
Wer wird Vizeammann von Zofingen? So präsentieren sich die Kandidierenden
1. Warum sollen die Wählerinnen und Wähler im Hinblick auf den 26. September Ihren Namen auf den Wahlzettel für das Amt des Vizeammanns schreiben?
Rahela Syed (SP): Seit acht Jahren gehöre ich dem Stadtrat an. Zudem bringe ich Erfahrung aus verschiedenen politischen Ebenen (Einwohnerrat, Grosser Rat) sowie aus der Verwaltungsseite mit. Ich bin hier aufgewachsen und deshalb liegt mir Zofingen sehr am Herzen. So wie für mich Zofingen Heimat bedeutet, so sollen sich auch andere Menschen hier zu Hause fühlen. Zofingen soll ein Ort sein, wohin die Menschen gerne kommen. Der Kontakt zur Bevölkerung ist mir sehr wichtig. Ich spreche gerne mit den Menschen und höre zu, im Bewusstsein, dass ich mich für das Gesamtwohl der Bevölkerung einsetzen muss und nicht individuelle Wünsche und Anliegen erfüllen kann.
Andreas Rüegger (FDP): Nach acht Jahren im Stadtrat habe ich einen sehr grossen Erfahrungsschatz erlangt. Nicht nur in meinem Fachgebiet Bau- und Raumplanungsrecht, sondern auch in den anderen Ressorts kann ich diese Erfahrung gewinnbringend einsetzen. Ich habe im Einwohnerrat über 60 Geschäfte erfolgreich vertreten (fast so viele wie alle anderen Mitglieder des Stadtrates zusammen) und zwei wichtige Volksabstimmungen (Umgestaltung Bahnhofplatz und Sanierung Untere Vorstadt) gewonnen. Ich bin überzeugt, dass ich diesen Schwung auch als Vizeammann weitertragen kann.
Robert Weishaupt (Die Mitte): Ich glaube, dafür die nötigen Qualifikationen und Erfahrungen mitzubringen. Ein Vize muss dann bereit sein, wenn der Stadtammann – aus welchen Gründen auch immer – ausfallen sollte. Seit 16 Jahren nehme ich Einsitz im Einwohnerrat, seit acht Jahren präsidiere ich die wichtige Finanz- und Geschäftsprüfungskommission und seit vier Jahren leite ich die Spezialkommission Neubau Oberstufenzentrum. Führungserfahrung konnte ich auch in meinem Velofachgeschäft und in der Interessenvertretung dieses Gewerbes als Präsident von 2rad-mittelland sammeln.
2. Ist Ihre Kandidatur Teil einer längerfristigen Strategie, können Sie sich also vorstellen, irgendwann (Frau) Ammann zu werden?
Syed: Es ist eine logische Folge meiner politischen Karriere, mein Wissen für ein neues Amt einzubringen. Da das Amt des Vizeammanns frei ist, nutze ich die Gelegenheit, mich dieser Wahl zu stellen. Zurzeit ist das Amt der Frau Stadtammann keine Option für mich. Aber: Sage niemals nie, man weiss nicht, was noch kommen wird.
Rüegger: Sag niemals nie. Aufgrund der jetzigen Ausgangslage bin ich der Meinung, dass ich gegen Christiane Guyer und Dominik Gresch keine Wahlchancen hätte. Im Moment bin ich zudem mit meiner beruflichen und privaten Situation sehr zufrieden und möchte nichts ändern, weshalb ich mich aktuell «nur» als Vizeammann zur Verfügung stelle.
Weishaupt: Eher nein, denn dann müsste ich mein Fahrradgeschäft aufgeben. Was man seit 21 Jahren mit Leidenschaft und viel Herzblut macht, gibt man nicht so einfach auf. Dafür arbeite ich auch gerne mal mit Werkzeugen und den Händen. Ich liebe meinen jetzigen sehr vielseitigen Job und all meine Nebenämter, was es noch spannender macht. Somit ist es im Moment (noch) nicht mein Plan, Stadtammann zu werden.
3. Wessen Vize wären sie am liebsten – und warum?
Syed: Diese Frage stellt sich nicht, weil ich gar keine Wahl habe. Ich bin überzeugt, dass ich mit jeder Person gut zusammenarbeiten kann. Die Stimmbevölkerung von Zofingen wird die Frau Stadtammann oder den Herrn Stadtammann wählen und ich werde mit dieser Person gut zusammenarbeiten, sowie mit allen Stadtratsmitgliedern. Als Teamplayerin kann ich auf die unterschiedlichsten Menschen eingehen.
Rüegger: Ich kann mit allen Kandidierenden für das Stadtammannamt gut zusammenarbeiten und schätze sie alle. Mit meiner Führungserfahrung, aber auch mit meiner konzilianten Art kann ich als Bindeglied und Vermittler funktionieren. Vom politischen Profil würde mir Dominik Gresch am nächsten stehen.
Robert Weishaupt: Aus Kollegialitätsgründen ziehe ich hier den Joker.
4. Welche politischen Schwerpunkte möchten sie als (Frau) Vizeammann setzen?
Syed: Das Zusammenleben der unterschiedlichen Menschen und der verschiedenen Generationen mit ihren Meinungen und Bedürfnissen ist mir sehr wichtig. Um das Gleichgewicht zwischen individuellen und gesamtgesellschaftlichen Bedürfnissen zu finden, braucht es Toleranz und Kompromissbereitschaft. Ich werde mich dafür einsetzen, dass dies gelingt.
Rüegger: Unabhängig davon, wer Stadtammann wird, sehe ich meine Rolle als liberales und bürgerliches Gewissen im Stadtrat. Unsere Stadtfinanzen müssen wir weiterhin gut im Griff haben. Darauf werde ich als Vizeammann auf jeden Fall ein besonderes Augenmerk legen müssen. Die Volksnähe der Entscheide des Stadtrats wird auch besonders wichtig sein. Dies kann nur durch gute Kommunikation und transparente Information erreicht werden. Es braucht einen verstärkten Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern; hier müssen wir die althergebrachten Mittel, aber auch digitale Medien vermehrt nutzen. Die längst angekündigten partizipativen Prozesse helfen hier. Strassenbauprojekte sind heute nicht mehr nur reine «Belagsarbeiten». Mit einer guten Gestaltung des Strassenraums, der den Wünschen der Anwohner und Nutzer entspricht, kann eine deutliche Verbesserung erzielt werden. Das Ressort Tiefbau hat diese Mittel bereits erfolgreich angewendet.
Weishaupt: Das sind die gleichen Schwerpunkte, die ich als Stadtrat bereits habe: den sorgfältigen Umgang mit den Steuergeldern und gesunde Finanzen. Auf meiner politischen Agenda steht weiter die Stärkung unseres Bildungsstandorts, die Schaffung guter Rahmenbedingungen für KMU, die Förderung des Langsamverkehrs und eine Bau- und Nutzungsordnung (BNO), welche die Naherholungsgebiete besser schützt und eine bauliche Weiterentwicklung Zofingens ermöglicht, ohne für die nachfolgenden Generationen heute alles zu verbauen.
5. Heute ist der Vize ein Milizamt; würden Sie bei einer allfälligen Reform des Stadtrates das Amt gerne als Vollamt ausüben?
Syed: Die Reform des Stadtrats (z.B. 5 statt 7) wird frühestens in vier Jahren stattfinden. Falls ein weiteres Vollamt zur Diskussion stehen würde, könnte ich mir ein höheres Pensum durchaus vorstellen.
Rüegger: Grundsätzlich bin ich ein Verfechter des Milizsystems, da es meines Erachtens wichtig ist, dass ein Stadtrat nebst der politischen Tätigkeit einen Beruf ausübt, der auch eine Aussensicht ermöglicht. Für den Stadtammann oder den Vizeammann macht allerdings ein Vollamt durchaus Sinn, wegen der Nähe zur Verwaltung und der notwendigen, verftieften Dossierkenntnisse in diesen Führungsfunktionen. Wenn der Stadtrat ein zweites Vollamt mit Schwerpunkt Bauverwaltung und Raumplanung einführen möchte, wäre ich grundsätzlich bereit, mich stärker zu engagieren. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als Rechtsanwalt in den Bereichen Baurecht und Raumplanung könnte ich mich zweifelsohne gewinnbringend einsetzen.
Weishaupt: Auch hier, wie bei der Frage 2, ist die Antwort eher nein. Die Gründe dazu sind die Gleichen wie bei der Frage ob Stadtammann oder nicht. Aber wer weiss, was in vier oder acht Jahren ist.
6. Welche Rolle muss der/die (Frau) Vizeammann innerhalb des Stadtrates spielen – und welche Aspekte dieser Rolle würden Sie besonders betonen?
Syed: Als Vizeammann/Frau Vizeammann ist man Teil eines Gesamtgremiums, das als Team gut funktionieren muss. Dabei ist mir der gegenseitige Respekt besonders wichtig. Der/die Vize darf vermehrt Repräsentationsaufgaben übernehmen, das würde mir sehr liegen.
Rüegger: Der Vizeammann übernimmt nach Gemeindeordnung die Sitzungsleitung, wenn Herr oder Frau Stadtammann verhindert ist. Ansonsten ist der Vize ein Mitglied wie jeder andere Stadtrat oder Stadträtin. Persönlich erachte ich es allerdings als wichtig, dass sich der Stadtammann mit seinem Vize regelmässig auch bilateral abspricht und man sich gegenseitig unterstützen kann. Gerade in der neuen Zusammensetzung wird die Teambildung im Stadtrat von grosser Wichtigkeit sein.
Weishaupt: Ein Vizeammann muss mit dem Stadtammann ein enges Vertrauensverhältnis aufbauen und namentlich dann bereit sein, wenn dieser – aus welchen Gründen auch immer – ausfallen sollte.
7. Gibt es ein ganz konkretes Projekt, das Sie als (Frau) Vizeammann umsetzen wollen?
Syed: Dies hängt stark von der Ressortverteilung innerhalb des Stadtrats ab und weniger von meinem Amt als Frau Vizeammann. In jedem Bereich gibt es interessante Projekte weiterzuführen, neu aufzugleisen oder zu überdenken. Mir sind Projekte für das Zusammenleben, wie Quartierarbeit und der Einbezug der Bevölkerung (Partizipation), wichtig. Der neue Stadtrat wird über das Legislaturprogramm diskutieren und die entsprechenden Schwerpunkte setzen.
Rüegger: Die Digitalisierung der Stadtverwaltung liegt mir besonders am Herzen. Viele Prozesse und Kundenbeziehungen sind umzustellen und müssen effizienter werden. Der Trend zur Digitalisierung hat sich nicht zuletzt während des Lockdowns verstärkt. Wir müssen diesen Elan nun aufnehmen und in diesem Bereich vorwärts machen. Die Digitalisierung kann auch hinsichtlich Information und Kommunikation eine Chance darstellen. Um die Stadt Zofingen gut zu regieren, braucht es eine direkten Draht zur Bevölkerung – alle möglichen Kanäle sind dabei hilfreich.
Weishaupt: Unabhängig vom Vizeamt würde ich gerne ein paar Projekte in Zofingen umsetzen. Sei es die Umgestaltung des Hirschparkes, sei es einen Plan Lumière, welcher die Stadt nicht stärker, sondern besser ausleuchtet und Energie und damit auch Kosten spart. Oder ein attraktives Liegenschaftskonzept und eine durchdachte BNO. Als Vizeammann muss man bereit sein, zu übernehmen, wenn der Stadtammann – aus welchen Gründen auch immer – ausfallen sollte.
8. Welches Dossier stellt in der nächsten Legislatur für Zofingen die grösste Herausforderung dar und warum?
Syed: Verschiedene wichtige Dossiers stehen an. Sicher gilt es weiterhin mit den Finanzen (den Steuergeldern) sorgsam umzugehen. Ein spannendes, zukunftsweisendes Projekt wird der Bau des Oberstufenzentrums sein, wo alle drei Oberstufenzüge in einem Schulhaus unterrichtet werden. Weiter werden wir uns mit verschiedenen spannenden Herausforderungen in den Bereichen der Städteplanung, der Gesundheitsversorgung und der demografischen Entwicklung der Bevölkerung auseinandersetzen.
Rüegger: Es stehen grosse Investitionen in Strasseninfrastruktur und Schulbauten an. Diese zu meistern, wird nicht einfach werden. Einerseits müssen wir diese Bauvorhaben gut planen und für die Bevölkerung verträglich umsetzen. Andererseits dürfen sie nicht zu einer untragbaren Schuldenlage führen. Verträglich heisst für mich, dass die Projekte nachhaltig und ökologisch verträglich umgesetzt werden. Mit den bisherigen Finanzzahlen und dem kontrollierten, qualitativen Wachstum der Stadt Zofingen bin ich aber der Meinung, dass diese Investitionen ohne Steuererhöhungen finanzierbar sein werden. Von daher stehen gesunde Stadtfinanzen zuoberst auf der Prioritätenliste.
Weishaupt: Es sind die Finanzen, welche unbedingt im Auge behalten werden müssen. Wir haben in den nächsten zehn Jahren weiterhin ein hohes Investitionsvolumen und dies endet nicht 2031. Also müssen wir auch mal eine Selbstfinanzierung von über 100 Prozent haben, sonst steigen die Schulden kontinuierlich an. Dennoch sollten wir Investitionen tätigen für den Werterhalt und damit wir den Standortvorteil bewahren oder sogar ausbauen können.
Aber auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, welche uns in verschiedenster Weise vor Herausforderungen stellen werden.
9. Die Dynamik innerhalb des Stadtrates wird sich verändern. Was ist Ihr wichtigster Beitrag, um den neu zusammengesetzten Stadtrat zu einem entscheidungsfähigen, starken Gremium zu formen?
Syed: Gruppendynamische Prozesse sind immer wieder spannend, gerade weil sie nicht immer steuerbar sind. Am Anfang ist es sehr wichtig, dass wir als Team zusammenwachsen und uns gegenseitig mit den unterschiedlichsten Meinungen respektieren. Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir trotz unterschiedlicher Haltungen aufeinander hören und Themen ausdiskutieren, um konsensfähige Lösungen zu finden. Der respektvolle Umgang ist mir dabei besonders wichtig. Ich gehe davon aus, dass alle zukünftigen Stadträtinnen und Stadträte mit dieser Haltung ihr Amt antreten werden und so zusammenarbeiten wollen.
Rüegger: Der Stadtrat wird sich als Team finden müssen. Vor acht Jahren, als wir drei Neuen (Gresch, Syed und Rüegger) in den Stadtrat kamen, haben wir alle ein gemeinsames Workshop-Wochenende im Zofinger Ferienheim in Adelboden verbracht, das uns zusammengeschweisst hat. Ich glaube, das hat man gut gemerkt. Nur als Team, das gemeinsam Lösungen erarbeitet und geeint nach aussen auftritt, kann der Stadtrat seine Führungsrolle auch wahrnehmen. Ist der Stadtrat zerstritten und uneins, so wird dies in der Bevölkerung sofort als Führungsschwäche erkannt. Ich habe in den letzten zwei Legislaturen durch Sachkompetenz, aber auch durch meine Stärke, in kritischen Situationen zu vermitteln, dazu beigetragen, dass konsensfähige Lösungen gefunden werden konnten. Als Vizeamann möchte ich diese Stärken im Gremium noch mehr einbringen.
Weishaupt: In erster Linie lege ich Wert auf Kollegialität, Gradlinigkeit und Ehrlichkeit. Dazu ein gesundes Mass an Durchsetzungsvermögen. Wichtig ist eine klare Kommunikation gegen aussen, aber auch innerhalb des Stadtratsgremiums und der Verwaltung.
10. Welche/r KandidatIn erachten Sie als Ihre grösste Konkurrenz – und weshalb?
Syed: Die Wahlen werden bestimmt spannend. Ich konzentriere mich auf meinen Wahlkampf und meine Kandidatur und nicht auf meine Konkurrenz. Ich habe im Moment zwei Mitstreiter um einen Sitz als Vizeammann/als Frau Vizeammann. Die Stimmbevölkerung hat eine Auswahl und darf entscheiden, wem sie dieses Amt zutraut. Ich hoffe natürlich, dass sie sich für mich entscheiden wird.
Rüegger: Rahela Syed. Die SP hat seit vielen Jahren das Vizeammannamt innegehabt. Da ich davon ausgehe, dass das Stadtammanamt an die Grüne Christian Guyer oder an den Grünliberalen Dominik Gresch gehen wird und das Amt sicher gegenüber heute in die Mitte oder noch weiter nach links rückt, bedarf es einer liberalen, bürgerlichen Stimme als Vize.
Weishaupt: Konkurrenz würde ich das nicht nennen, es sind Mitbewerber. Dank ihnen haben die Zofinger Wählerinnen und Wähler wirklich eine Auswahl, was ich in einer direkten Demokratie als sehr wichtig erachte.