Wermuths Ständerats-Kandidatur: «Er ist bereit, die Extra-Meile zu gehen»

Es ist 22.26 Uhr am Mittwochabend, als SP-Präsidentin Gabriela Suter das Resultat verkündet: «Stimmen haben erhalten: Yvonne Feri 47, Cédric Wermuth 105 … gewählt ist Cédric …», dann brandet Applaus auf im Bullingerhaus in Aarau, wo die Aargauer Sozialdemokraten ihren Parteitag durchführen.

Es ist 22.54 am Mittwochabend, als das Mail von Cédric Wermuth eintrifft: «Liebe Freundinnen und Freunde, Liebe Bekannte, Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer. Ihr sollt es als erste erfahren: Vor ein paar Minuten hat mich die SP Aargau am ausserordentlichen Parteitag zu ihrem Kandidaten für die Ständeratswahlen im nächsten Jahr nominiert», schreibt der Nationalrat.

Für die SP anzutreten sei eine grosse Ehre für ihn – und eine grosse Verantwortung. «Die Verantwortung, unsere gemeinsamen Ideale würdig zu vertreten und alles zu geben, damit dieser Sitz bei der Linken bleibt.»

Eindrücke vom Parteitag:

«Alles geben»: Der letzte Satz ist Programm bei Cédric Wermuth. Weniger als 30 Minuten nach seiner Nomination wirbt er schon per Mail um Unterstützung für seinen Wahlkampf. «Bist du dabei, unserer Wahlkampagne mit dem Motto ‹für Menschen statt Profite› zum Durchbruch zu verhelfen?», fragt er. Wer auf «Ja, ich kann dich unterstützen!» klickt, landet auf einem Formular, wo man dem Wahlkomitee des 32-Jährigen beitreten kann.

«Alles geben»: Das sei ein Markenzeichen von Wermuth, eine seiner Qualitäten, sagte die noch amtierende Ständerätin Pascale Bruderer zuvor am Parteitag. Das «politische Talent», wie Bruderer den Nationalrat bezeichnete, sei bereit, mehr zu tun, als erwartet werde. «Er hat den Willen, die Extra-Meile zu gehen, wie es auf Englisch heisst», sagte Pascale Bruderer. Das könne man als Ambition, also Ehrgeiz, bezeichnen, aus ihrer Sicht sei es bei Wermuth eine positive Eigenschaft.

Überheblich oder gut vorbereitet?

Kritiker dürften es dem früheren Juso-Präsidenten als Überheblichkeit auslegen, dass er offensichtlich mit dem Sieg bei der Nomination rechnete und keine halbe Stunde nach dem Entscheid des Parteitags schon ein vorbereitetes Mail verschickte. «Ich freue mich sehr auf diesen Wahlkampf, der in den nächsten Monate Form annehmen wird – hoffentlich auch mit deiner Unterstützung!», heisst es darin.

Wer sich für Wermuth als Ständeratskandidat aussprach – also die deutliche Mehrheit der SP-Delegierten – wird dies völlig anders sehen. Für die 105 Genossinnen und Genossen, die den Zofinger ins Rennen ums Stöckli schickten, hat sich Wermuth gut vorbereitet und verstanden, dass ein gesundes Selbstvertrauen und ein engagierter Wahlkampf notwendig sind.

Wermuth ist auch auf jene vorbereitet, die bei seinem Mail auf «Nein, leider nicht» klicken. Dann erscheint eine Seite mit dem Text: «Das ist zwar schade, aber du hast sicher deine Gründe dafür. Falls du möchtest, kannst du sie mir hier mitteilen.» Auch das ist typisch für Cédric Wermuth: Er mag die Auseinandersetzung, liebt die Diskussion, hat Freude an der Debatte, sucht das Gespräch mit Andersdenkenden.

Der 32-jährige Familienvater ist ein starker Rhetoriker, kann seine Positionen überzeugend vertreten und schafft es laut Florian Vock, dem Präsidenten des Aargauischen Gewerkschaftsbundes, auch kritische Wähler anzusprechen. «Ich habe erlebt, dass die Leute mit ihm sprachen und am Ende sagten, sie seien zwar nicht seiner Meinung, würden ihm aber die Stimme geben», erzählte Vock.

Feri musste schon 1999 verzichten

Auf diese Qualitäten von Wermuth setzten die SP-Delegierten offenbar – und entschieden sich gegen Yvonne Feri. Für die 52-jährige Nationalrätin aus Wettingen ist die Nicht-Nomination eine Enttäuschung, zumal sie 1999 schon hinter Pascale Bruderer zurückstehen musste, als es um den Platz auf der Nationalratsliste ging.

Feri reagierte am Mittwoch gefasst und souverän auf die Niederlage am Parteitag. Sie gratulierte Wermuth zur Nomination und rief den Delegierten zu: «Feiert heute Cédric.» Dann gab sie ihm einen rosaroten Kaffeebecher und die Mahnung mit auf den Weg, sich wie versprochen für Frauenanliegen einzusetzen. Sie freue sich auf den Wahlkampf für den Nationalrat, und darauf, die SP-Liste anzuführen. Ein kleiner Hinweis, dass die Niederlage doch schmerzt, schliesslich hatte Feri bei den Nationalratswahlen 2015 rund 800 Stimmen mehr erzielt als Wermuth.