt», sagt Burkhard. Schon im Frühling musste Zuckersirup zugefüttert werden – im ganzen Mittelland gab es kaum Blütenhonig. Einzige Ausnahme: Oberhalb von 1600 Metern gab es geringe Erträge, wie Burkhard weiss.
Und die Situation beim Waldhonig? Während Blütenhonig überwiegend aus Blütennektar besteht, sammeln die Bienen für den Waldhonig den sogenannten Honigtau. Honigtau ist eine zuckerhaltige Substanz, die von pflanzensaugenden Insekten ausgeschieden wird, insbesondere von Pflanzenläusen. «Auch Fehlanzeige», betont der Rothrister Wanderimker, «dieses Jahr gab es in den Wäldern kaum Läuse.» Deshalb werde es dieses Jahr auch keine Wespenplage geben, ist sich Burkhard sicher, denn die Wespen sind verhungert.
Das Imkern liegt in der Familie
«Bienen waren in unserer Familie seit eh und je präsent», betont Burkhard. Bereits Grossvater Otto Burkhard war ein emsiger «Bienler». Die Imkertradition in der Familie wurde in der Folge von Vater Hans Burkhard senior hochgehalten.
Mehr noch: «Mein Vater war einer der Pioniere in der Waldtrachtforschung und auch Gründungspräsident der Wanderimkervereinigung», betont Burkhard. Die Faszination für Bienen übertrug sich auch auf die dritte Generation. In der Wanderimkerei von Hans Burkhard ist das Wissen von drei Generationen vereint.
Wie alles angefangen hat, daran erinnert sich Burkhard noch genau. Mit sieben Jahren habe er seinem Vater im Keller Holz stibitzt und daraus Bienenkästchen gezimmert, erzählt er. «Und die Bienen habe ich mir anschliessend ebenfalls heimlich bei meinem Vater beschafft», verrät der 58-Jährige weiter. Der Vater habe das natürlich bemerkt, aber nie etwas gesagt – «im Gegenteil, er hat sich über meinen ‹Diebstahl› sehr gefreut», sagt er schmunzelnd. Fürs Imkern wendet Burkhard einen beträchtlichen Teil seiner Freizeit auf.
Denn mit seinem Team, zu dem Beat Wüthrich und Daniel Strub als weitere Imker sowie Lilian Strub (Administration) und Daniela Wälchli gehören, betreut Burkhard rund 150 Bienenvölker. Als Wanderimker verfügen die Burkhard-Imker über ein breites Beziehungsnetz und arbeiten vor allem mit Landwirten eng zusammen. Denn im Gegensatz zum Standortimker verstellen Wanderimker ihre Bienen in Trachtgebiete. Immer in Absprache mit dem jeweiligen Landbesitzer und mit Bewilligung vom Veterinäramt. «Bienen sind in der Schweiz längst nicht mehr in genügender Zahl vorhanden», betont Burkhard, «die Varroa-Milbe und der Einsatz von Pestiziden haben ihnen stark zugesetzt. In dieser Situation werde der Wanderimker zum Partner von Landwirt und Obstbauer, indem er seine Bienenvölker in Trachtgebiete versetze. Das sei eine typische Win-win-Situation. Der Landwirt steigere durch den gezielten Einsatz der Bienen zur Bestäubung seinen Ertrag – der Wanderimker erhalte im Gegenzug den Honig.
Innert drei Tagen werden die Bienenvölker der Wanderimkerei Burkhard in der ganzen Schweiz an den jeweils optimalen Standort platziert. Die Reise beginnt jeweils im Frühling in den blühenden Kirschbaumanlagen im Baselbiet, führt weiter über den Oberaargau und das Emmental und endet schliesslich im hochalpinen Gebiet. Rechtzeitig werden die Bienenvölker im Juni zurück in die Umgebung von Rothrist verstellt – ins Boowald-Gebiet, wo sich die Bienen im grössten zusammenhängenden Tannenwald der Schweiz dem Sammeln von Honigtau widmen können. Wenn das Wetter nicht derartige Kapriolen schlägt wie dieses Jahr.
Besonders stolz ist Burkhard darauf, dass sein Betrieb seit 18 Jahren «Suisse Garantie» zertifiziert ist. «Es gibt nur gerade 23 Imker in der Schweiz, die unter diesem Label produzieren dürfen», betont Burkhard. Erst kürzlich sei der Betrieb kontrolliert worden, ohne jede Beanstandung.
Tag der offenen Tür am Samstag, 2. Oktober
Eine Entdeckungsreise in die spannende Welt der Bienen kann man am kommenden Samstag, 2. Oktober, zwischen 10 und 16 Uhr, machen. Dann lädt die Wanderimkerei Burkhard zu einem Tag der offenen Türen an den Rishaldenweg 31a in Rothrist ein. Geführte Rundgänge geben den Besucherinnen und Besuchern einen vertieften Einblick in die Honigproduktion und in die Welt der Bienen. Eine Kunsthandwerk-Ausstellung sorgt für Abwechslung, an Verkaufsständen kann man sich mit zahlreichen Artikeln eindecken: Apinatura-Produkte wie Handcreme, Lippenbalsam oder Duschmittel sowie mit besonders wertvollem Manuka-Honig aus Neuseeland. Natürlich steht für die Gäste nach dem Rundgang auch ein Verpflegungsstand zur Verfügung und für die Kinder gibt es eine tolle Überraschung.