Wenn man mit 11 Ururenkeln den 106. Geburtstag feiern darf

1912 – Anna Dräyer-Keists Geburtsjahr

Am 1. Januar trat hierzulande das Zivilgesetzbuch in Kraft. Am 12. Februar wurde der letzte chinesische Kaiser Puyi aus der Qing-Dynastie von Premierminister Yuan Shikai zur Abdankung gezwungen. Shikai trat am 10. März als Oberhaupt der Beiyang-Regierung sein Amt als Präsident der Republik China an. Am 14. April rammte der Luxusdampfer Titanic einen Eisberg und versank am 15. April. Am 5. Mai wurden die Olympischen Sommerspiele in Stockholm eröffnet und am 13. Mai erblickte Anna Keist in Mehlsecken das Licht der Welt.

«So viel netter Besuch, das ist ein zweites Fest», freut sich Anna Dräyer-Keist. Am Sonntag feierte die älteste Rothristerin ihren 106. Geburtstag mit ihrer grossen Familie in der Küngoldinger «Linde». Mit ihrem Mann Jakob, der im Alter von 80 Jahren verstorben ist, zog sie neun Kinder gross. Ein Sohn verunglückte tödlich im Alter von 19 Jahren, eine Tochter verstarb mit 51 und ein Sohn mit 83. «Das Schwere und Betrübliche lege ich beiseite», sagt Anna Dräyer-Keist.

Die stolze Grossmutter von 21 Enkeln darf sich auch noch an 44 Urgrosskindern und 11 Ururenkeln erfreuen.«Es sind ziemlich viele an der Zahl», bemerkt Anna Dräyer-Keist in der Cafeteria des «Lindenhofs» in Oftringen. Seit drei Wochen ist die sonst rüstige und vitale Anna Dräyer-Keist im Alterszentrum zur Erholung. «Ich hatte riesiges Glück», betont sie und erzählt von ihrem Treppensturz. Das letzte halbe Jahr verbrachte die Jubilarin abwechselnd bei ihren Kindern und im Eigenheim in Rothrist. Nachdem die Familie zuerst im Säget und dann in der Rubern lebte, wurde 1948 das Einfamilienhaus am Bifangweg 9 bezogen. Bis zu ihrem Sturz meisterte sie den Alltag weitgehend alleine – beim Wocheneinkauf oder bei der Hausarbeit wird sie von ihren Kindern unterstützt, «sie sind unglaublich lieb». Die gepflegte Frau erzählt stolz, dass eine Tochter sie jede Woche frisiere und ihr die Nägel maniküre. In Anna Dräyer-Keists Geburtsjahr 1912 ereignete sich einiges (siehe Box links). Sie erblickte am 13. Mai in Mehlsecken das Licht der Welt. Ab ihrem fünften Lebensjahr wuchs die Jubilarin mit acht Geschwistern in Wikon auf. Nach der Schule zog sie mit 14 Jahren zu Tante und Onkel nach Winterthur, wo sie im Milchgeschäft mithalf. «Ich hätte es übernehmen können. Doch der Dräyer Joggi kam dazwischen», sagt sie lachend. Ihren Mann, den Rothrister Jakob Dräyer, lernte sie mit 16 Jahren bei der Arbeit in der Weberei in Strengelbach kennen. Auf die Hochzeitsfeier mussten die beiden verzichten, da der erste Sohn 1932 bereits im siebten Monat zur Welt kam. «Es gab eine schlichte Trauung im Zofinger Spital.»

Reich beschenkt
Die Familie ist ihr Mittelpunkt: «Am Sonntag haben mich fast alle besucht, mit mir gefeiert und mich auch mit Blumen beschenkt», so die Blumenliebhaberin. Einen weiteren Strauss und Einkaufsgutscheine gab es vom Rothrister Gemeindeammann Ralph Ehrismann. «Ich werde ja reich beschenkt», freut sich Anna Dräyer-Keist und betont: «Das Glückwunschschreiben werde ich wie die anderen ins Fotoalbum kleben.» Und zum Feiertag hat sie sich gestern Rösti und Leberli bestellt.