
Weniger verkaufte Abos, tiefere Einnahmen aus Tagungen: Stadttheater Olten muss sparen
Der Saisonauftakt mit dem Janoska Ensemble am Freitagabend im Oltner Stadttheater war fulminant. Die drei Brüder aus dem slowakischen Bratislava und ihr Schwager aus Konstanz baten das Publikum im nur zu einem Drittel besetzten Konzertsaal zur Revolution. So heisst nämlich das neue Programm der vierköpfigen Truppe, die klassische Werke von Mozart und Bach neu bearbeitet oder Welthits der Beatles neu einspielt. Weniger begeistert zeigt sich Direktorin Edith Scott im Interview mit dieser Zeitung, wenn sie über die Entwicklung der Saison 2020/21, deren Programm sie mit ihrem Vorgänger Herbert Schibler zusammengestellt hat, spricht. Sie ist beunruhigt. Die 31-Jährige musste etwa die ersten Änderungen im bereits vor der Coronakrise zusammengestellten Programm vornehmen.
Die vergangene Saison endete wegen der Coronakrise abrupt, auch die neue Saison startet unter speziellen Vorzeichen: Das traditionelle Apéro etwa fiel am Freitagabend aus. Worauf müssen sich die Stadttheater-Besucher einstellen?
Edith Scott: Ab dem Eintritt ins Stadttheater-Gebäude gibt es neu eine Maskenpflicht, sodass der Sicherheitsabstand nicht unbedingt eingehalten werden muss. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit ist das so erlaubt. Gerade vor den beiden Sälen und in den WC-Anlagen ist es zum Teil doch sehr eng. Zudem vermeiden wir so eine Kapazitätsbeschränkung – nur etwa jeden zweiten Sitz zu besetzen, wie wir dies bereits im Juni getan haben. Bei einigen Vorstellungen, die noch nachgeholt werden, hätten wir sonst Besucher ausladen müssen. Ferner werden die Besucherströme gelenkt, damit keine Vermischung stattfindet. Um die Zeit vor der Garderobe möglichst kurz zu halten, ist es neu nicht mehr zwingend, die Jacken abzugeben.
Wie sieht es mit der Bar im Foyer aus?
An jedem Abend wird einzeln entschieden, ob vor der Vorstellung und während der Pause Getränke gekauft werden können. Teilweise wird auf eine Pause ganz verzichtet.
Weil es neu eine Maskenpflicht gibt, kam es anscheinend zu Abokündigungen.
Das ist so. Nur bei einzelnen Abbestellungen war das allerdings der ausschlaggebende Grund. Die meisten Kündigungen gab es von Personen, die einer Risikogruppe angehören und we-gen der allgemeinen Unsicherheit Menschenansammlungen fernbleiben wollen. Statt knapp 1200 Abos wie vergangene Saison verkauften wir bisher etwas mehr als 800 Abos. Das ist ein Rückgang von rund einem Drittel. Zudem bemerken wir auch bei den Ticketverkäufen eine starke Zurückhaltung: Für das Startkonzert gestern Abend verkauften wir rund 150 Tickets, Platz gehabt hätten wir für 450 Leute. Man bewirbt Veranstaltungen und nimmt wahr, dass Ticketbestellungen ausbleiben. Daher ist es für mich schwierig, abzuschätzen, wie die Saison verlaufen wird.
Wie sieht es beim Tagungsbetrieb aus, der ja den kulturellen Betrieb zum Teil querfinanziert?
Es finden zwar wieder vereinzelt Anlässe statt, was zeigt, dass Tagungen unter Einhaltung eines Schutzkonzepts möglich sind. Trotzdem hat sich der Tagungsbetrieb bisher noch nicht erholt und es wird noch einige Zeit dauern, bis wir hier wieder das Niveau vor Corona erreichen werden. Viele Firmen planen keine Anlässe bis Ende Jahr oder sogar länger; andere sind zurückhaltend, weil sie die neuen digitalen Möglichkeiten entdeckt haben oder die Quarantäne von vielen Mitarbeitern bei einem positiven Fall und die damit einhergehende schlechte Presse scheuen. Daher ist unser Tagungsbereich noch immer auf Kurzarbeit, dies die nächsten drei Monate bis Ende November. Beim Kulturbereich haben wir die Kurzarbeit per Ende August eingestellt.
Welches sind die finanziellen Folgen für den Betrieb?
Wir reden derzeit von einem grossen Schaden. Den budgetierten Umsatz von rund zwei Millionen Franken wer-den wir in diesem Jahr sicher nicht erreichen. Wir haben ein Worst-Case- und ein Best-Case-Szenario errechnet – in beiden Fällen kommen wir lediglich über die Runden –, mit mehr oder weniger Umsatzeinbussen.
Sie haben im Frühling gegenüber dieser Zeitung gesagt, dass das Stadttheater wegen der Einnahmenausfälle auch finanzielle Unterstützung beim Kanton beantragt hat. Wie sieht es damit aus?
Wir haben beim Kanton ein Gesuch gestellt für eine Ausfallentschädigung bei den Veranstaltungen, die wegen der Behördenvorgabe im Zusammenhang mit Corona litten. Jedoch wurden wir bisher noch nicht finanziell unterstützt.
Ist wegen der Einbussen ein Sparprogramm nötig?
Wir werden sparen müssen. In welchen Bereichen dies geschieht, wird zurzeit intern diskutiert. Ich kann aber sagen, dass ein Stellenabbau derzeit kein Thema ist.
Was hat Corona für einen Einfluss auf die Programmgestaltung?
Zum einen müssen wir bereits jetzt Änderungen beim Programm 2020/21 vornehmen, das noch vor der Coronakrise fertiggeplant wurde. So haben einzelne Produktionen wie die Hamburger Kammerspiele die gesamte Tournee aus wirtschaftlichen Gründen abgesagt, weil Theater ihre geplanten Vorstellungen wegen Corona strichen (Anmerkung der Redaktion: In Olten hätten sie «Grimms sämtliche Werke» leicht gekürzt am 15. Januar 2021 gezeigt). Wir bemühen uns, gleichwertigen Ersatz zu finden, und lassen ein Veranstaltungstermin nur als letzte Option ganz ausfallen.
Und zum anderen?
Man muss generell die Programmierung mit dem Gastspielbetrieb und die Zusammenarbeit mit ausländischen Agenturen hinterfragen: Funktioniert das künftig noch so? Zudem beunruhigt mich der starke Aborückgang: Dieser tut sehr weh. Uns stellt sich die Frage: Wie holen wir das Publikum wieder zurück?
Die Stadt Olten unterstützt das Stadttheater mit jährlich rund 600000 Franken und hat mit dem städtischen Institut eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen. Kommt es da nun zu Anpassungen?
Bis jetzt sind keine Anpassungen vorgesehen. Wir wollen den Bildungsauftrag erfüllen und die Qualität des Angebots hochhalten. Das Publikum soll nicht das Gefühl erhalten, dass wir als Reaktion auf Corona B-Ware auf der Bühne zeigen. Aber situationsbedingte Änderungen bei den Leistungen oder der Subvention können nie ausgeschlossen werden. Eine Anfrage haben wir diesbezüglich bei der Stadt noch nicht deponiert. Wir sind jedoch mit den beiden Stadträten in unserem Verwaltungsrat und dem gesamten Stadtrat in stetem Austausch.