Wenn es nur Verlierer gibt

 

Chefredaktor Philippe Pfister über eine Geschichte mit fragwürdiger Skandalisierung.

Man darf sich manchmal nicht wundern, wenn Journalisten den Vorwurf hören, sie würden «Fake News» in die Welt hinaus posaunen. Anschauungsunterricht lieferte diese Woche der Fall des entlassenen Feuerwehrmannes aus Uerkheim.

Die unbestrittenen Fakten: Der junge Feuerwehrmann steht nach dem zerstörerischen Gewitter vom vorletzten Samstag für den Rest des Wochenendes im Dauereinsatz. Am Montag erscheint er übermüdet zur Arbeit. Es gibt Knatsch mit dem Arbeitgeber. Noch in der gleichen Woche verliert er seinen Job bei der Holzbaufirma.

Radio Argovia macht daraus eine schnelle Empörungsgeschichte: Feuerwehreinsatz und Kündigung werden in einen kausalen Zusammenhang gebracht. Die Kündigung sei illegal; der Mann habe ein Arztzeugnis gehabt – es sei unmöglich, eine Person mit gültigem Arztzeugnis zu entlassen. Eine Stellungnahme der betroffenen Firma? Wozu auch! Die macht die Geschichte nur kaputt. Der Chef des Feuerwehrverbandes nimmt den Ball im Pendlerblatt «20 Minuten» dankbar auf: ein «krasser Einzelfall» sei das, man sei «bestürzt und befremdet». Das Verständnis, das Firmen der Feuerwehr entgegen brächten, schwinde. Auf den Online-Portalen hagelt es wütende Kommentare.

Doch so eindeutig ist die Sache längst nicht. Der junge Mann war noch in der Probezeit – illegal ist die Kündigung deshalb kaum. Das Arztzeugnis traf ein, nachdem er sich mit dem Chef überworfen hatte. Und mit dem Feuerwehreinsatz habe die Kündigung nichts zu tun, beteuert der Arbeitgeber. Im besten Fall steht also Aussage gegen Aussage. Der Feuerwehrverband hat angekündigt, allenfalls rechtlich gegen die Firma vorzugehen. Ob substanzielle Vorwürfe im Raum bleiben, ist höchst fraglich.

Deshalb gibt es in dieser Geschichte fast nur Verlierer. Der Feuerwehrmann, der den Job los ist; die Journalisten, die unausgegorene Stories in die Welt setzen. Und die Vertreter der Feuerwehr, die dafür kämpfen, dass Arbeitgeber mehr Verständnis fürs Gemeinwohl aufbringen. Das ist ein ehrenwerter, wichtiger Kampf, ohne Zweifel – aber einer, der nicht mit fragwürdiger Skandalisierung betrieben werden sollte.