
Wegen Sicherheitsbedenken: Härkingen zieht Einsprachen ans Bundesverwaltungsgericht
Es muss sich wie ein Déja-vu anfühlen für Daniel Nützi. Bereits vor elf Jahren musste er sich als Neuling im Härkinger Gemeindepräsidium mit dem Ausbau der A1 befassen. Damals betraf es noch den Abschnitt zwischen Härkingen und Wiggertal. Heute, kurz vor seinem Amtsabtritt, ist das ganze Gäu involviert.
Die Bedenken aber sind dieselben geblieben: Lärmschutz, Natur- und Landschutz, Verkehrssicherheit. Daher hat auch Nützi Mitte Januar den offenen Brief der Gemeindepräsidentenkonferenz Gäu an den Regierungs- und Bundesrat unterschrieben, in welchem sie bessere Massnahmen fordern. Denn die Plangenehmigung des UVEK vom Dezember 2020 stellte auch Härkingen nicht zufrieden. Der Gemeinderat hat sogar entschieden, einige abgelehnte Einsprachepunkte an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen.
Zubringerstrasse führt mitten durchs Dorf
Wie Daniel Nützi an einem Gespräch erklärt, handelt es sich dabei unter anderem um Bedenken während der Bauphase der sechsspurigen A1. «Zentral war für uns die Verkehrssicherheit und die Sicherheit auf dem Schulweg», sagt er und holt einen Ortsplan hervor. Laut den Absichten des Bundesamts für Verkehr (UVEK) sollen auf der Husmatt, unmittelbar an der Autobahn, Installationsplätze entstehen – Flächen, die temporär für den Ausbau der A1 dienen.
Nützi fährt mit einem Minenbleistift über die Egerkingerstrasse, die zum grossen Kreisel führt, dann der Hauptgasse entlang bis zur alten Kirche und dann den Cheesturmweg hoch. Das sei die Zubringerstrasse, die das UVEK für die Installationsplätze vorgesehen hat. «Es gibt ganz bestimmt bessere Lösungen als über die Dorfstrasse», sagt er und zeigt gleich die Gefahrenzonen auf. Einerseits sei die Kreuzung bei der alten Kirche zu klein für den zusätzlichen Schwerverkehr, vor allem, wenn sich zwei LKWs kreuzen. Zudem diene die Strasse als Schulweg und erschliesse ein Wohngebiet. «Es werden bestimmt zahlreiche Lastwagen sein, die schlussendlich hier durchfahren werden», so Nützi. «Und dies stellt ein Sicherheitsproblem dar.»
In ihrem Rechtsbegehren von Ende Januar verlangt die Gemeinde daher, dass die Erschliessung der Plätze ausschliesslich über die Egerkingerstrasse erfolgen soll.
Die Gemeinde hat sich für das Schreiben die Hilfe von Fachingenieuren und Juristen geholt, welche die Situation analysiert haben. «Sie haben die Pläne des UVEK technisch hinterfragt und geschaut, wo Handlungsspielraum besteht.»
Gemeinsam mit Nützi und dem Gemeinderat im Ressort Planung, René Luppi, wurde schliesslich ein Entwurf des Rechtsbegehrens zusammengestellt, den der gesamte Gemeinderat an seiner letzten Sitzung diskutierte und genehmigte. Mittlerweile ist das Schreiben beim Bund angekommen.
Die Gemeinde fordert auch mehr Lichtschutz
Der zweite Punkt des Rechtsbegehrens betrifft die Lichtverschmutzung, welche die Autobahn erzeugt. Ein bereits bestehendes Problem, wie Nützi sagt. Er zeigt mit der Minenspitze auf das Autobahnkreuz auf der Höhe der Industrie, unmittelbar nördlich eines Wohnquartiers. Jedes Auto, das in Richtung Zürich oder Basel abbiegt, werfe einen Lichtkegel auf die Fassaden von Wohnhäusern.
«Im Umweltverträglichkeitsbericht ist nicht festgehalten, wie gross die Lichtemissionen von vorbeifahrenden Autos sein dürfen», sagt Nützi. Die Gemeinde fordert daher mehr Sichtschutzwände, um das Wohngebiet vor den Lichtemissionen zu schützen, die nach dem Ausbau der A1 wohl nicht weniger sein werden.
Im nächsten Punkt geht es um den Viehdurchlass, der bei der Firma Studer+Krähenbühl unmittelbar die Autobahn unterquert. Um diesen Punkt zu erklären, muss Nützi ausholen. Der Weg, der durch den Viehdurchlass führe, ist Teil der kantonalen Veloroute durchs Gäu in Richtung Olten. In Zukunft sollen die Velo- und Fusswege zum Egerkinger Bahnhof ausgebaut und direkter werden. Das schliesst auch den Viehdurchlass ein.
Die Gemeinde befürchtet nun aber, dass mit dem Ausbau der A1 diese kleine Unterführung noch unattraktiver wird. Sie fordert den Bund daher auf, dem Weg den Status einer wichtigen Langsamverkehrsachse anzuerkennen und den Durchlass dementsprechend für den Langsamverkehr auszubauen.
Prozesskosten gerechtfertigt
«Der Verursacher ist in der Pflicht», sagt Nützi zu den Kosten, die mit einem möglichen Ausbau des Viehdurchlasses entstehen. Der Bund soll als Bauherr der Ausbaumassnahmen an der Autobahn also dafür zahlen. Die Kosten für die Analyse und den Gerichtsprozess nimmt allerdings die Gemeinde in Kauf. Wie viel das Verfahren schlussendlich kosten wird, kann Nützi nicht einschätzen. Schliesslich hängt es auch davon ab, ob die Gemeinde den Prozess gewinnt oder verliert. Er ist aber überzeugt, dass die Härkinger Bevölkerung den Schritt, den der Gemeinderat gemacht hat, nachvollziehen kann.
«Das Rechtsbegehren ist kein Hüftschuss», sagt er schmunzelnd. Mit der Analyse durch Fachleute sei das Schreiben fachlich gut abgestützt. «Schlussendlich setzen wir uns für die Sicherheit unserer Bevölkerung ein.» Das Verhältnis der Kosten und des möglichen Ertrags würden stimmen. Der Gemeinderat erhofft sich nun bis Ende Jahr eine Antwort vom Bund.