«Wer keine Impfung will, soll die Konsequenzen selber tragen»: Partygäste sollen Tests selber bezahlen

Die Impfkampagne in der Schweiz ist ins Stottern gekommen. Anfang Juni erreichte sie mit einem Tagesdurchschnitt über 90’000 verabreichten Impfdosen einen Höhepunkt. Seither ist diese Zahl um einen Drittel gesunken. In der letzten Woche lag dieser Wert im Schnitt noch bei knapp über 58’000 Dosen – Tendenz sinkend. Erst 41.7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind vollständig geimpft.

Insbesondere bei jüngeren Menschen ist die Impfbereitschaft tief. In der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen waren bis zum 11. Juli erst 27.3 Prozent vollständig geimpft, weitere 18.1 Prozent hatten immerhin eine Impfdosis erhalten.

Nun soll der Ausgang als Hebel dafür eingesetzt werden, dass sich mehr Junge impfen lassen. Oder genauer gesagt: Wer sich nicht impfen lasse, aber trotzdem Party machen will, soll dafür in die eigene Tasche greifen müssen.

«Nicht haltbar, sich auf Kosten der Allgemenheit testen zu lassen»

Der Stadtberner FDP-Parlamentarier Tom Berger fordert auf Twitter ein Ende der Gratistests für ungeimpfte Personen, sobald alle die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen. Ab diesem Zeitpunkt sei es «nicht mehr haltbar, dass sich Leute jedes Wochenende auf Kosten der Allgemeinheit testen lassen».

Bisher haben ungeimpfte Personen im Nachtleben im Prinzip keinen Nachteil gegenüber geimpften Personen – ausser dem Risiko, sich mit Covid-19 anzustecken und möglicherweise schwer zu erkranken. Für den Zugang zu Clubs und Diskotheken muss man lediglich ein gültiges Covid-Zertifikat vorweisen können. Ob man dieses dank einer vollständigen Impfung, einer Genesung oder eines negativen Covid-Tests erhalten hat, spielt keine Rolle. Die Kosten für die Tests übernimmt weiterhin die öffentliche Hand – sprich die Steuerzahlenden.

Dass nun ausgerechnet der Co-Fraktionschef der Stadtberner FDP ein Ende der Gratistests fordert, lässt aufhorchen. Denn Tom Berger amtet auch als Co-Präsident der Bar- und Clubkommission Bern (BuCK), welche sich in der Bundesstadt für die Interessen des Nachtlebens einsetzt.

Gratistests für Partygänger als «verheerender Trugschluss»

Auch in Zürich wird die Forderung laut. «Impfen statt testen!», schrieb der bekannte Club «Exil» beim Escher-Wyss-Platz auf Facebook. Es bestehe die Gefahr, dass die als Übergangslösung angedachten Schnelltests zum «Rohrkrepierer für die Impfung» werden könnten.

Gegenüber dem Tages-Anzeiger erklärte Mitgründer Dominic Müller, das «Exil» fühle sich nicht nur als von den Coronamassnahmen direktbetroffener Betrieb, sondern auch aufgrund der Reichweite des Clubs verpflichtet, sich für die Impfung starkzumachen. Das sei im Nachtleben bisher zu wenig passiert, findet Müller:

«Man war in unserer Branche bisher in dieser Frage leider sehr zurückhaltend, das finde ich etwas enttäuschend.»

Der Zugang zu temporären Covid-Zertifikaten via Gratis-Schnelltests entwickle sich als vermeintliche Alternative zur Impfung, schreibt der «Exil»-Club auf Facebook. Das könne in der jungen, aktiven und mobilen Zielgruppe des Clubs ein «verheerender Trugschluss» sein.

Die Schnelltests seien eine Hintertür, um keine Impfung machen zu müssen, und seien erst noch gratis, sagt Müller dem Tages-Anzeiger. Das habe Menschen, die unsicher sind, ob sie sich impfen wollen, in ihrer Haltung bestätigt: «Ich behaupte: Die Nachfrage nach Impfungen ist auch deshalb eingebrochen».

Macron macht bereits ernst – Deutschland diskutiert

In anderen Ländern hat die Forderung nach einer Abschaffung der Gratistests zwecks Steigerung der Impfquote bereits die Politik erreicht. In Frankreich etwa hat Staatspräsident Emmanuel Macron angekündigt, dass der Zugang zu Kinos, Restaurants, Theatern oder auch Fernzügen ab August nur noch mit einer Impfung oder einem negativen PCR-Test möglich sein soll. Ab dem Herbst sollen Ungeimpfte diese Tests selber bezahlen müssen.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron bei einem Auftritt in Paris.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron bei einem Auftritt in Paris.

Stephane De Sakutin / Pool / EPA

Auch in Deutschland ist das ein Thema: Für Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) ist es «eine Frage der Fairness», dass Ungeimpfte in Zukunft selber für ihre Tests bezahlen müssten. Gesundheitsminister Jens Spahn sagte am Dienstag, «in einer späteren Phase der Pandemie» könne man sicher über einen solchen Schritt nachdenken.