Welches Übel wählen Sie?

Selten hinterliess ein Abstimmungskampf einen so schalen Nachgeschmack wie jener über das neue Geldspielgesetz, über das wir am 10. Juni abstimmen. Rund eine Viertelmilliarde Franken verzocken Schweizer Spieler jährlich auf unbewilligten Glücksspielseiten. Die ausländischen Anbieter zahlen weder Geld an die AHV noch Beiträge an die Kantone zur Unterstützung von Sport und Kultur. Das neue Gesetz öffnet Schweizer Casinos den Online-Markt. Bei einem Ja dürfen sie, und nur sie, künftig im Internet an den Roulette- oder Black-Jack-Tisch laden. Ausländische Anbieter sollen mittels Netzsperren draussen bleiben: Internetprovider wären verpflichtet, Websites von ausländischen Online-Kasinos zu sperren.

Damit schützt der Gesetzgeber zwar Schweizer Casinos, aber um einen hohen Preis, denn auf dem Spiel steht ja nicht die nationale Sicherheit: Ohne Not greift er in die fundamentale Funktionsweise des Internets ein – ganz abgesehen davon, dass versierte Nutzer solche Netzsperren problemlos umschiffen können. Im Abstimmungskampf tragen die Befürworter so dick auf, dass jede Stimmbürgerin und jeder Stimmbürger die Stirn runzeln muss: Bald würden Spielplätze verlottern und Elefantengehege geschlossen, falls man nicht Ja zum Gesetz sage, suggerieren sie. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Die Spielbanken lieferten nach 2007 zwar immer weniger an den Staat ab, in den letzten Jahren haben sich die Abgaben aber stabilisiert. Vorbehaltlos Ja zu sagen, fällt also schwer.

Das Nein-Lager hat sich aber nicht weniger unglaubwürdig gemacht. Eines «Rechtsstaats unwürdig» sei es, dass die Casino-Lobby in der Schweiz ihre Gesetze machen könne, sagte etwa der Co-Präsident der jungen Grünliberalen in der «Arena». Dass ausländische GlücksspielAnbieter das Referendum mit einer halben Million Franken anzuschieben halfen, versuchte er mit halsbrecherischen Argumenten zu verteidigen. Vergeblich: Die Doppelmoral ist zu abgründig.

Wer am 10. Juni ratlos ein Jein einlegt, den kann ich diesmal verstehen: Wir haben die Wahl zwischen einem unbefriedigenden Gesetz und einem von der ausländischen Glücksspiel-Lobby mitfinanzierten Abstimmungssieg.

philippe.pfister@ztmedien.ch