Wo Fasnachtskostüme wahr werden: Zu Besuch an der Schule für Mode und Gestalten

Satin, Samt, Tüll: Alles Materialien, welche die Lernenden der Oltner Schule für Mode und Gestalten (SMG) brauchen, um ihr tägliches Handwerk auszuüben: Als Bekleidungsgestalterin oder -näherin fertigen sie Kleidungsstücke sowohl von Hand als auch maschinell. Hauptsächlich für Privatpersonen – aber nicht nur: Jeweils von Herbst bis Frühwinter eines jeden Jahres werden diese Materialien nicht ausschliesslich dazu verwendet, um Hosen, Jacketts und Jupes zu nähen. Nein, aus ihnen entstehen dann Fasnachtskostüme. Im Nähatelier an der Riggenbachstrasse werden nämlich auch Fasnächtler eingekleidet. Vom Einzelteil bis zur 60-teiligen Serie kommt alles vor. «Heuer nähen wir für die Oltner Fasnacht etwa 150 Gewänder», bestätigt Cornelia Jelitto, Schulleiterin der SMG. Für wen diese Gewänder bestimmt sind, darf sie nicht verraten. Auch bereits fertige Kostüme dürfen nicht fotografiert werden: Die sind geheim. Denn schliesslich soll den Oltner Guggen und den Zünften der Überraschungseffekt vorbehalten sein.

Hohe Identifikation
Für den gemeinen Fasnächtler ist sein Gewand traditionell sehr wichtig: Es repräsentiert sowohl Motto der Gugge, die Gugge selbst als auch die Individualität des Guggenmitglieds. Kein Wunder also, dass da nichts dem Zufall überlassen werden soll und mancheiner professionelle Hilfe sucht. «Wir kleiden oft ganze Guggen ein, teils auch nur einzelne Mitglieder», weiss Cornelia Jelitto. Besonders für jene Zunft, die jeweils den Obernaar stellt, ist ein gelungenes Outfit von grosser Bedeutung. Ob der diesjährige Obernaar Rahel auch auf die Dienste der SMG zurückgreift, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Der erste Obernaar wäre es nicht: Im Jahr 2015, als die Altstadt-Zunft das Fasnachtsoberhaupt stellte, stammten deren blau-weissen venezianischen Kostüme allesamt aus der Produktion der SMG.

«Zur Tradition beitragen»
Nach der Fasnacht ist vor der Fasnacht. Dies weiss auch Cornelia Jelitto: «Manche Guggen oder Zünfte klopfen bereits wenige Wochen nach der Fasnacht wieder an unsere Tür und prä- sentieren uns ihre Wünsche für die nächste Saison.» So beginnen die ersten Besprechungen im Frühling. Manche Vereine kämen bereits mit fix-fertigen Plänen, andere mit groben Ideen. Nach den Sommerferien gehen die Besprechungen, bei welchem die Lernenden in engem Kontakt mit den Auftraggebern stehen und ihrer Kreativität freien Lauf lassen können, weiter und im November bis Februar geht es in die Produktion. Seit vier Jahren bietet die Schule diesen Service an und kennt bereits zahlreiche Stammkunden. «Wir wollen damit zur Erhaltung der Tradition beitragen und Olten und die Region unterstützen», berichtet Jelitto. Ausserdem ist es manchen Guggen oder Zünften gar nicht möglich, ihre Kostüme selbst anzufertigen. Allerdings mache die SMG nicht ausschliesslich Kostüme für die hiesige Fasnacht, meint die Schulleiterin und deutet auf ein rotes Oberteil, dass in einigen Wochen an der Basler Fasnacht zum Einsatz kommen wird.

Alle wirken mit
Der Schwierigkeitsgrad der Arbeiten variiere stark, so Jelitto. So kommt es denn, dass alle Lernenden an den Fasnachtskostümen mitarbeiten können. Unter ihnen ist auch die 17-jährige Dana Sieboth, die sich im ersten Lehrjahr als Bekleidungsgestalterin befindet: «Am Anfang ist das Kleidungsstück natürlich schwieriger zum Herstellen. Mit jedem weiteren Exemplar, dass man anfertigt, wird es aber einfacher.»

Die Lernenden, insgesamt sind es 36, werden in drei Teams à je zwölf Personen eingeteilt. Zu jedem Team gehört zusätzlich eine Atelierleiterin und eine -assistentin. So helfen alle mit und fertigen die teilweise sehr aufwendigen Kostüme an.

Funktionstest bestehen
Dazu gehört auch, die Kreationen auf ihre Funktionalität zu testen. «Kombinationen auszuprobieren macht grossen Spass», erzählt die 17-jährige Raphaela Meyer aus Dulliken. Sie steckt im zweiten Lehrjahr als Bekleidungsgestalterin und hat für die diesjährige Fasnacht an Kostümen mit Federschmuck gearbeitet. So muss zum Beispiel getestet werden, ob die Kopfbedeckung nicht zu leicht der Schwerkraft zu Opfer fällt oder der Wachstuchstoff des Oberteils klebt. Denn eines ist klar: Fasnachtsgewänder müssen nicht nur schön aussehen, sondern auch bequem und wettertauglich sein.