Wegen Virusmutation: Grenzgängern droht nun doch eine Testpflicht

Es ist noch nicht lange her, da haben die 60’000 Grenzgänger aus Baden-Württemberg, die in der Nordwestschweiz arbeiten, gezittert. Sie wären einer Coronatestpflicht unterlegen, hätte Deutschland die Schweiz oder Teile davon zu «Hochinzidenzgebieten» erklärt: Voraussetzung dafür ist eine Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 200. Auch dank der Intervention der grenzüberschreitenden Hochrheinkommission (HRK) wurde erreicht, dass die Grenzgänger auch bei einer solchen Einstufung nicht der Testpflicht unterliegen. Der Pflicht, sich alle 48 Stunden testen lassen zu müssen, entgingen sie noch einmal.

Fallzahlen im Aargau deutlich unter 200

Die Schweiz aktuell als Hochinzidenzgebiet einzustufen, käme angesichts der zurückgehenden Fallzahlen – im Aargau liegen sie derzeit deutlich unter 200 – nicht in Betracht. Dennoch könnte den Grenzgängern nun doch die Coronatestpflicht drohen, falls Deutschland die Schweiz als Virusmutationsgebiet einstuft. Bei einer solchen Einstufung wären keine Ausnahmen von der Testpflicht möglich.

Hintergrund ist, dass die Schweiz auch aktiv immer häufiger nach mutierten Coronaviren sucht. Darauf macht jetzt die «Basler Zeitung» (BAZ) aufmerksam. Tatsächlich sind die Zahlen entsprechend. Im Aargau beispielsweise wurden von den 149 laborbestätigten Coronafällen vom Freitag, 29. Januar, mehr als 30 den mutierten Virusvarianten aus Grossbritannien und Südafrika zugeordnet. 114 Mutanten wurden dort seit Anfang Jahr insgesamt entdeckt. In Basel-Stadt sind laut BAZ bis Montag, 1. Februar, 51 Fälle mit Virusvarianten registriert worden, im Baselbiet 60.

Wie hoch die Zahlen sein müssen, damit Deutschland die Schweiz zu den Mutationsgebieten zählt, ist unklar. Sollte es dazu kommen, verspricht das zuständige Sozialministerium des Bundeslands Baden-Württemberg laut einer Sprecherin:

«Wir werden den Grenzgängern Sonderrechte einräumen und nicht bei jeder Ein- oder Ausreise einen Test verlangen.»

HRK-Präsident und Landammann Stephan Attiger sagt auf Nachfrage der «Aargauer Zeitung»: «Solange es am Hochrhein zwischen den Schweizer Grenzkantonen und dem benachbarten Land Baden-Württemberg keine signifikanten Unterschiede in der Verbreitung der Virusvarianten gibt, erachten wir eine Klassifizierung des Nachbarn als Virusvariantengebiet für nicht erforderlich.» Sollte es aber dazu kommen, verspricht Attiger eine «pragmatisch umsetzbare Testpflicht für Grenzgänger».

Pragmatische Lösung wäre auch im Sinne des Fricktals

Davon würden auch regionale Arbeitgeber wie das Gesundheitszentrum Fricktal profitieren, wo rund ein Drittel der Mitarbeitenden deutsche Grenzgänger sind. «Falls Covid-19-Tests alle 48 Stunden vor Einreise gefordert sind, wäre dies mit einem enormen Aufwand verbunden», sagt GZF-Sprecherin Sibylle Augsburger Hess. Auch die Fricktaler Pharmabranche mit den Hochburgen Kaiseraugst und Stein würde es treffen. So pendeln von den 12’000 Novartis-Mitarbeitenden in der Schweiz 15 Prozent täglich über den Rhein zur Arbeit.